Kriegswirren
verschmutzt und tränenverschmiert. Sie stolperte und fiel hin, obwohl das Stoßen mit den Lanzenenden eher eine Geste als eine wirkliche Berührung war. Sie sah ihre Gefangenenwärter verächtlich an und spie einmal aus. Sie verhöhnte sogar Rand.
»Habt Ihr sie verletzt?« fragte er. Es war vielleicht eine seltsame Frage bei einem Feind - nach allem, was in diesem Tal geschehen war. Und bei einer Sul'dam. Aber er war einfach damit herausgeplatzt.
»Wir nicht, mein Lord Drache«, sagte der mürrische Anführer des Spähtrupps. »Wir haben sie so gefunden.« Er kratzte sich durch seinen langen Bart hindurch das Kinn und sah Bashere hilfesuchend an. »Sie behauptet, wir hätten ihre Gille getötet. Einen Lieblingshund vielleicht oder eine Katze, nach dem, was sie weiterhin sagte. Ihr Name ist Nerith. Soviel haben wir aus ihr herausbekommen.« Die Frau wandte sich um und sah ihn erneut verächtlich an.
Rand seufzte. Kein Lieblingshund. Nein! Dieser Name gehörte nicht auf die Liste! Aber er konnte hören, wie die Litanei der Namen sich in seinem Kopf abspulte, und ›Gille die Damane‹ befand sich darunter. Lews Therin betrauerte seine Ilyena. Ihr Name stand auch auf der Liste. Rand hielt es für berechtigt.
»Ist sie eine seanchanische Aes Sedai?« fragte Anaiyella unvermittelt und beugte sich über ihren Sattelknauf, um Nerith genauer zu betrachten. Nerith spie auch sie an, die Augen vor Zorn geweitet. Rand erklärte das wenige, was er über Sul'dam wußte, daß sie Frauen, welche die Macht lenken konnten, mit Hilfe eines Ter'angreals kontrollierten, aber die Macht nicht selbst lenken konnten, und zu seiner Überraschung sagte die elegante, einfältig lächelnde Hochdame kühl: »Wenn sich mein Lord Drache befangen fühlt, werde ich sie für ihn hängen lassen.« Nerith spie sie erneut voller Verachtung an! Sie besaß gehörigen Mut.
»Nein!« grollte Rand. Licht, was die Menschen alles tun würden, um sich gut mit ihm zu stellen! Vielleicht war Anaiyella ihrem Pferdemeister auch näher gewesen, als es schicklich war. Der Mann war kräftig, bereits kahl und ein Bürgerlicher gewesen, was bei Tairenern erhebliches Gewicht hatte, aber Frauen hatten bei Männern bekanntlich einen merkwürdigen Geschmack.
»Sobald wir zum Aufbruch bereit sind«, befahl er Bashere, »laßt Ihr die Männer dort unten frei.« Es stand außer Frage, Gefangene mitzuschleppen, wenn er seinen nächsten Angriff führte, und einhundert Mann und später gewiß noch mehr zurückzulassen und dann mit den Versorgungskarren mitzuschicken,barg ein zu hohes Risiko. Sie konnten keine Verwicklungen heraufbeschwören, wenn man sie zurückließ. Selbst die Burschen, die zu Pferde entkommen waren, vermochten eine Warnung nicht schneller zu überbringen, als er Reisen konnte.
Bashere zuckte leicht die Achseln. Vielleicht war es so, aber andererseits gab es stets Zufälle. Merkwürdige Dinge geschahen selbst dann, wenn kein Ta'veren in der Nähe war.
Weiramon und Anaiyella öffneten fast gleichzeitig den Mund, um zu protestieren, aber Rand fuhr eilig fort. »Es ist entschieden! Wir werden die Frau jedoch bei uns behalten und alle weiteren Frauen, die wir gefangennehmen.«
»Verdammt«, rief Weiramon aus. »Warum?« Der Mann schien wie vom Donner gerührt, und auch Bashere riß bestürzt den Kopf hoch. Anaiyella verzog verächtlich den Mund, bevor es ihr gelang, ein einfältiges Lächeln für den Lord Drache aufzusetzen. Sie hielt ihn eindeutig für zu weich, eine Frau mit den übrigen fortzuschicken. Sie würden in diesem Gelände nur mühsam vorankommen, ganz zu schweigen von den knappen Rationen, und auch das Wetter war nicht für Frauen geeignet.
»Ich habe bereits genügend Aes Sedai gegen mich, warum also sollte ich Nerith wieder fortschicken«, belehrte er sie. Das Licht wußte, daß es wahr war! Sie nickten, auch wenn Weiramon dies zögerlich tat. Bashere schien erleichtert und Anaiyella enttäuscht. Aber was sollte er mit dieser Frau und weiteren tun, die er gefangennahm? Er hatte nicht die Absicht, die Schwarze Burg in ein Gefängnis zu verwandeln. Die Aiel könnten sie festhalten. Nur daß die Weisen Frauen ihnen vielleicht in dem Moment die Kehlen durchschnitten, wenn er ihnen den Rücken wandte. Was war jedoch mit den Schwestern, die Mat mit Elayne nach Caemlyn brachte? »Wenn dies vorbei ist, werde ich sie einigen von mir auserwählten Aes Sedai übergeben.« Sollten sie es als Geste seines guten Willens ansehen, ein wenig Besänftigung
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