Kriegerin der Nacht
Wir sind Gestaltwandler und es gab da einen Moment, in dem wir irgendwie unsere objektive Sicht der Dinge verloren haben. Wir standen unter starkem Stress. Wir hatten einen Moment ... der körperlichen Anziehung. So etwas kommt vor, wenn man einen solchen Job macht; du kannst es einfach nicht ernst nehmen.«
Er starrte sie. »Hast du dir wirklich eingeredet, das sei geschehen? >Ein Moment der körperlichen Anzie- hung«
In Wahrheit hatte Kelly sich selbst sogar beinahe davon überzeugt, dass überhaupt nichts geschehen war - oder zumindest hatte sie ihren Verstand überzeugt.
»Ich habe es dir schon mal gesagt«, erklärte sie und ihre Stimme war so schroff wie lange nicht mehr. »Liebe ist etwas für Schwache. Ich bin nicht schwach und ich habe nicht die Absicht, mich von irgendetwas schwach machen zu lassen. Und außerdem, was ist dein Problem? Du hast bereits eine Verlobte. Iliana ist mutig und lieb und schön, und sie wird sehr, sehr mächtig sein. Was willst du denn noch mehr?«
»Du hast recht«, erwiderte Galen. »All das ist sie. Und ich respektiere und bewundere sie - ja, ich liebe sie sogar. Wer könnte sie nicht lieben? Aber ich bin nicht in sie verliebt. Ich bin ...«
»Sprich es nicht aus.« Kelly war jetzt wütend, und das war gut. Es machte sie stark. »Welche Art von Prinz würde sein persönliches Glück über das Schicksal seines Volkes stellen? Ja, sogar über Schicksal der ganzen verdammten Welt?«
»Ich nicht!«, wütete er nun seinerseits. Er sprach leise, aber dennoch voller Zorn und er war ein klein wenig beängstigend. Seine Augen brannten in einem tiefen, endlosen Grün. »Ich sage nicht, dass ich die Zeremonie nicht durchziehen werde. Ich sage nur, dass du diejenige bist, die ich liebe. Du bist meine Seelengefährtin, Kelly. Und das weißt du auch.«
Seelengefährtin. Das Wort traf Kelly, prallte in ihr von irgendetwas ab und sank immer tiefer. Als es ganz unten ankam, schmiegte es sich in eine kleine, eigens für dieses Wort gemachte Nische, in die es genau hineinpasste.
Es war das Wort, das beschrieb, was wirklich in der Bibliothek geschehen war. Kein stressbedingter Moment der körperlichen Anziehung und auch kein einfacher romantischer Flirt. Es war das Prinzip der Seelengefährten.
Sie und Galen waren Seelengefährten.
Doch es spielte nicht die geringste Rolle, weil sie niemals zusammen sein konnten.
K APITEL V IERZEHN
Kelly schlug die Hände vors Gesicht. Zuerst wusste sie nicht, was mit ihr geschah. Dann merkte sie, dass sie weinte.
Sie zitterte. Raksha Kelly, die vor niemandem Angst hatte und die niemals zuließ, dass ihr Herz berührt wurde. Sie gab diese lächerlichen kleinen Laute von sich, die klangen wie von einem sechs Wochen alten Kätzchen. Tränen tropften durch ihre Finger.
Das Schlimmste war, dass sie sich nicht einmal dazu zwingen konnte, aufzuhören.
Dann spürte sie Galens Arme um ihre Schultern und sie begriff, dass auch er weinte.
Aber er war darin besser als sie. Er schien viel eher daran gewöhnt zu sein und kämpfte nicht so heftig dagegen an, und das machte ihn stärker. Er war in der Lage, ihr übers Haar zu streichen, und er bekam sogar einige Worte heraus.
»Kelly, es tut mir leid. Kelly ... darf ich dich Raksha nennen?«
Kelly schüttelte wütend den Kopf und Tränentropfen spritzten. »Ich denke ohnehin immer an dich als Kelly. Es ist nur - das bist irgendwie du. Mir tut das alles sehr leid. Ich wollte dich nicht zum Weinen bringen. Es wäre besser, wenn du mich nie kennengelernt hättest...«
Kelly schüttelte erneut den Kopf. Und dann, genau wie beim letzten Mal, spürte sie, dass ihre Arme sich bewegten, um seine Umarmung zu erwidern. Sie drückte das Gesicht in die weiche Geborgenheit seines Sweat- shirts und versuchte, genug Selbstbeherrschung aufzubringen, um zu sprechen.
Genau das ist das Problem, wenn man so harte, hohe und unüberwindbare Mauern um sich herum hat, überlegte sie. Wenn sie fallen, werden sie vollkommen zerstört und nichts bleibt übrig. Im Augenblick fühlte sie sich vollkommen schutzlos.
Schutzlos ... verletzbar... aber nicht allein. Sie spürte mehr als Galens körperliche Gegenwart. Sie spürte seinen Geist und sie wurde zu ihm hingezogen. Sie fielen gemeinsam, fielen in einander hinein, wie schon in der Bibliothek. Näher und näher ...
Kontakt.
Sie spürte die Berührung seines Geistes und wieder explodierte ihr Herz beinahe.
Du bist die Eine. Du bist meine Seelengefährtin , erklang seine
Weitere Kostenlose Bücher