Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter

Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
Vom Netzwerk:
einem guten Teil auf seiner Arbeit ...«
    Der katholische Theologe Joseph Lortz 5

Um 680, im Alter von vermutlich sieben Jahren, wurde der Angelsachse Wynfreth (Winfrid), später in Rom Bonifatius genannt, als puer oblatus von seinem Vater ins Kloster gesteckt. »Im Kloster aber«, schreibt heute ein deutscher Gelehrter, »wuchs der ihm willenlos übergebene Knabe zu einem Manne von eigenem Willen heran« (Schramm). Ausgerechnet im Kloster! Ein Mann eigenen Willens? Als wäre Bonifatius nicht zeitlebens Rom sklavisch hörig gewesen!
    »Tag und Nacht«, behauptet der Priester Willibald in seiner im späteren 8. Jahrhundert zu Mainz geschriebenen Schwulstvita, habe sein Held im Kloster »wissenschaftliche Studien« betrieben, um sich »die ewige Seligkeit zu verschaffen«. Und im Frühjahr 716 reiste er samt all seinem Wissen zu den Friesen, wo er ungehindert predigen durfte. Da aber die fränkische Militärmacht ausfiel, ihm politische Unterstützung fehlte, war er ohne jeden Erfolg und verließ wieder »das unfruchtbare Land der Friesen ..., die ausgedorrten, des Taus himmlischer Befruchtung noch darbenden Gestade« (Vita Bonifatii). 6
    Bald jedoch ging Bonifatius auf eine neue propagandistische peregrinatio, jetzt aber mit einer »Missionsvollmacht« aus Rom. Papst Gregor II. (715–731) beauftragte ihn am 15. Mai 719 bei »allen im Irrtum des Unglaubens befangenen Völkern ... den Dienst am Reiche Gottes auszuüben«. Zu erforschen, so poesiegedüngt Biograph Willibald wieder, »ob die unbebauten Gefilde ihrer Herzen von der Pflugschar des Evangeliums zu beackern seien«. Und Bonifatius tat dies »mit einer großen Menge Reliquien« und »der klugen Biene vergleichbar, die nach ihrer Weise durch die Gefilde dahinfliegt, mit sanftem Flügelsummen die Fülle duftender Kräuter umflattert und mit prüfendem Rüssel ausspürt, wo die honigreiche Süße des Nektars sich birgt«. 7

Befreiung von »allem Unflat« bei Hessen, Thüringern und Sachsen – und etwas Blutvergießen
    Die honigreiche Süße des Nektars suchte »der größte Engländer« nun auf ausdrücklichen Wunsch des Papstes bei Hessen und Thüringern. Die Hessen waren noch ziemlich heidnisch, die Thüringer – bei denen die fränkischen Eroberer die ersten Kirchen wohl in ihren Zwingburgen erbauten – waren durch Sachseneinfälle und pagane Reaktionen teilweise wieder heidnisch geworden. Allerdings scheiterte Bonifatius, trotz honigsüßer Lehre, auch hier wieder rasch, teils an christlichen Bischöfen und Priestern, teils am fehlenden militärischen Rückhalt.
    Noch 719 zog er aus Thüringen fort und ging – über den Tod des Friesenherzogs Radbod »von hohen Freuden erfüllt« (Vita Bonifatii) – bis 721 nach Friesland, wo er sich dem greisen Missionar Willibrord unterstellte, übrigens, wie er selbst, »Oblate«, das heißt schon als Kleinkind geistig genotzüchtigt.
    Gestützt auf fränkischen Hochadel und fränkische Waffengewalt, hatte Willibrord seit 690 bei den von Pippin II. niedergeworfenen Westfriesen sowie, kurz und erfolglos, bei Dänen und Sachsen seine Erkenntnisse propagiert (S. 295). Mit geringen Neigungen offenbar zum Märtyrer, floh er vor Radbod und kehrte erst nach dessen Tod zurück. Nur die siegreichen Kriegszüge Karl Martells 718 und 720 (auch wohl schon wieder 722 und 724) gegen die Sachsen ermöglichten überhaupt den Christianisierungsbeginn, ihre Befreiung von den »Dämonen«, »vom Irrwahn« und »teuflischen Trug« (a diabolica fraude: Gregor II.). Unter Anrufung der Heiligen Dreifaltigkeit zerstörte Willibrord »Götzenbilder«, entweihte und ruinierte friesische Heiligtümer, tötete den Friesen heilige Tiere, wirkte staunenerregende Mirakel. Kurz, in Verbindung mit den Militärs Pippin und Karl Martell jätete er »das Unkraut des Unglaubens«, mühte er sich, »dieses erst vor kurzem durch Waffengewalt niedergeworfene Volk durch die Taufe zu erneuern« und »unverzüglich das ganze Licht des Evangeliums« zu verbreiten (Alkuin).
    721 trennte sich Bonifatius von Willibrord aus uns unbekannten Gründen. Er hatte es abgelehnt, sich von Willibrord zum Bischof weihen zu lassen, und kehrte in den hessisch-thüringischen Grenzraum zurück, wo er ein kleines Mönchskloster auf der Amöneburg gründete.
    Spuren des Christentums vor Bonifatius finden sich in Mittel- und Nordhessen bezeichnenderweise nur auf großen Burganlagen oder in deren nächster Umgebung. So war 721 auch Amöneburg, die hochgelegene fränkische Festung

Weitere Kostenlose Bücher