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Kriegsgebiete

Kriegsgebiete

Titel: Kriegsgebiete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Spranger
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jünger gewesen wäre und dabei
verdammt gut aussah, aber Rainer ging bereits auf die fünfzig
zu. Zugegeben: Er hatte sich gut gehalten, aber George Clooney war er
auch nicht gerade. Irgendwas musste er an sich haben, das Frauen
anziehend fanden, aber Daniel wusste nicht genau, was das sein
sollte. Vielleicht die Sicherheit, die er ausstrahlte. Damit hatte
Daniel zuletzt nicht mehr dienen können.
    Daniel
war froh, dass sie von der Psychologin aufgerufen wurden, bevor sie
zu dritt ein Gespräch führen mussten.
    »Ich
warte im Auto, Lea«, sagte Rainer.
    Sogar
seine sonore Stimme strahlte diese verdammte Sicherheit aus.
    Er
lächelte kurz und ging.
    Lea
rief ihm durchs Treppenhaus hinterher:
    »Hey,
Rainer! Ich hab nicht wieder Lust, eine Viertelstunde zu warten, weil
du mit deinen Besorgungen nicht fertig wirst.«
    Wenigstens
nennt sie ihn nicht Papa, dachte Daniel zufrieden.
    Lea
und Daniel folgten Frau Schreiner in ihr Büro. An den Wänden
Kunstdrucke impressionistischer Bilder. Überall Seerosen.
Psychologen schienen einen Hang zum Impressionismus zu haben.
Vielleicht, weil sie von Seerosen beruhigt wurden. Daniel beruhigten
sie nicht. Man konnte sich beim Schwimmen in Seerosen verfangen.
Angeblich zogen sie einen sogar umso mehr in die Tiefe, je mehr man
zappelte, um sich zu befreien. Man zappelte automatisch. Außerdem
fanden sich in Gewässern Leichen. Und von Leichen hatte Daniel
endgültig genug. Er wollte gerne leichenfrei werden.
    Lea
war während des betreuten Treffens erstaunlich kommunikativ.
Erzählte von ihren dämlichen Klassenkameraden, über
ihr Engagement in der Schultheatergruppe und ein paar Sachen, die
Daniel befürchten ließen, dass er womöglich die
Pubertät seiner Tochter verpassen könnte. Sie schien gerade
anzubrechen. Natürlich hatte Daniel im Hinterkopf, Lea unbedingt
davon erzählen zu müssen, dass er eine Leiche gefunden
hatte und dann noch die Sache mit den Fernsehteams und dem
Blumenstock und überhaupt mit den Bildern im Fernsehen. Er
suchte immer den Moment, aber irgendwie war er nie wirklich geeignet.
Als er sich ganz fest vorgenommen hatte, dass es JETZT günstig
war, berichtete Lea ihm, wie sehr sie der Leiter des Unterkurses Dramatisches Gestalten gelobt hatte. Und dann war der Moment
wieder vorbei.
    »Die
Eltern sind zur Premiere eingeladen«, sagte Lea.
    Daniel
nickte eifrig.
    »Ich
komme natürlich.«
    Anschließend
spielten sie mit der Psychologin eine Partie Uno. Lea hatte gute
Karten. Dauernd musste Frau Schreiner vier Karten ziehen. Dadurch
bekam sie aber selbst unglaublich viele Pausieren-Karten auf die
Hand. Die meiste Zeit des Spiels setzte Daniel eine Runde aus. Am
Anfang der betreuten Treffen war Daniel enttäuscht gewesen, dass
Frau Schreiner nicht so attraktiv war wie die Psychologinnen, die in
Fernsehserien in Erscheinung treten. Bei den Sopranos beispielsweise. Inzwischen war es aber okay. Wahrscheinlich hätte
er bei einer hübschen Psychologin versucht, etwas Besonderes zu
machen, das ihn in einem guten Licht erscheinen ließ. So
konzentrierte er sich auf seine Tochter. Er freute sich darüber,
als Lea mit einem begeisterten »Joooh« das Kartenspiel
gewann. Für einen getrennten Vater konnte sogar ein Kartenspiel
wichtig sein. Wahrscheinlich sind in einer Familie immer die kleinen
Dinge ganz besonders, dachte Daniel, aber das checkt man erst, wenn
Fachpersonal notwendig wird.
    Frau
Schreiner brachte ihre beiden Klienten an die Bürotür und
verabschiedete sich mit einem Hinweis auf den nächsten Termin.
Auf der Treppe wurde Daniel klar, dass es spätestens JETZT
passieren musste.
    »Ich
muss dir noch was sagen.«
    »Was
denn?«
    Lea
blieb stehen. Sie war zwei Stufen unter ihm und starrte nach oben.
Ihre Augen waren so groß wie die Augen der japanischen
Schulmädchen in den Animes, die sie sich nachmittags im Internet
anschaute, und deren Hauptfiguren sie nachzeichnete.
    »Es
ist was passiert …«
    »Ja?«
    »Also
das, was passiert ist … Es ist nicht besonders gut.«
    Leas
Augen waren immer noch zeichentrickmäßig.
    »Genau
genommen ist es schlecht. Ich habe eine tote Frau gefunden.«
    Sie
starrte weiter nach oben. Ihre Augen waren unbewegt.
    »Jemand
hat ihr wehgetan.«
    »Du
meinst ermordet ?«
    »Ja.
Ich hab die Polizei angerufen. Da gibt’s eine Hauptkommissarin,
die hat es echt drauf. Die sucht den Täter.«
    »Haben
die schon einen Verdächtigen?«
    Daniel
schluckte. Er begann zu schwitzen. Schon immer hatte er gehasst, dass
er so leicht zu

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