Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kriegswirren

Kriegswirren

Titel: Kriegswirren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
Vom Netzwerk:
sie recht häufig, andere zu trösten, ob sie Trost brauchten oder nicht, wobei ein Pferd auch genügte. Wo war Lews Therin?
    Er beugte sich verärgert vor und betrachtete erneut die Baumkronen. Die vielen immergrünen Bäume bildeten trotz der lange herrschenden Trockenheit einen wirksamen Sichtschutz. Wie beiläufig berührte er das schmale Bündel unter dem Ledergurt seines Steigbügels. Er könnte sich einmischen - und blind angreifen. Er könnte in die Wälder hinabreiten - und höchstens zehn Schritt weit sehen. Dort unten wäre er kaum nützlicher als einer der Soldaten.
    Ein Wegetor eröffnete sich in geringer Entfernung unter den Bäumen auf dem Kamm. Ein silbriger Schlitz erweiterte sich zu einer Öffnung, die andere Bäume und dichtes Unterholz freigab. Ein Soldat mit kupferfarbener Haut, einem dünnen Schnurrbart und einer kleinen Perle im Ohr trat zu Fuß hervor und ließ das Wegetor wieder verschwinden. Er schob eine Sul'dam vor sich her, deren Handgelenke auf dem Rücken zusammengebunden waren, eine hübsche Frau, wenn man von der purpurfarbenen Beule an ihrer Schläfe absah. Mit dieser hing anscheinend auch ihre finstere Miene und ihr ramponiertes, blätterbehaftetes Gewand zusammen. Sie sah den Soldaten über die Schulter höhnisch an, während er sie den Kamm entlang auf Rand zutrieb, und dann sah sie Rand ebenso höhnisch an.
    Der Soldat nahm Haltung an und salutierte gekonnt. »Soldat Arien Nalaam, mein Lord Drache!« bellte er und blickte geradeaus auf Rands Sattel. »Mein Lord Drache befahl, alle gefangenen Frauen zu ihm zu bringen.«
    Rand nickte. Seine Überprüfung der Gefangenen, obwohl jeder Dummkopf sehen konnte, was sie waren, sollte nur den Eindruck erwecken, daß er etwas zu tun hätte. »Bringt sie zu den Karren zurück, Soldat Nalaam, und beteiligt Euch dann wieder am Kampf.« Er hätte bei diesen Worten fast mit den Zähnen geknirscht. Sich wieder am Kampf beteiligen! Während Rand al'Thor, der Wiedergeborene Drache und König von Illian, auf seinem Pferd saß und die Baumwipfel anstarrte!
    Nalaam salutierte erneut, bevor er die Frau davontrieb. Sie spähte wieder über die Schulter, aber dieses Mal nicht zu dem Soldaten, sondern zu Rand, mit großen Augen und erstaunt geöffnetem Mund. Nalaam hieß sie aus einem unbestimmten Grund erst innehalten, als er den Fleck erreicht hatte, wo er aus dem Wegetor hervorgetreten war. Er hätte sich eigentlich nur ausreichend weit entfernen müssen, um die Pferde nicht zu verletzen.
    »Was tut Ihr?« fragte Rand, als Saidin den Mann erfüllte.
    Nalaam wandte sich halb zu ihm zurück und zögerte einen Moment. »Es scheint leichter, wenn ich einen Ort benutze, an dem ich bereits ein Wegetor eröffnet habe, mein Lord Drache. Saidin ... Saidin fühlt sich hier für mich... seltsam an.« Seine Gefangene wandte sich mit finsterem Gesicht zu ihm um.
    Kurz darauf bedeutete Rand ihm fortzufahren. Flinn gab vor, sich mit dem Sattelgurt seines Pferdes zu beschäftigen, aber der kahl werdende alte Mann lächelte schwach und beinahe überheblich. Dashiva ... kicherte. Flinn hatte als erster erwähnt, daß sich Saidin in diesem Tal seltsam anfühlte. Narishma und Hopwil hatten ihn natürlich gehört, und Morr fügte noch seine Geschichten über die ›Fremdartigkeit‹ um Ebou Dar an. So war es nicht verwunderlich, daß jetzt jedermann etwas zu spüren behauptete, obwohl niemand sagen konnte, was es war. Saidin fühlte sich einfach ... eigenartig an. Licht, wie sollte es sich angesichts des Makels sonst anfühlen, der der männlichen Hälfte der Quelle anhaftete? Rand hoffte, daß seine neue Krankheit sie nicht alle befiel.
    Nalaams Wegetor eröffnete sich und erlosch hinter ihm und seiner Gefangenen wieder. Rand gab sich ganz dem Erspüren Saidins hin. Leben und Verderbnis vermischten sich. Eis, das tiefsten Winter warm, und Feuer, das die Flammen einer Esse kalt wirken ließ. Tod, der nur darauf wartete, daß er einen Fehler beging. Es fühlte sich überhaupt nicht anders an. Oder doch? Er blickte stirnrunzelnd zu der Stelle, an der Nalaam mit der Frau verschwunden war.
    Sie war die vierte Sul'dam, die an diesem Nachmittag gefangengenommen worden war. Das ergab insgesamt dreiundzwanzig Sw/'rfflm-Gefangene bei den Karren und zwei Damane, beide noch mit ihrer silbrigen Koppel und dem Halsband, die auf getrennten Karren befördert wurden. Mit jenen Kragen konnten sie keine drei Schritte tun, ohne noch stärkere Übelkeit zu verspüren als Rand, wenn er die

Weitere Kostenlose Bücher