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Kriegswirren

Kriegswirren

Titel: Kriegswirren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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deren jede von ihrer eigenen Reihe vergoldeter Aufgehender Sonnen verziert wurde. Sie hoffte, Rand hereinkommen zu sehen. Sie fürchtete, Sorilea oder Cadsuane zu sehen. Sie richtete unbewußt ihre hellblaue Jacke und betastete die winzigen, auf die Aufschläge gestickten Schneeglöckchen. Weitere wanden sich um die Ärmel, und ihre Hosenbeine waren so eng gearbeitet, daß sie sich gerade noch hineinzwängen konnte. Wirklich kein allzu großer Unterschied zu dem, was sie stets getragen hatte. Bisher hatte sie Kleider vermieden, auch wenn sie viel Stickerei trug, aber sie befürchtete sehr, daß Sorilea sie in ein Kleid stecken wollte, auch wenn die Weise Frau sie eigenhändig aus ihrer Kleidung herausschälen mußte.
    Sorilea wußte alles über sie und Rand. Alles. Sie spürte, wie sie errötete. Sorilea versuchte anscheinend zu entscheiden, ob Min Farshaw eine angemessene ... Geliebte ... für Rand al'Thor war. Das Wort ließ sie sich törichterweise leichtsinnig fühlen. Sie war nicht leichtsinnig! Das Wort weckte in ihr das Bedürfnis, schuldbewußt über die Schulter nach den Tanten zu sehen, die sie aufgezogen hatten. Nein, dachte sie grimmig, du bist nicht leichtsinnig. Leichtsinn ist im Vergleich zu deinem Verhalten noch vernünftig!
    Oder vielleicht wollte Sorilea wissen, ob Rand zu Min paßte. Manchmal schien es so. Die Weisen Frauen akzeptierten Min weitgehend als eine der Ihren, aber während dieser letzten Wochen hatte Sorilea sie ausgequetscht wie eine Zitrone. Die weißhaarige Weise Frau mit dem ledrigen Gesicht wollte jede Einzelheit über Min wissen, und auch jede Einzelheit über Rand. Sie wollte den Staub am Boden seiner Taschen kennenlernen! Min hatte zweimal versucht, die unaufhörliche Befragung zu vereiteln, und Sorilea hatte beide Male eine Gerte präsentiert! Diese schreckliche alte Frau legte sie einfach über die Kante des nächststehenden Tisches und erzählte ihr hinterher, daß das vielleicht eine weitere Einzelheit in ihrem Kopf lösen würde. Auch keine der anderen Weisen Frauen zeigte das mindeste Erbarmen! Licht, was man für einen Mann alles auf sich nehmen mußte! Und sie konnte ihn noch nicht einmal für sich allein haben!
    Cadsuane war eine völlig andere Angelegenheit. Die überaus würdevolle Aes Sedai, so grauhaarig, wie Sorilea weiß war, schien sich nicht im geringsten für Min oder für Rand zu interessieren, aber sie verbrachte viel Zeit im Sonnenpalast. Es war unmöglich, ihr vollständig aus dem Weg zu gehen. Sie schien überall umherzuwandern, wo sie wollte. Und wenn Cadsuane Min ansah, wie kurz auch immer, konnte Min sich des Eindrucks nicht erwehren, die Frau könnte Bullen das Tanzen und Bären das Singen beibringen. Sie erwartete ständig, daß sie auf sie deuten und verkünden würde, es sei an der Zeit, daß Min Farshaw lernte, einen Ball auf ihrer Nase zu balancieren. Früher oder später mußte Rand Cadsuane erneut gegenübertreten, und der Gedanke daran bereitete Min Magenschmerzen.
    Sie zwang sich dazu, sich wieder über das Buch zu beugen. Eine der Türen schwang auf, und Rand trat mit dem Drachenszepter in einer Armbeuge ein. Er trug eine goldene Krone, einen breiten Reif aus Lorbeerblättern - das mußte diese Schwerterkrone sein, von der alle redeten -, eine enge Hose, die seine Beine vorteilhaft zur Geltung brachte, und eine mit goldener Stickerei versehene, grüne Seidenjacke, die ihm wunderbar paßte. Er war wunderbar.
    Min kennzeichnete die Stelle, die sie gerade gelesen hatte, mit dem Zettel, den Meister Fei geschrieben hatte und der besagte, sie sei ›zu hübsch‹, schloß das Buch sorgfältig und legte es ebenso behutsam auf den Boden neben ihrem Stuhl. Dann verschränkte sie die Arme und wartete. Hätte sie gestanden, dann hätte sie mit dem Fuß aufgetippt, aber sie wollte nicht, daß der Mann glaubte, sie spränge auf, nur weil er endlich erschien.
    Er stand einen Moment nur da, sah sie lächelnd an und zog aus einem unbestimmten Grund an seinem Ohrläppchen - anscheinend summte er auch! -, und dann fuhr er plötzlich herum und starrte finster zu den Türen. »Die Töchter des Speers dort draußen haben mir nicht gesagt, daß du hier bist. Sie haben überhaupt kaum ein Wort gesagt. Licht, sie schienen bereit, sich bei meinem Anblick zu verschleiern.«
    »Vielleicht sind sie verstimmt«, sagte Min ruhig. »Vielleicht haben sie sich gefragt, wo du warst. So wie ich auch. Vielleicht haben sie sich gefragt, ob du verletzt oder krank wurdest oder

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