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Kriegsgebiete

Kriegsgebiete

Titel: Kriegsgebiete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Spranger
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großen
Findlings. Er ging in die Hocke und hielt die Luft an. Jetzt konnte
er keine Schritte mehr hören. Langsam stand er auf. Mit der
Brust presste er sich gegen den Granit. Er schaute über den
Stein in die Richtung, aus der er gekommen war. Kein anderer Jogger.
Kein Wanderer. Nichts. Das Nichts war so offensichtlich, dass es ihn
anschrie. Er dachte an sein verschwundenes Messer. Jetzt hätte
er es gerne dabeigehabt. Seit dem Hinterhalt in Afghanistan wusste
er, dass man vielleicht Geräuschen trauen durfte, aber niemals
Ruhe. Wenn es einen anderen gab, hatte er sich verdammt gut
versteckt. Langsam tat es in der Lunge weh, die Luft anzuhalten.
Daniel atmete aus. Und ein. Um ihn herum scheinbar nur Wald. Er
glaubte nicht an das Szenario. Mit den Händen drückte er
sich vom Granit ab und sprang hinter dem Fels hervor.
    »Hey!«,
schrie Daniel. »Hey, komm raus!«
    Natürlich
kam keiner raus. Nur Vollidioten gaben ihre Deckung in so einer
Situation auf. Amateure. Deshalb hatte er bei einem Einsatz nie gerne
Journalisten dabei. Die wollen reden. Verletzte bleiben liegen. Sie
machen sich ganz klein. Man musste schon ein Rad ab haben, um die
Deckung aufzugeben.
    Daniel
rannte auf den Waldweg zurück und brüllte:
    »Komm
raus, ich kann dich sehen.«
    Jetzt
gab er eine sehr gute Zielscheibe ab. Er präsentierte sich auf
dem Silbertablett. Alles was wir tun, ist nur ein Warten DARAUF,
dachte Daniel.
    Er
rannte zwanzig Meter nach vorne. Dabei schaute er nach links und
rechts. Nur Bäume. Kaum Unterholz. Noch zehn Meter weiter.
Daniel hatte keine Ahnung, wie ein Sieg aussehen konnte. Er blieb
stehen. Das Bösartige an Guerillataktiken war, dass es keinen
Feind gab, den man bekämpfen konnte. Daniel hätte gerne
gekämpft, aber heute war kein Tag dafür. Er brauchte einen
Moment, bis er sich damit abgefunden hatte. Kräftig ausatmen.
Und einatmen. Es ist immer gut, sich der eigenen Atmung zu
versichern. Dann loslaufen. Daniel lief in die Richtung zurück,
aus der er gekommen war. Keine durchdachte Taktik, etwas dünn,
aber immerhin eine klare Vorgehensweise. Entweder würde sich der
Feind ihm entgegenstellen oder er würde flüchten. Oder er
würde ihn einfach von hinten abmurksen. Das war das
Wahrscheinlichste. Er hatte Angst. Angst akzeptieren. Sie war kein
Handicap. Ohne Angst konnte man nicht überleben. Nach ein paar
Minuten konzentrierte er sich wieder mehr aufs Laufen als auf die
Lichtverhältnisse im Wald. Die Schatten. Zurück auf den
Wiesen fühlte er sich sicher. Dort konnte man problemlos mehrere
Hundert Meter weit sehen. Das Gras war frisch gemäht. Niemand
konnte sich verstecken. Deine Nerven sind nicht mal so gut, gestand
sich Daniel ein. Sie sind so, dass du sie dauernd bemerkst.
    Zu
Hause riss sich Daniel den Kampfdress vom Leib. Das Sportunterhemd
klebte so fest am Körper, dass er es nur mit Mühe über
den Kopf ziehen konnte. Angstschweiß machte alles dicht, wusste
Daniel. Er roch sogar anders. Unter der Dusche drehte er erst das
Wasser sehr heiß auf. Dann kalt. Mit dem Handtuch rieb er seine
Haut ab, bis sie rot wurde. Danach machte er telefonisch einen Termin
mit Doktor Hamann für den nächsten Abend nach dem Ende der
regulären Sprechstunde aus. Du kannst den Termin dringend
brauchen, dachte Daniel. Langsam wirst du paranoid. Wahrscheinlich
bist du es schon. Es beruhigte ihn, sich zu duzen.
    Als
Daniel aus der Haustür ging, hielt ein Auto vor der Haustür.
Warum sah man eigentlich auch zivilen Polizeifahrzeugen sofort an, zu
welchem Verein sie gehörten? Hauptkommissarin Feller stieg auf
der Beifahrerseite aus. Sie ließ immer Weber fahren. Ob das
sein Selbstwertgefühl als Mann stärken sollte? Vielleicht
hatte es auch genau den gegenteiligen Effekt. Daniel machte es keine
Probleme, von Frauen Befehle entgegenzunehmen. In Afghanistan hatte
er eine Zeit lang Aufpasser für eine Bundeswehr-Ärztin im
Hauptmanns-Rang gespielt. Daniel hatte schnell erkannt, dass die
Hauptfrau nicht nur medizinisch besser qualifiziert war als die
meisten ihrer männlichen Offizierskameraden. Weber war bezüglich
der Gender-Debatte vielleicht anders gestrickt. Er machte ein
bisschen zu sehr auf »cooler Cop«. Einer, der an
Sonnentagen sofort die Sonnenbrille aufsetzt, wenn er aus dem Auto
steigt, obwohl man sie eigentlich zuvor beim Fahren nötiger
gebraucht hätte. Und dünnlippig lächelt.
Hauptkommissarin Feller lächelte nicht.
    »Hallo.
Haben Sie etwas Zeit für uns?«
    »Wenn
ich NEIN sagen würde, wäre dann

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