Kriegswirren
jedoch nicht mehr. »Aber es war vermutlich dennoch nötig. Seid ruhig. Versucht nicht zu entkommen, greift keine Männer in schwarzen Jacken an, und berührt die Quelle nicht, wenn ich es Euch nicht erlaube. Nun, wie heißt Ihr?«
Wenn er es nicht erlaubte? Wie unverschämt der Mann war! »Toveine Gazal«, sagte sie und blinzelte. Warum hatte sie ihm geantwortet?
»Da seid Ihr ja«, sagte ein anderer Mann mit einer schwarzen Jacke und führte sein Pferd durch den Schnee zu ihnen. Dieser würde ihr viel besser gefallen - zumindest wenn er nicht auch die Macht lenken könnte. Sie bezweifelte, daß dieser Bursche mit den rosigen Wangen sich häufiger als zweimal in der Woche rasieren mußte. »Licht, Logain!« rief der hübsche Junge aus. »Habt Ihr eine zweite gebunden? Das wird dem M'Hael nicht gefallen! Es gefällt ihm schon nicht, wenn wir eine an uns binden! Aber vielleicht ist es auch nicht wichtig, da Ihr beide Euch so nahesteht.«
»Nahe, Vinchova?« fragte Logain verzerrt. »Wenn es nach dem M'Hael ginge, würde ich mit den neuen Jungen Rüben hacken. Oder unter dem Feld begraben werden«, fügte er so leise hinzu, daß Toveine den Eindruck hatte, er wollte nicht, daß er gehört würde.
Wieviel er auch gehört haben mochte - der hübsche Junge lachte ungläubig. Toveine hörte ihn kaum. Sie schaute zu dem über ihr aufragenden Mann hoch. Logain. Der falsche Drache. Aber er war tot! Gedämpft und tot! Jetzt hielt er sie nachlässig vor sich im Sattel fest. Warum schrie sie nicht oder prügelte auf ihn ein? Selbst ihr Gürteldolch würde aus dieser Nähe genügen. Und doch verspürte sie überhaupt kein Bedürfnis, nach dem Elfenbeinheft zu greifen. Sie erkannte, daß sie es tun könnte. Dieses Band um ihre Taille war fort. Sie könnte sich zumindest vom Pferd gleiten lassen und versuchen zu ... Sie verspürte ebensowenig ein Bedürfnis danach.
»Was habt Ihr mit mir gemacht?« fragte sie ruhig. Zumindest war es ihr gelungen, Ruhe zu bewahren!
Logain wandte sein Pferd, um zur Straße zurückzureiten, und erzählte ihr dann, was er getan hatte. Sie legte ihren Kopf an seine breite Brust, ungeachtet seiner Größe, und weinte. Sie schwor sich, daß sie Elaida hierfür bezahlen lassen würde. Wenn Logain es jemals zuließe, würde sie es ihr heimzahlen. Letzteres war ein besonders bitterer Gedanke.
KAPITEL 8
Der Vertrag
Min saß mit gekreuzten Beinen auf einem üppig vergoldeten Stuhl mit hoher Rückenlehne und versuchte, sich in die ledergebundene Ausgabe von Herid Fels Vernunft und Unvernunft zu versenken, die geöffnet auf ihren Knien lag. Es war nicht leicht. Oh, das Buch selbst war faszinierend. Meister Fels Schriften führten sie stets in eine Gedankenwelt, die sie sich nicht hätte träumen lassen, als sie noch in den Ställen arbeitete. Sie bedauerte den Tod des gütigen alten Mannes sehr. Sie hoffte, in seinen Büchern einen Hinweis darauf zu finden, warum er getötet worden war. Ihre dunklen Locken schwangen, als sie den Kopf schüttelte und sich wieder auf den Text zu konzentrieren versuchte.
Das Buch war faszinierend, aber die Umgebung bedrückte sie. Rands kleiner Thronraum im Sonnenpalast war über und über mit Gold verziert, von den breiten Simsen bis zu den hohen Spiegeln an den Wänden, die jene ersetzten, die Rand zerschmettert hatte, von den beiden Reihen Stühlen bis zu dem Podest mit dem Drachenthron. Dieser war eine Ungeheuerlichkeit, im Stil von Tear gearbeitet, wie cairhienische Künstler ihn sich vorstellten, auf den Rücken zweier Drachen ruhend, während zwei weitere Drachen als Armlehnen dienten und wiederum weitere die Rückenlehne hinaufkrochen, alle mit großen Sonnensteinen als Augen, alles vor Gold und rotem Emaille glitzernd. Eine große goldene Aufgehende Sonne mit welligen Strahlen, die in den polierten Steinboden eingelassen war, trug nur noch zu dem bedrückenden Gefühl bei. Wenigstens verbreiteten die beiden riesigen Kamine angenehme Wärme, besonders jetzt, da es draußen schneite. Dies war Rands Raum. Das Behagen angesichts dieser Tatsache wog jegliche Bedrückung auf. Ein ärgerlicher Gedanke. Dies war Rands Raum, wenn er jemals zurückzukehren geruhte. Ein sehr ärgerlicher Gedanke. Einen Mann zu lieben schien weitgehend aus vielen ärgerlichen Zugeständnissen sich selbst gegenüber zu bestehen!
Sie regte sich in dem nutzlosen Unterfangen, dem harten Stuhl Bequemlichkeit abzuringen, und versuchte zu lesen, aber ihr Blick huschte ständig zu den hohen Türen,
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