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Kriegsklingen (First Law - Band 1)

Kriegsklingen (First Law - Band 1)

Titel: Kriegsklingen (First Law - Band 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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der kurzen Klinge abzuwehren. Wieder durchpulste ihn die Kraft. Er sprang hoch, schob Gorst mit seiner unbewaffneten Hand weg, parierte einen weiteren Schlag und dann noch einen, und sein verbliebener Degen kämpfte für zwei und hatte zwischendurch noch Zeit zum Ausruhen. Im Zuschauerrund herrschte atemlose Stille, nur das Aufeinanderprallen der Eisen war zu hören. Rechts, links, rechts, links zuckte die kurze Klinge, so schnell, dass man ihr mit den Augen gar nicht mehr folgen konnte, so schnell, dass sein Verstand mit dem Denken nicht mehr nachkam, dass sie ihn beinahe hinter sich herzuziehen schien.
    Mit einem Knirschen traf Metall auf Metall, als Jezals Eisen Gorst die lange, gekerbte Klinge aus der Hand riss, und dann knirschte es noch einmal, als es zur anderen Seite schoss und dasselbe mit der kurzen tat. Einen Augenblick lang war alles still. Der massige Mann stand entwaffnet da, die Fersen schon ganz am Rand des Fechtrings, und sah zu Jezal auf. Die Menge war still.
    Dann hob Jezal langsam seine kurze Klinge, die plötzlich eine Tonne zu wiegen schien, und stupste Gorst damit zart in die Rippen.
    »Hah«, sagte der massige Mann ruhig und hob die Augenbrauen.
    Und nun brachen die Zuschauer in überwältigenden, ohrenbetäubenden Beifall aus. Der Lärm hörte und hörte nicht auf, er wurde lauter und lauter, brandete in Wellen über Jezal hin. Jetzt, da alles vorbei war, fühlte er sich unbeschreiblich leer und ausgelaugt. Er schloss die Augen, schwankte hin und her, sein Degen glitt aus den gefühllosen Fingern, und er sank auf die Knie. Er war mehr als erschöpft. Es war, als ob er die Energie einer ganzen Woche in diesen wenigen Augenblicken verbraucht hätte. Selbst das Niederknien erforderte eine Anstrengung, von der er sich nicht sicher war, ob er sie lange aushalten konnte, und wenn er nun stürzte, wusste er nicht, ob er je wieder würde aufstehen können.
    Aber dann spürte er, wie ihn starke Hände unter den Armen packten und ihn vom Boden hochzogen. Der Lärm des Publikums schwoll noch weiter an, als man ihn in die Luft hob. Er öffnete die Augen – verschwommene, undeutliche Farben glitten an ihm vorbei, als man ihn von einer Seite zur anderen drehte. Sein Kopf dröhnte von dem Lärm. Er saß auf den Schultern eines Mannes. Ein rasierter Kopf. Gorst. Der große Mann hatte ihn aufgehoben, wie ein Vater ein Kind auf die Arme nehmen mochte, präsentierte ihn der Menge, lächelte ihn mit einem breiten, hässlichen Grinsen an. Jezal lächelte trotz allem zurück. Alles in allem war es ein seltsamer Augenblick.
    »Luthar ist der Sieger!«, rief der Kampfrichter überflüssigerweise und kaum hörbar. »Luthar ist der Sieger!«
    Der Beifall war schon längst in ausdauernde »Luthar! Luthar! Luthar«-Rufe übergegangen. Sie ließen das Zuschauerrund erbeben. Sie ließen Jezals Kopf schwirren. Es war, als sei man betrunken. Siegestrunken. Von sich selbst betrunken.
    Gorst setzte ihn wieder im Fechtring ab, als der Applaus der Menge nachzulassen begann. »Sie haben mich geschlagen«, sagte er breit lächelnd. Seine Stimme klang überraschend hell und sanft, beinahe wie die einer Frau. »Anständig und gerecht. Ich möchte gern der Erste sein, der Ihnen gratuliert.« Damit senkte er den großen Kopf, lächelte wieder und rieb den Schnitt unter seinem Auge ohne einen Hauch von Bitterkeit. »Sie haben es verdient«, fügte er hinzu und streckte die Hand aus.
    »Danke.« Jezal lächelte ihn etwas verkniffen an und drückte die große Pranke seines Gegners so kurz wie möglich, dann wandte er sich seiner Kabine zu. Aber sicher hatte er das verdient, und er wollte verdammt sein, wenn er zuließ, dass dieser Bastard sich auch nur eine Sekunde länger im Abglanz seines Ruhmes sonnte.
    »Gut gemacht, mein Junge, gut gemacht!«, sprudelte Marschall Varuz hervor und klopfte ihm auf die Schulter, als er auf wackligen Beinen zu seinem Stuhl zurückstolperte. »Ich wusste, dass Sie es schaffen könnten!«
    West grinste ihn an, als er ihm das Handtuch reichte. »Davon wird man noch jahrelang erzählen!«
    Nun drängten weitere Gratulanten heran, boten ihre Glückwünsche, lehnten sich über die Absperrung. Ein Strudel lachender Gesichter, darunter auch das von Jezals Vater, der vor Stolz glühte. »Ich wusste, dass du es schaffst, Jezal! Ich habe nie daran gezweifelt! Kein bisschen! Du hast unserer Familie so viel Ehre gemacht!« Jezal fiel auf, dass sein älterer Bruder gar nicht so glücklich zu sein schien. Er trug

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