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Kriegsklingen (First Law - Band 1)

Kriegsklingen (First Law - Band 1)

Titel: Kriegsklingen (First Law - Band 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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versuchte den Geruch der Frau zu ignorieren. Die Zeit verging.
    »Bei Gottes Zahn, Ferro!«, fauchte der alte Mann plötzlich. »Ich bin alt! Hab Mitleid mit mir! Ich habe vielleicht nur noch ein paar Jahre! Gib dem Mann das Messer, bevor ich sterbe!«
    »Ssssss«, zischte sie und zog die Oberlippe hoch. Einen schwindlig machenden, lang gezogenen Augenblick fuhr das Messer hoch, dann fiel der Griff in Wests Hand. Er gönnte es sich, kurz erleichtert zu schlucken. Bis zuletzt war er sich beinahe sicher gewesen, sie würde ihm das scharfe Ende zu spüren geben.
    »Danke«, sagte er wesentlich ruhiger, als er sich fühlte. Er reichte das Messer an den Korporal weiter. »Verwahren Sie die Waffen und eskortieren Sie unsere Gäste in den Agriont, und wenn jemandem etwas zustößt, im Besonderen ihr, werde ich Sie dafür zur Verantwortung ziehen, verstanden?« Er funkelte den Korporal einen Augenblick lang an, dann trat er durch das Tor in den Tunnel, bevor etwas anderes schief gehen konnte, und ließ den alten Mann und die stinkende Frau hinter sich zurück. Sein Kopf dröhnte noch mehr als zuvor. Verdammt, er kam zu spät.
    »Wieso, zum Teufel, immer ich?«, brummte er vor sich hin.
     
    »Ich bedauere, aber die Waffenschmieden sind für heute geschlossen«, erklärte Major Vallimir hämisch und sah auf West herunter, als sei der ein Bettler, der ihn um Kleingeld anging. »Unsere Quoten sind erfüllt, weit vor dem geplanten Datum, und wir werden die Feuer diese Woche nicht mehr anschüren. Vielleicht, wenn Sie pünktlich gekommen wären …« Das Pochen in Wests Kopf wurde schlimmer denn je. Er zwang sich, langsam zu atmen und seine Stimme ruhig und gelassen klingen zu lassen. Es war nichts zu gewinnen, wenn er jetzt die Beherrschung verlor. Damit war nie etwas zu gewinnen.
    »Ich verstehe, Herr Major«, sagte West geduldig, »aber wir sind im Krieg. Viele der frisch rekrutierten Soldaten sind kaum bewaffnet zu uns gekommen, und Lord Marschall Burr lässt darum bitten, dass Sie die Schmieden wieder in Betrieb nehmen, um Ausrüstung für sie bereitzustellen.«
    Das stimmte zwar nicht ganz, aber seit er zum Stab des Marschalls gehörte, hatte West es mehr oder weniger aufgegeben, den Leuten die ganze Wahrheit zu erzählen. So bekam man einfach nichts geregelt. Er befleißigte sich jetzt einer Mischung aus Gebettel, Gebrüll, dreisten Lügen, katzbuckelnder Anbiederei und versteckten Drohungen, und inzwischen konnte er recht gut einschätzen, welche Taktik bei welchem Mann die besten Ergebnisse zeitigte.
    Leider hatte er bei Major Vallimir, dem Vorsteher der königlichen Waffenkammern, noch nicht den richtigen Ton getroffen. Auf irgendeine Weise machte die Tatsache, dass sie beide denselben Rang bekleideten, die Sache sogar noch schwieriger: Er würde wohl kaum damit durchkommen, den Mann richtiggehend einzuschüchtern, aber konnte sich auch nicht dazu überwinden, vor ihm zu Kreuze zu kriechen.
    Dazu kam noch, dass sie hinsichtlich ihres gesellschaftlichen Status alles andere als gleichberechtigt waren. Vallimir war alter Adel, entstammte einer mächtigen Familie und war über alle Maßen arrogant. Neben ihm erschien Jezal dan Luthar geradezu bescheiden und selbstlos, und Vallimirs völliger Mangel an Felderfahrung machte die Sache nur noch schlimmer: Er benahm sich doppelt hochfahrend, um über diese Tatsache hinwegzutäuschen. Befehle von West, mochten sie auch von Marschall Burr selbst stammen, waren ihm so willkommen, als überbringe sie ein stinkender Schweinehirt.
    Das war heute nicht anders. »Die Quoten dieses Monats sind erfüllt,
Major West.
« Vallimir gelang es, den Namen besonders geringschätzig auszusprechen. »Die Schmieden sind geschlossen. Das ist alles.«
    »Und Sie möchten, dass ich das dem Lord Marschall mitteile?«
    »Die Bewaffnung der Soldaten fällt unter die Verantwortung jener Lords, die sie rekrutieren«, deklamierte Vallimir mit fester Stimme. »Man kann
mir
keinen Vorwurf machen, wenn
sie
ihre Pflichten nicht erfüllen. Das ist ganz einfach nicht unser Problem, Herr
Major West
, und
das
dürfen Sie dem Lord Marschall gern ausrichten.«
    Genau so liefen die Dinge jedes Mal ab. Hin und her: von Burrs Offiziersstube zu den verschiedenen Abteilungen, zu den Kommandanten der Kompanien, Bataillonen, Regimentern, zu den Geschäften allerorten im Agriont und in der Stadt, zu den Waffenschmieden, den Kasernen, den Stallungen, den Häfen, von denen aus die Soldaten samt ihrer Ausrüstung in nur wenigen

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