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Kriegsklingen (First Law - Band 1)

Kriegsklingen (First Law - Band 1)

Titel: Kriegsklingen (First Law - Band 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Tagen auslaufen würden, und wieder dorthin zurück, wo er angefangen hatte, nach vielen zurückgelegten Meilen, ohne dass er irgendetwas erreicht hatte. Jeden Abend fiel er wie ein Stein ins Bett, nur um ein paar Stunden später wieder hochzuschrecken und von vorn zu beginnen.
    Als Kommandant eines Bataillons war es sein Handwerk gewesen, den Feind mit Stahl und Eisen zu bekämpfen. Als Stabsoffizier war es nun seine Aufgabe, die eigene Seite mit Papier zu befehden und mehr Sekretär denn Soldat zu sein. Er fühlte sich wie ein Mann, der versucht, einen Felsblock einen Berg empor zu stemmen. Man strengte sich an und mühte sich ab, kam keinen Schritt voran, konnte aber auch nicht aufhören, weil sonst der Fels ins Rollen kommen und einen unter sich begraben würde. Und während der ganzen Zeit lungerten arrogante Arschlöcher, die sich in genau derselben Gefahr befanden, auf diesem Abhang neben ihm herum und erklärten lapidar: »Na, ist doch nicht mein Fels.«
    Er verstand inzwischen, wieso es während des Kriegs in Gurkhul manchmal nicht genug Nahrung für die Männer gegeben hatte, oder nicht genügend Kleidung, oder Wagen, um den Nachschub zu transportieren, oder Pferde, um die Wagen zu ziehen, oder alle möglichen anderen Dinge, die unbedingt nötig und eigentlich leicht zu beschaffen waren.
    West wollte sich auf keinen Fall nachsagen lassen, dass etwas Ähnliches geschah, nur weil er etwas übersehen hatte. Und er wollte sich noch weniger nachsagen lassen, dass Männer starben, weil sie keine Waffen zum Kämpfen erhalten hatten. Wieder versuchte er, sich zu beruhigen, aber sein Kopf schmerzte immer stärker, und der mühevolle Versuch der Selbstbeherrschung ließ seine Stimme brüchig klingen. »Und was, wenn wir irgendwann in einem Sumpf in Angland stecken, mit einem Grüppchen ungenügend bekleideter, unbewaffneter Bauern, um die wir uns kümmern müssen, was ist dann, Major Vallimir? Wessen Problem ist es dann? Ihres sicher nicht, würde ich sagen. Sie sitzen dann immer noch hier und leisten Ihrer kalten Schmiede Gesellschaft!«
    Kaum dass er das gesagt hatte, wusste West, dass er zu weit gegangen war: Sein Gegenüber ging geradezu in die Luft. »Wie können Sie es wagen, Herr Major! Wollen Sie hiermit meine persönliche Ehre anfechten? Meine Familie stellt seit neun Generationen Männer für die Königstreuen!«
    West rieb sich die Augen und wusste nicht recht, ob er lachen oder weinen sollte. »Ich zweifle nicht im Geringsten an Ihrem Mut, ich versichere Ihnen, das war nicht meine Absicht.« Er versuchte, sich in Vallimirs Lage zu versetzen. Dabei wusste er nicht genau, unter welchem Druck der Mann stehen mochte: Wahrscheinlich wollte er lieber Soldaten kommandieren als der Schmiede vorzustehen … es nützte nichts. Der Mann war ein Scheißkerl, und West hasste ihn. »Hier geht es nicht um Ihre Ehre, Herr Major, oder um die Ihrer Familie. Hier geht es darum, dass wir zum Krieg gerüstet sein müssen!«
    Vallimirs Augen waren tödlich kalt geworden. »Was glauben Sie, mit wem Sie sprechen, Sie dreckiger Bürgerlicher? Ihren Einfluss verdanken Sie nur Marschall Burr, und der ist ein Provinzesel, der allein durch viel Glück auf seine Position gekommen ist!« West blinzelte. Er ahnte natürlich, was hinter seinem Rücken über ihn getuschelt wurde, aber es war etwas anderes, es so direkt ins Gesicht gesagt zu bekommen. »Und wenn Burr mal nicht mehr da ist, was wird dann aus Ihnen? Na? Wo werden Sie dann sein, wenn Sie sich nicht mehr hinter ihm verstecken können? Sie sind nicht von edlem Blut, Sie haben keine Familie!« Vallimirs Lippen verzogen sich zu einem kalten, gehässigen Grinsen. »Abgesehen von Ihrer Schwester natürlich, und nach dem, was ich gehört habe …«
    Beinahe gegen seinen Willen schnellte West nach vorn. »Was?«, fauchte er. »Was war das?« Sein Gesichtsausdruck musste wahrlich Furcht erregend sein – er beobachtete, wie Vallimir die Farbe aus dem Gesicht wich.
    »Ich … ich …«
    »Glauben Sie, ich brauchte Burr, um meine Schlachten zu schlagen, Sie beschissener, rückgratloser Wurm?« Ohne dass er es merkte, hatte er sich wieder nach vorn bewegt, und Vallimir stolperte rückwärts gegen die Wand, duckte sich zur Seite und hob einen Arm, als ob er einen erwarteten Schlag abwehren wollte. West konnte gerade noch verhindern, dass seine Hände den kleinen Bastard ergriffen und ihn schüttelten, bis ihm der Kopf abfiel. Sein eigener Schädel brummte, pochte. Es fühlte sich an, als

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