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Kriminalgeschichte des Christentums Band 01 - Die Fruehzeit

Kriminalgeschichte des Christentums Band 01 - Die Fruehzeit

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 01 - Die Fruehzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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Untersuchungen in Teildisziplinen und Nachbargebieten der Geschichte, besonders naturgemäß der Kirchengeschichte mit ihren sich häufig überschneidenden Sachgebieten der Missions-, Glaubens-, Theologie- und Dogmengeschichte, der Märtyrer- und Mönchsgeschichte, der Papstgeschichte, sogar der Geschichte der »Frömmigkeit«. Berücksichtigt wird ferner die Archäologie, die Wirtschafts- und Sozialgeschichte, die Rechts-, Verfassungs-, Kriegs- und Militärgeschichte, die Geographie und Statistik. Ein breites Spektrum bereits jeweils so entwickelter Forschungsrichtungen, daß sie auch der Fachmann kaum noch überschauen, jedenfalls nur partiell, wahlweise, verwerten kann.
    Wichtiger indes als die Grundlagen meiner Arbeit, die sich eigentlich von selbst verstehen: Wie sehe ich die Geschichte? Und wie stelle ich sie dar? Impliziert der Unterschied im methodischen Ansatz doch nicht selten schon die Differenzen im Betrachten, Bewerten. Der Wissenschaftstheoretiker Wolfgang Stegmüller schreibt geradezu: »Welche Methode gewählt wird, bestimmt maßgebend die theoretische Anschauung, welche aus den Untersuchungen resultiert.« 37
    Niemand wird erwarten, daß der Autor einer
›Kriminalgeschichte des Christentums‹
die Prinzipien seiner Historiographie von der Offenbarung, von Rom her, übernimmt oder auch von irgendwelchen spiritualisierten protestantischen Kirchenbegriffen, irgendeinem noch so »progressiven« theologischen Geschichtsverständnis. Mystifizierende Grenzüberschreitungen, Kategorien übernatürlicher Perspektive, der Weg aus der Geschichte in die »Übergeschichte«, vom irdischen zum himmlischen Äon, all dies bleibt den Aposteln eines heilsgestifteten Geschichtswahns überlassen, jenen allzu vielen Kirchendienern, die meist schon durch Taufwasser, Mutterbrust, Familie, im Grunde durch eine geographische Zufälligkeit, später durch Würden, Ehren, Stühle, Pfründen zusätzlich gefesselt und nach meiner Erfahrung gewöhnlich desto ungläubigere »Gläubige« sind, je intelligenter sie sind.
    Wie steht es aber mit meiner Objektivität? Bin nicht auch ich einseitig? Voreingenommen?
    Selbstverständlich! Wie jeder Mensch! Denn jeder ist subjektiv, jeder vielfältig geprägt, individuell und gesellschaftlich, durch Herkunft, Erziehung, soziale Umwelt, durch seine Zeit, seine Lebenserfahrung, Erkenntnisinteressen, seine Religion oder Nichtreligion, kurz, durch eine Fülle verschiedener Einflüsse, ein ganzes Netz von Gebundenheiten.
    Ist aber jeder vorgeprägt, so auch der Historiker, was wohl als erster (für die Geschichtswissenschaft) Chladenius reflektiert. Also habe auch ich, mit Chladenius' etwas obsoleter Wendung, meinen »Sehepunkt« oder mit Karl Mannheims in der Wissenssoziologie etabliertem Terminus, meinen »Standort«, bin auch ich zweifellos mitbestimmt durch ein gewisses Klima der Meinungsbildung um mich, durch meine Studien, mein Vorwissen. Natürlich traf ich Entscheidungen, längst ehe ich hier an die Niederschrift ging. Nur ein ganz Ahnungsloser könnte unparteiisch dies Pensum beginnen. Doch beiseite, daß das kaum denkbar, daß man auf solche Forschung kaum neugierig wäre: nach einiger Zeit wäre selbst der größte Ignorant kein ganzer Ignorant mehr – und er hätte auch schon »vorgefaßte Meinungen« 38 .
    Ein Rezensent nannte mich »voreingenommen«, weil ich im Vorwort einer Schrift Thesen verfocht, die allenfalls an ihrem Schluß hätten stehen dürfen. Doch abgesehen davon, daß ich Vorworte, wie wohl die meisten Verfasser, erst zuletzt zu schreiben pflege – ich weiß selbstverständlich, wie wohl wieder jeder Autor, bereits zu Beginn eines Buches, was ungefähr darin stehn wird – das weiß ja schon jeder Schreiber eines Briefs. Erst recht lebt historische Forschung und Darstellung nicht von Zufälligkeiten, wie Droysen sagt, sondern sucht. Sie müsse aber »wissen, was sie suchen will; erst dann findet sie etwas. Man muß die Dinge richtig fragen, dann geben sie Antwort.« 39
    Jahrzehnte mit dem Studium der Geschichte, besonders der des Christentums, befaßt, habe ich mir, bei immer größerem Vertrautwerden damit, eine bestimmte Geschichtsphilosophie (ein erstmals von Voltaire geprägtes Wort) gebildet, eine Meinung vom Christentum, die nur deshalb nicht schlechter wird, weil sie gar nicht schlechter werden kann, womit ich mich allerdings in bester Gesellschaft befinde. Doch indem ich meine Subjektivität, meinen »Sehepunkt« und »Standort« klipp und klar darlege,

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