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Kriegsklingen (First Law - Band 1)

Kriegsklingen (First Law - Band 1)

Titel: Kriegsklingen (First Law - Band 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Darüber, was ich will, und darüber, was Sie wollen.« Sein Lächeln verschwand. »Aber nicht heute.«
    Und er trat durch die offene Tür und ließ Glokta in den Schatten zurück.

DER SOHN SEINES VATERS
    »Wieso ich?«, murmelte West durch die zusammengebissenen Zähne vor sich hin, während er über die Brücke zum Südtor blickte. Der Blödsinn unten am Hafen hatte ihn mehr Zeit gekostet als erwartet, sehr viel mehr, aber war das heutzutage nicht beinahe mit allem so? Manchmal hatte er das Gefühl, als sei er der Einzige in der Union, der sich ernsthaft auf einen Krieg vorbereitete und das ganze Unterfangen allein organisieren musste, bis hin zu den Nägeln, die gebraucht wurden, um die Eisen an die Pferdehufe zu schlagen. Er kam schon wieder zu spät zu seinem täglichen Treffen mit Marschall Burr, und er wusste, dass es an diesem Tag wieder Hundert unmögliche Dinge für ihn zu erledigen gab. Das war immer so. Eine völlig sinnlose Auseinandersetzung am Tor des Agrionts war nun das Letzte, was er brauchte.
    »Wieso passiert so etwas immer mir?« Sein Kopf begann wieder zu schmerzen. Das nur allzu bekannte Pochen hinter den Augen. Jeden Tag schien es früher einzusetzen und heftiger zu werden.
    Wegen der Hitze der letzten Tage hatte man es den Wachen gestattet, ohne volle Rüstung zum Dienst zu erscheinen. West nahm an, dass zumindest zwei der Männer das inzwischen bereuten. Einer war in der Nähe des Tores auf dem Boden zusammengebrochen, die Hand zwischen die Beine geklemmt, und wimmerte laut. Sein Vorgesetzter stand vornüber gebeugt neben ihm; Blut lief aus seiner Nase und hinterließ dunkle rote Tropfen auf den Steinen der Brücke. Die zwei anderen Soldaten des Kommandos hatten ihre Speere gesenkt, die Klingen auf einen dürren, dunkelhäutigen Jüngling gerichtet. Ein weiterer Südländer stand nicht weit entfernt, ein alter Mann mit langem grauem Haar, der sich gegen das Geländer lehnte und die Szene mit einem Ausdruck äußerster Resignation beobachtete.
    Der Jüngling sah kurz über seine Schulter, und West spürte einen Stich der Überraschung. Eine Frau: Das schwarze Haar, kurz abgeschnitten, stand in unordentlichen, fettigen Stacheln wild vom Kopf ab. Ein Ärmel war an der Schulter abgerissen, ein langer, sehniger Arm ragte aus diesem Loch und endete in einer Faust, die sich fest um ein gebogenes Messer krallte. Die Klinge glänzte spiegelhell und bösartig scharf, ungefähr das Einzige an ihr, das sauber aussah. Eine dünne, graue Narbe lief auf der rechten Seite über ihr ganzes Gesicht, durch ihre schwarze Augenbraue und über ihre unwillig verzogenen Lippen. Es waren jedoch vor allem ihre Augen, die West völlig unvorbereitet trafen: leicht schräg und schmal, voll tiefster Feindseligkeit und Misstrauen zusammengekniffen, und gelb. Er hatte in seinem Leben schon einige Kanteser gesehen, während des Krieges in Gurkhul, aber solche Augen hatte er noch nie zuvor erblickt. Tief, intensiv, goldgelb, wie …
    Pisse. Das war der Geruch, den er wahrnahm, als er sich näherte. Pisse, und Schmutz, und jede Menge alter, saurer Schweiß. Er erinnerte sich aus seinen Kriegstagen daran, an den Gestank von Männern, die sich sehr lange nicht gewaschen hatten. West kämpfte gegen den Drang, die Nase zu rümpfen und durch den Mund zu atmen, und gegen das Verlangen, einen weiten Kreis um die Frau zu schlagen und außerhalb der Reichweite ihrer schimmernden Klinge zu bleiben. Man darf keine Angst zeigen, wenn man eine gefährliche Lage entschärfen will, ganz egal, wie viel man auch verspürt. Er hatte bisher die Erfahrung gemacht: Wenn man so tat, als habe man alles im Griff, dann hatte man das zur Hälfte wirklich schon geschafft.
    »Was, zum Teufel, ist hier los?«, donnerte er den blutverschmierten Korporal an. Es war nicht nötig, den Zornigen zu spielen – es wurde immer später, und sein Ärger wuchs von einem Augenblick zum nächsten.
    »Diese stinkenden Bettler wollten den Agriont betreten, Herr! Ich habe natürlich versucht, sie abzuweisen, aber sie haben Papiere!«
    »Papiere?«
    Der seltsame alte Mann tippte West auf die Schulter, reichte ihm ein gefaltetes Dokument, das an den Kanten etwas beschmutzt und zerknittert aussah. Er las es, und sein Gesicht verfinsterte sich währenddessen immer mehr. »Dies ist ein Passierschein, der von Lord Hoff selbst unterzeichnet wurde. Wir müssen ihnen Einlass gewähren.«
    »Aber doch nicht bewaffnet, Herr! Ich habe gesagt, dass sie hier nicht bewaffnet

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