Kriminalgeschichte des Christentums Band 02 - Die Spaetantike
ist, dann seiner Herrschaft am meisten zu dienen, wenn er besonders darauf bedacht ist, für die Integrität der Kirche zu arbeiten«. Denn der Kaiser habe seine Macht vor allem zum Schutz der Kirche erhalten, wie Leo I. nachdrücklich betont, wobei er den Kaiser sehr oft »custos fidei« nennt. Und der Nutzen der Kirche, so suggeriert er, sei auch der Nutzen des Staates. »Es gereicht der ganzen Kirche und Eurem Reiche zum Vorteil, wenn in der ganzen Welt
ein
Gott,
ein
Glaube,
ein
Mysterium des Heiles der Menschen und
ein
Bekenntnis beibehalten wird«. Nicht genug, dieser Stellvertreter Christi lockt auch bereits damit, wie sehr die Religion der Liebe dem Krieg zugute komme, die Frohe Botschaft der Schlagkraft der Armee. »Wenn der Geist Gottes die Eintracht zwischen den christlichen Fürsten stärkt«, das heißt hier die Kaiser Marcian und Valentinian, »dann sieht die ganze Welt, wie in doppelter Hinsicht das Vertrauen wächst: Denn durch den Fortschritt im Glauben und in der Liebe [!] wird die Macht der Waffen [!] unüberwindlich, so daß Gott, durch die Einheit unseres Glaubens gnädig gestimmt, zugleich den Irrtum der falschen Lehre und die Feindseligkeit der Barbaren zunichte machen wird«. 26
Eine deutliche Sprache! Liebe und Waffen! Einheit, Stärke, Vernichtung der Feinde – freilich längst Programm und Praxis der Christenheit (I. Kap. 5) zumal in Rom, wo etwa, vermutlich im frühen 5. Jahrhundert, der Christ Aponius nicht nur eifrig die kirchliche Vormachtstellung der Ewigen Stadt verkündet, sondern auch eine christliche Kaisertheologie. Das Haupt des Volkes sind demnach die römischen Könige, »jene freilich, die die Wahrheit erkannt haben und Christus in Demut [!] dienen. Von ihnen fließen die frommen Gesetze, der lobenswerte Friede und die erhabene Unterwürfigkeit [!] gegen den Kult der heiligen Kirche wie vom Karmelfluß herab ...« Damit aber all dies, die fromme Gesetzgebung, der lobenswerte Friede, die Unterwürfigkeit, schön fließt und flutscht, müssen die Könige »Kriegsdienst tun unter Christus dem König der Könige ...«. 27
Genauso verstand es Leo, der für die ganze Welt einen Gott propagierte, ein Reich, einen Kaiser – (Ein Gott, ein Reich, ein Führer ...!) – und eine Kirche natürlich, was er als »sakrale Ordnung« ausgab, als »pax christiana«, die »nur« zwei Feinde gefährdeten: »Ketzer« und »Barbaren«. »Darum muß auch der Kaiser gegen beide kämpfen« (Grillmeier SJ) 28 . Darum ist er verpflichtet zur »reparatio pacis«, zu dem, was sie darunter verstehen, darunter verbergen: Krieg, bis sie haben, was sie wollen (vgl. 144 f, 364), ohne Rücksicht auf Verluste. So und nicht anders möchten sie es doch noch heute. Siebzehn Jahrhunderte Kirchengeschichte illustrieren dies. Blutiger als irgendwo sonst. Und verheuchelter ...
Leo I. als Verfolger von Pelagianern, Manichäern, Priscillianisten und als Prediger der Feindesliebe
Bereits bei der Ruinierung von Augustins großem Gegenspieler Julian von Aeclanum (I 501 ff) griff Leo entscheidend ein. Geht es doch, nach einem Bericht Prospers, auf den Diakon Leo zurück, daß Sixtus III. dem gehetzten Julian 439 die Wiedereinsetzung in sein Bistum verwehrte. Wie ihn ja Leo später abermals verdammt hat. (Bedrängte er doch auch Kaiser Marcian, den schon exilierten Eutyches in eine noch abgelegenere Gegend zu stecken.) 43
Leos erster Angriff als Papst galt 442 den Pelagianern (I 492 ff) in Venetien. Bischof Septimus von Altinum hatte ihm denunziert, im Sprengel des Erzbischofs von Aquileja seien Kleriker des Pelagius und Caelestius ohne Widerruf in die Kirche aufgenommen worden. Leo lobte den Suffragan, rügte aber scharf den Metropoliten, daß durch die Laxheit der Hirten »Wölfe im Schafspelz« in die Herde des Herrn gedrungen, drohte ihm für weitere Lässigkeit argen apostolischen Zorn an, trieb zur Verdammung des »Irrtums«, »der hochmütigen Irrlehre«, der »schweren Krankheit« (pestilentiam) und zur »Ausrottung dieser Häresie«. 44
Fast schon wie ein Inquisitor jagte der Papst seit 443 die Manichäer.
Fand er nämlich, schrieb er damals, bei »
allen
Häresien in irgendeinem Teile etwas Wahres«, so im Dogma der Manichäer »auch nicht das
Geringste«,
was überhaupt geduldet werden könnte. Alles war bei ihnen schlecht. Mani selber ein »Betrüger der Unglücklichen«, ein Diener »unzüchtigen Aberglaubens«, seine Lehre »geradezu eine Hochburg« des Teufels, der hier »unumschränkt nicht nur
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