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Kriegsklingen (First Law - Band 1)

Kriegsklingen (First Law - Band 1)

Titel: Kriegsklingen (First Law - Band 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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er die großen gelben Scheiben unten an einem Baumstamm wachsen sehen. Davon hatte er sich ein großes Stück abgebrochen, aber erst heute war es soweit getrocknet, dass man es rauchen konnte. Jetzt nahm er einen brennenden Zweig aus dem Feuer, hielt ihn an den Pfeifenkopf und paffte mit aller Kraft, bis der Baumpilz zu glühen begann und seinen vertrauten süßen Erdgeruch verströmte.
    Logen hustete, blies braunen Rauch aus und starrte in die zuckenden Flammen. Seine Erinnerung führte ihn zurück in andere Zeiten und an andere Lagerfeuer. Der Hundsmann war da und grinste, und das Licht schimmerte auf seinen spitzen Zähnen. Tul Duru saß ihm gegenüber, groß wie ein Berg, mit donnerndem Lachen. Auch Forley der Schwächste war unter ihnen, wie immer ein wenig ängstlich; seine nervösen Augen glitten hin und her. Rudd Dreibaum saß da, und Harding Grimm, der gar nichts sagte. Er sagte nie etwas. Deswegen nannten sie ihn ja Grimm.
    Sie alle waren da. Dabei waren sie es natürlich nicht. Sie waren alle tot, wieder zu Schlamm geworden. Logen klopfte die Pfeife aus und packte sie weg. Sie schmeckte ihm nicht mehr. Sein Vater hatte Recht gehabt. Man sollte nie allein rauchen.
    Er drehte den Verschluss der zerbeulten Feldflasche auf, nahm einen Schluck und blies ihn in einem feinen Tropfenregen wieder aus. Ein Flammenstoß züngelte in die kalte Luft. Logen wischte sich den Mund ab und genoss den heißen, bitteren Geschmack. Dann lehnte er sich gegen den knotigen Stamm einer Kiefer und wartete.
    Es dauerte eine Weile, bis sie kamen. Sie waren zu dritt. Ohne ein Geräusch lösten sie sich aus den tanzenden Schatten zwischen den Bäumen, dann bewegten sie sich langsam auf das Feuer zu und nahmen Gestalt an, als sie sich ins Licht begaben.
    »Neunfinger«, sprach der erste.
    »Neunfinger«, der zweite.
    »Neunfinger«, der dritte. Ihre Stimmen waren wie die abertausend Geräusche des Waldes.
    »Ihr seid an meinem Feuer willkommen«, sagte Logen. Die Geister scharten sich um die Flammen und starrten ihn ausdruckslos an. »Nur drei heute Abend?«
    Der zur Rechten sprach als Erster. »Jedes Jahr wachen weniger von uns aus dem Winter wieder auf. Wir sind alle, die noch übrig sind. Noch ein paar Winter mehr werden vergehen, dann werden auch wir schlafen. Dann wird niemand von uns mehr deinen Ruf hören.«
    Logen nickte traurig. »Gibt es etwas Neues aus der Welt?«
    »Wir hörten, dass ein Mann von einer Klippe stürzte, doch lebend ans Ufer gespült wurde, und dann, in eine faulige Decke gewickelt, zu Beginn des Frühlings die Hohen Höhen erklomm, aber wir geben nicht viel auf solche Gerüchte.«
    »Das ist sehr weise.«
    »Bethod hat einen Krieg begonnen«, sagte der Geist in der Mitte.
    Logen verzog das Gesicht. »Bethod fängt ständig Kriege an. Das ist seine Spezialität.«
    »Ja. Er hat jetzt so viele Fehden gewonnen, mit deiner Hilfe, dass er sich selbst einen goldenen Hut geschenkt hat.«
    »Scheiß auf diesen Drecksack«, sagte Logen und spuckte ins Feuer. »Was gibt es sonst noch?«
    »Nördlich der Berge rennen die Schanka herum und legen Brände.«
    »Sie lieben das Feuer«, sagte der Geist in der Mitte.
    »Das tun sie«, sagte der zur Linken, »mehr noch als dein eigenes Volk, Neunfinger. Sie lieben und sie fürchten es.« Der Geist beugte sich nach vorn. »Wir hörten, in den Mooren weiter südlich sei ein Mann unterwegs, der dich sucht.«
    »Ein mächtiger Mann«, sagte der in der Mitte.
    »Ein Magus aus der Alten Zeit«, kam es wieder vom Linken.
    Logen runzelte die Stirn. Von diesen Magi hatte er schon gehört. Er hatte auch einmal einen Hexenmeister getroffen, aber der war leicht zu töten gewesen. Keine besonders übernatürlichen Kräfte, jedenfalls hatte Logen nichts davon gemerkt. Aber ein Magus, nun, das war etwas anderes.
    »Wir haben gehört, die Magi seien weise und stark«, sagte der Geist in der Mitte, »und dass ein solcher einen Mann weit bringen und ihm vielerlei Dinge zeigen könne. Aber sie sind auch listig und verfolgen ihre eigenen Ziele.«
    »Was will er denn?«
    »Frag ihn selbst.« Die Geister interessierten sich nicht besonders für die Angelegenheiten der Menschen, und daher konnten sie selten mit Einzelheiten aufwarten. Aber trotzdem war das besser als das übliche Geschwätz über Bäume.
    »Was wirst du tun, Neunfinger?«
    Logen überlegte einen Augenblick. »Ich werde nach Süden gehen und diesen Magus finden, und ich werde ihn fragen, was er von mir will.«
    Die Geister nickten.

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