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Kriminalgeschichte des Christentums Band 02 - Die Spaetantike

Kriminalgeschichte des Christentums Band 02 - Die Spaetantike

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 02 - Die Spaetantike Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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über
eine
Art Verworfenheit« gebot, »sondern über
alle
nur erdenklichen Torheiten und Ruchlosigkeiten zusammengenommen. Alle Lasterhaftigkeit der Heiden, alle Verstocktheit der ›fleischlich gesinnten‹ Juden, alles Verbotene in den Geheimlehren der Magie, all die Sakrilegien und Gotteslästerungen in sämtlichen Häresien, all dies hat sich bei dieser Sekte wie in einer Art von
Senkgrube
zugleich mit allem anderen Unrat angesammelt«. Leo beteuert: »Nichts ist bei ihnen heilig, nichts rein, nichts wahr«, »alles in Finsternis gehüllt und alles trügerisch«. Ja, er behauptet, die »Zahl ihrer Verbrechen« sei »größer als die Menge der dafür zu Gebote stehenden Worte«. 45
    Übertreibungen, Pauschalisierungen, Verabsolutierungen, die für sich sprechen.
    Der Manichäismus (vgl. I 166 ff), der vor dem Hintergrund eines transzendentalen Monismus die Erscheinungswelt rigoros dualistisch aufteilt, war mit seinen buddhistischen, iranischen, babylonischen, spät jüdischen und christlichen Elementen ein synkretistischer Universalismus, eine Weltreligion, die von Spanien bis China reichte. Wegen ihres Ausschließlichkeitsanspruchs gewöhnlich schroff abgelehnt, war sie nur im uigurischen (alttürkischen) Reich in der Mongolei von 763 bis 814 Staatsreligion. Christliche Kaiser haben den freilich schon von Diokletian gesetzlich bekämpften Kult als gefährlichste aller »Ketzereien« schärfstens fort und fort verfolgt. Bereits der Katholik Theodosius I., der auch sonst Blut vergoß wie Wasser, bedrohte die Zugehörigkeit zum Manichäismus mit der Todesstrafe, nachdem eine lange Reihe von Kirchenvätern dagegen geschrieben hatte und schrieb, besonders erfolgreich Ephräm (vgl. I 166 f) und Augustin (I 467), selber immerhin fast zehn Jahre lang Manichäer. 46
    Seit der Eroberung Karthagos durch die Wandalen (439) flohen mit den Scharen afrikanischer Flüchtlinge viele Manichäer nach Italien, vor allem nach Rom. Häufig und leidenschaftlich attackierte sie dort Leo, schimpfte sie einen »fressenden Krebs«, eine »Jauchengrube« und ließ sie in seiner »Fürsorge« (Grisar SJ) aufspüren, verhaften, wahrscheinlich foltern. Auch den manichäischen Bischof hatte er eingesperrt (a nobis tentus) und zum Geständnis gebracht. Durch ein Tribunal aus christlichen Senatoren, Bischöfen, Priestern, dem er selbst präsidierte, ließ er im Dezember 443 eine Anzahl von Electi und Electae eingehend vernehmen (von »Auserwählten«, die nichts Lebendes töten, keine Pflanzen beschädigen, keinen Geschlechtsverkehr treiben durften, während die Auditores, die »Hörer«, heiraten konnten). Der Papst enthüllte ihre »Schändlichkeiten«, auch rituelle »Unzucht« an einem ganz jungen Mädchen zur Befreiung der göttlichen Lichtpartikel im semen humanum. Denn der hl. Leo sowohl wie der hl. Augustin (»non sacramentum, sed exsecramentum«) legten den Finger »auf die manichäische Geilheit als solche« (Grillmeier SJ). Leo ließ die Schriften der Verfluchten einfordern und öffentlich verbrennen. Manche, die noch zu »bessern« waren, mußten abschwören, wurden in Kirchenstrafe genommen und »dem Schlunde der Gottlosigkeit« entrissen. Andere aber, die »kein Heilmittel« mehr retten konnte, ließ der Papst »nach den Verordnungen der christlichen Kaiser« durch »weltliche« Richter zu lebenslänglicher (!) Verbannung verurteilen (»per publicos iudices perpetuo sunt exsilio relegati«). Auch hatte er beim Verhör die Personalien fremder Manichäer erforscht, hatte seine Opfer zu Aussagen über ihre Lehrer, Bischöfe, Priester in anderen Provinzen und Städten zwingen lassen und darüber hinaus allen Prälaten Italiens am 30. Januar 444 befohlen, entkommene Manichäer aufzuspüren und zu ergreifen; wobei er zur Instruktion, zur An- und Nacheiferung, die römischen Prozeßakten beilegte, ja, schließlich seine steckbriefliche »Ketzer«jagd bis in den Orient ausdehnte. 47
    Nicht genug. Er hetzte sogar die Laien zum Denunzieren, Schnüffeln, Angeben auf, zu einem Geschäft, das dann in der mittelalterlichen Kirche, beim Vernichten von Andersgläubigen, von »Hexen«, so segenstiftend blühen sollte. »Entfaltet also den heiligen Eifer, den die Sorge für die Religion von euch verlangt!« rief er und befahl »die Abwehr
aller
Gläubigen«; gebot, »daß ihr die Manichäer, die sich überall versteckt halten, bei eueren Priestern zur Anzeige bringt«; verlangte »die Schlupfwinkel der Gottlosen aufzudecken und in ihnen den selbst,

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