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Kriminalgeschichte des Christentums Band 02 - Die Spaetantike

Kriminalgeschichte des Christentums Band 02 - Die Spaetantike

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 02 - Die Spaetantike Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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dem sie dienen, d.h. den Teufel, niederzukämpfen. Wenn auch gegen solche Menschen, Geliebteste, der gesamte Erdkreis und allerorts die ganze Kirche die Waffen des Glaubens ergreifen soll, so müßt doch namentlich
ihr
euch bei diesem Werke durch Rührigkeit hervortun ...« 48
    Derselbe Leo aber, der schon fast wie ein mittelalterlicher Inquisitor agierte, konnte unentwegt seine christlichen Sprüche dreschen, Nachsicht verlangen, Friedfertigkeit, Nächstenliebe, Vermeidung von Streitsucht, Racheverzicht. Immer wieder konnte er scheinheilig predigen: »Und weil jeder sich vergeht, so möge auch jeder verzeihen! Laßt uns nicht ungern gewähren, was wir uns so gerne gefallen lassen!« »Beseitigt jede Feindschaft unter den Menschen durch Friedfertigkeit, ›indem ihr niemand Böses mit Bösem vergeltet‹ ›und euch gegenseitig verzeiht, wie auch uns Christus verziehen hat!‹« »Aufhören soll jede Rache ...« »Fort also mit allem Drohen!« »Grausame Strenge verwandle sich in Milde und Jähzorn in Sanftmut! Alle mögen sich gegenseitig ihre Verfehlungen verzeihen!« »Beten wir doch: ›Vergib uns unsere Schulden, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern!‹« Der Papst betont dabei ausdrücklich: »Damit sind nicht nur die gemeint, die uns durch Freundschaft oder Verwandtschaft nahestehen, sondern geradezu
alle
Menschen, mit denen uns unsere Natur verbindet, mögen sie nun Feinde oder Verbündete, Freie oder Sklaven sein«. 49
    Nur nicht »Ketzer«! Nur nicht Manichäer! Nur nicht Pelagianer! Nur nicht Priscillianisten! Nur nicht Juden! Nur nicht alle Andersgläubigen! Nur nicht alle Ungläubigen – »...
alle
Menschen«! Papier, Papier, Papier! Die ganze Heuchelei dieser Kirche, ihre zähnefletschende »Frohe Botschaft«, ihre Hekatomben verschlingende »Feindesliebe«, ihr widerliches Friedenspalaver, all dies ist hier zu greifen, eine ekelerregende Doppelzüngigkeit, Unwahrhaftigkeit, die ihre Geschichte durchzieht, brandmarkt, sich selber verhöhnt, an den Pranger stellt, ad absurdum führt, von der Antike bis heute. Das Evangelium des Henkers!
    Oder anders gesagt: Leo der Große.
    Der Papst kommt auffallend häufig und fast stets tief erregt auf das Manichäer-Thema zurück. Er charakterisiert diese Menschen mit immer denselben Verunglimpfungen als Werkzeuge Satans, Lügner, Schädlinge, Schriftfälscher, als »recht einfältige Leute ... die sich in blinder Unwissenheit oder aus schmutzigen Gelüsten Dingen zuwenden, die nicht heilig, sondern verabscheuungswürdig sind«. 50
    Obwohl Leo »allgemeines Schamgefühl« hindert, darauf »näher einzugehn«, kommt er doch gern auf diese »Dinge«, »ihre sittenlosen Handlungen«, die sie »ergötzen, die ebenso Leib und Seele beflecken, die weder Reinheit des Glaubens noch Züchtigkeit kennen«, die »obszön erscheinen«. Dabei warnt – und beleidigt er zugleich – »vor allem« die Frauen, mit derartigen Leuten bekannt zu werden, sich mit ihnen zu unterhalten, »damit ihr nicht in die Fallstricke des Teufels geratet, während euer Ohr sich arglos an ihren märchenhaften Geschichten freut! Da der Satan weiß, daß er den ersten Mann durch den Mund eines Weibes verführt [!] und durch die Leichtgläubigkeit der Frau [!] alle Menschen aus der Seligkeit des Paradieses vertrieben hat, so stellt er auch jetzt noch
euerem
Geschlechte mit zuversichtlicherer Schlauheit nach ...« 51
    Während er die Frauen warnt, diffamiert er sie gemäß einer alten, durch die größten Christen der Antike, Paulus, Johannes Chrysostomos, Hieronymus, Augustinus, gepflegten Tradition. Denn daß die Weiber »hauptsächlich« dazu bestimmt sind, die Geilheit der Männer zu befriedigen, wie der hl. Chrysostomos lehrt, das konnte der Papst selbst bei den Manichäern beobachten. Enthüllten sie doch seinem Tribunal »eine verruchte Tat, die auch nur zu
erwähnen
man sich schon schämen muß«. Er erwähnt sie aber, ja, er hatte selbst die Untersuchung darüber »so peinlich geführt, daß weder für die, welche nicht recht an die Sache glauben wollen, noch für die gewohnheitsmäßigen Nörgler der geringste Zweifel bestehen kann. Sämtliche Personen waren zugegen, unter deren Mithilfe die abscheuliche Tat begangen wurde: ein Mädchen natürlich im Alter von
höchstens
zehn Jahren und zwei Weiber, die es aufgezogen und zu solch schändlichem Werke bestimmt hatten. Anwesend war auch der kaum dem Knabenalter entwachsene junge Mensch, der das Mädchen geschändet hatte, und ihr eigener

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