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Kriegswirren

Kriegswirren

Titel: Kriegswirren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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beschützen. Toveine riß ihr Pferd nach rechts, grub ihm die Fersen in die Flanken und kauerte sich tief über seinen Hals, während sie zwischen den erschreckten Wächtern und dann zwischen zwei sehr jungen Männern in schwarzen Jacken hindurch preschte, die sie erstaunt anstarrten. Dann war sie bereits in den Wald gelangt und trieb ihr Pferd im hohen Schnee noch weiter an, ohne daran zu denken, daß sich die Stute ein Bein brechen könnte. Sie mochte das Tier, aber heute würde mehr als ein Pferd sterben. Hinter ihr erklangen Schreie und eine Stimme, welche die ganze Kakophonie übertönte. Die Stimme des großen Mannes.
    »Ergreift sie lebend, wie es der Wiedergeborene Drache befohlen hat! Wenn Ihr einer Aes Sedai Schaden zufügt, werdet Ihr Euch vor mir verantworten müssen!«
    Wie es der Wiedergeborene Drache befohlen hat. Toveine empfand zum ersten Mal Angst, wie einen Eiszapfen, der sich durch ihre Eingeweide wand. Der Wiedergeborene Drache. Sie peitschte mit den Zügeln auf den Hals ihres Pferdes ein. Sie war noch immer abgeschirmt! Gewiß hatte sie inzwischen genügend viele Bäume zwischen sich und den verfluchten Mann gebracht, daß er sie nicht mehr sehen konnte! Oh, Licht, der Wiedergeborene Drache!
    Sie stöhnte, als etwas sie an der Taille traf - ein Ast, wo kein Ast war -, und sie aus dem Sattel riß. Sie hing da und sah ihr Pferd so schnell davonpreschen, wie der Schnee es nur zuließ. Sie hing tatsächlich da. Mitten in der Luft, die Arme an den Seiten gefangen, die Füße einen Schritt über dem Boden baumelnd. Sie schluckte schwer. Es mußte der männliche Teil der Macht sein, der sie festhielt. Sie war niemals zuvor von Saidin berührt worden. Sie fühlte ein dickes enges Band um ihre Taille und glaubte, den Makel des Dunklen Königs spüren zu können. Sie zitterte und mußte sich bezwingen, nicht zu schreien.
    Der große Mann verhielt sein Pferd vor ihr, und sie schwebte seitwärts vor ihn auf den Sattel. Er schien jedoch nicht besonders interessiert an der Aes Sedai, die er gefangengenommen hatte. »Hardlin!« rief er. »Norley! Kajima! Einer von Euch verdammten jungen Tölpeln sofort hierher!«
    Er war sehr groß und hatte Schultern von der Breite eines Axtgriffs - so hätte Herrin Doweel ihn beschrieben -, mittleren Alters und auf einfache Art gutaussehend. Überhaupt nicht wie die hübschen Burschen, die Toveine so mochte, eifrig und dankbar und so leicht um den Finger zu wickeln. Ein Silberschwert zierte den hohen Kragen seiner schwarzen Tuchjacke auf einer Seite und ein merkwürdiges Wesen in goldenem und rotem Emaille auf der anderen. Er war ein Mann, der die Macht lenken konnte. Und er hatte sie abgeschirmt und gefangengenommen.
    Der Schrei, der sich ihrer Kehle entrang, erschreckte sogar sie selbst. Sie hätte ihn zurückgehalten, wenn es ihr möglich gewesen wäre, aber dann drang ein weiterer, noch schrillerer Schrei hervor und noch einer und noch einer. Sie trat wild um sich und warf sich von einer Seite auf die andere. Es nützte gegen die Macht nichts. Sie wußte das, aber nur in einem kleinen Bereich ihres Seins. Ihr restliches Ich schrie aus vollem Halse, heulte wortlose Bitten um Rettung vor dem Schatten heraus. Sie kämpfte schreiend wie ein wahnsinniges Tier.
    Sie war sich dumpf der Tatsache bewußt, daß sein Pferd scheute, als ihre Fersen gegen seine Schulter trommelten. Dann hörte sie den Mann'dumpf sprechen. »Ruhig, du schwerfälliger Sack Kohle! Beruhige dich, Schwester. Ich werde nicht... Ruhig, du lahmes Maultier! Licht! Verzeiht, Schwester, aber so wird es uns beigebracht.« Und dann küßte er sie.
    Sie hatte nur einen Herzschlag lang Zeit zu erkennen, daß seine Lippen die ihren berührten, dann schwand ihre Sicht, und Wärme durchflutete sie. Mehr als Wärme. Sie wurde innerlich zu geschmolzenem Honig, zu brodelndem Honig, der fast kochte. Sie war eine Harfensaite, die immer schneller, bis zur Unsichtbarkeit schnell vibrierte. Sie war eine dünne Kristallvase, die fast bis zum Bersten klang. Die Harfensaite riß, die Vase barst.
    Zunächst erkannte sie nicht, daß dieser Laut aus ihrem weit geöffneten Mund drang. Sie konnte einen Moment nicht zusammenhängend denken. Sie starrte keuchend in das männliche Gesicht über ihr und fragte sich, wem es gehörte. Ja, der große Mann. Der Mann, der die Macht lenken konnte ...
    »Ich hätte es lieber ohne diesen kleinen Obolus geschafft«, seufzte er und tätschelte seinem Pferd den Hals. Das Tier schnaubte, scheute

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