Kriegsklingen (First Law - Band 1)
Nase herumführen, Brint.«
»Tun Sie’s nicht, Leutnant«, warnte West, aber Jezal wusste, Brint würde es tun. Er musste es so aussehen lassen, als ob er sich den Verlust leisten konnte. Und tatsächlich: Brint zögerte nicht, er schob all die Münzen vor ihm mit nachlässiger Geste in die Mitte. Geld, von dem sie alle wussten, dass er nicht darauf verzichten konnte.
»Das sind auch ungefähr hundert.« Brint gab sein Möglichstes, vor den älteren Offizieren gelassen zu klingen, aber dennoch schwang in seiner Stimme ein charmanter Hauch von Hysterie mit.
»Das sollte reichen«, sagte Jezal, »wir sind hier ja unter Freunden. Was haben Sie, Leutnant?«
»Ich habe Erde.« Es lag ein fiebriger Glanz in Brints Augen, als er den anderen seine Karten zeigte.
Jezal genoss die angespannte Atmosphäre. Er zog ein Gesicht, zuckte die Achseln, hob die Augenbrauen. Dann kratzte er sich nachdenklich am Kopf, und dabei beobachtete er, wie sich Brints Gesichtsausdruck veränderte, je nachdem, welchen er selbst aufsetzte. Hoffnung, Verzweiflung, Hoffnung, Verzweiflung. Endlich legte Jezal seine Karten auf den Tisch. »Ach, ist es denn zu glauben. Ich habe schon wieder Sonnen.«
Brints Gesicht bot ein köstliches Schauspiel. West seufzte und schüttelte den Kopf. Jalenhorm blickte grimmig drein. »Ich war sicher, er täuscht«, sagte er.
»Wie macht er das?«, wollte Kaspa wissen, der die verirrte Münze wieder auf den Tisch warf.
Jezal zuckte die Schultern. »Es kommt nur auf die Spieler an, überhaupt nicht auf die Karten.« Er sammelte den Haufen Münzen ein, während Brint ihm mit zusammengebissenen Zähnen und bleichem Gesicht zusah. Sie rutschten mit angenehmem Klingeln in seinen Beutel. Jedenfalls war es für Jezal ein höchst angenehmes Geräusch. Ein Geldstück rollte vom Tisch und blieb neben Brints Stiefel liegen. »Könnten Sie mir diese eine wohl aufheben, Leutnant?«, fragte Jezal mit süßlichem Lächeln.
Brint stand hastig auf, stieß gegen den Tisch, ließ das Geld und die Gläser wackeln und rasseln. »Ich habe noch was zu tun«, erklärte er mit belegter Stimme und drängte sich dann grob an Jezal vorbei, schubste ihn gegen den Baum und marschierte auf das nächstliegende Gebäude zu. Mit hängendem Kopf verschwand er im Offiziersquartier.
»Haben Sie das gesehen?« Jezal wurde mit jedem Augenblick, der verstrich, ungehaltener. »Mich einfach so anzurempeln, das ist doch verdammt unhöflich! Wo ich noch dazu sein Vorgesetzter bin! Ich hätte gute Lust, ihn deswegen zu melden!« Das ungeliebte Stichwort ›melden‹ löste jedoch deutlich geäußerte Missbilligung aus. »Na schön, dann ist er eben nur ein schlechter Verlierer!«
Jalenhorm sah mit gefurchter Stirn streng zu ihm hinüber. »Sie sollten ihn nicht so hart rannehmen. Er ist nicht reich. Er kann es sich nicht leisten zu verlieren.«
»Nun, wenn er sich das nicht leisten kann, sollte er eben nicht spielen!«, fauchte Jezal verärgert. »Wer hat ihm denn gesagt, ich würde Sie täuschen? Da sollten Sie besser auch Ihre große Klappe halten!«
»Er ist hier neu«, sagte West, »er möchte einfach dazugehören. Waren Sie nicht auch mal neu?«
»Für wen halten Sie sich, für meinen Vater?« Jezal konnte sich nur allzu schmerzhaft daran erinnern, wie es war, der Neue zu sein, und diese Erinnerung beschämte ihn ein wenig.
Kaspa machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ich leihe ihm ein bisschen was, keine Sorge.«
»Das wird er nicht annehmen«, sagte Jalenhorm.
»Nun, das ist seine Sache.« Kaspa schloss die Augen und wandte sein Gesicht der Sonne zu. »Ist das heiß. Der Winter ist wirklich vorbei. Muss wohl schon nach Mittag sein.«
»Scheiße!« Jezal packte hastig seine Sachen zusammen. Der Gärtner hörte mit dem Rasenschneiden auf und sah zu ihnen herüber. »Wieso haben Sie nichts gesagt, West?«
»Wer bin ich denn, Ihr Vater?«, fragte der Major zurück. Kaspa kicherte.
»Schon wieder zu spät«, kommentierte Jalenhorm und blies die Backen auf. »Da wird der Lord Marschall aber gar nicht zufrieden sein!«
Jezal schnappte sich seine Fechteisen und rannte zur entgegengesetzten Seite der Grünfläche. Major West folgte ihm. »Kommen Sie schon!«, brüllte Jezal.
»Ich bin direkt hinter Ihnen, Herr Hauptmann«, rief West. »Direkt hinter Ihnen.«
»Vorwärts, Jezal, stoßen, zustoßen!«, bellte Lord Marschall Varuz und schlug ihm mit dem Stock auf den Arm.
»Au!«, schrie Jezal auf und hob die Metallstange wieder
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