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Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter

Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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nicht davon abläßt, die Kirche Gottes anzugreifen und die römischen Provinzen zu verheeren«.
    Da König Desiderius die von Stephan beanspruchten Güter nicht herausgab, tat dieser alles, um die geplanten Verbindungen wie überhaupt Frieden und Versöhnung zwischen beiden Völkern zu unterbinden. In einer langen und von Gehässigkeit überschäumenden Epistel erinnerte er an die Eide der Könige als Kinder, erklärte die beabsichtigte Heirat für eine teuflische Eingebung, verunglimpfte sie als »Concubinat« und verbot sie feierlich unter Anrufung Gottes und kraft der Autorität des hl. Petrus. Er nannte es einfach Wahnsinn, daß sich das berühmte, alles überstrahlende Frankenvolk und sein herrliches, erlauchtes Königshaus beschmutzen wolle durch die Verbrüderung mit dem treulosen, greulich stinkenden Volk der Langobarden, »welches nicht einmal unter die Zahl der Völker gerechnet wird (quae in numero gentium nequaquam conputatur) und aus deren Nation das Geschlecht der Aussätzigen (leprosorum genus) hervorgeht«.
    Die kurialen Quellen, der Liber Pontificalis und die berühmten Briefe des Codex Carolinus (99 in der heute allein bekannten Handschrift sämtlich undatierte und fast ausschließlich päpstliche Schreiben an die Karolinger zwischen den Jahren 739 und 791), setzen die Langobarden fortwährend herab. Dabei waren sie damals den Römern bildungsmäßig, kulturell, durch eine bedeutende Kunst (wenn auch mit Hilfe byzantinischer Künstler), gewaltig überlegen. Auch religiös, inzwischen ja leider katholisch, erwiesen sie sich als höchst aktiv durch Gründung von Kirchen, Xenodochien und Klöstern. »Eine Welle von kirchlichen Stiftungen ging über das ganze Land ... Wir können ... sie nicht einmal aufzählen, da es zu viele sind« (K. Schmid). Der Papst aber fragt Karl, ob er der Stammvater von Aussätzigen werden wolle, und beschwört die Frankenfürsten bei Himmel und Hölle, keine Tochter des Desiderius heimzuführen, sondern der Römischen Kirche zur Rückgabe ihrer Güter zu verhelfen.
    Der Heilige Vater wird nicht müde, die jungen Frankenherrscher unter Druck zu setzen: »Ihr seid beide nach Gottes Willen und Ratschlag ... Es ist Euch wahrhaftig nicht erlaubt ... Ihr dürft nicht ... Bedenkt auch ... Erinnert Euch ... Vergeßt auch nicht ... Erinnert Euch ferner ... Bedenkt vielmehr ...« etc. Der Freund der Freunde des Papstes habe der Franke zu sein und der Feind seiner Feinde. Ergo könne es kein Bündnis geben mit »dem meineidigen Volk der Langobarden«, das doch »von jeher der Feind der Kirche Gottes gewesen«. Derart donnert sich der allerhöchste Römer rhetorisch zum finis operis heran: »Darum ermahnt Euch durch mich der Fürst der Apostel, der heilige Petrus, dem die Schlüssel des Himmelreichs von dem Herrn gegeben sind und die Gewalt, zu lösen und zu binden im Himmel und auf Erden, und gleichermaßen beschwören auch wir Euch samt allen Bischöfen, Priestern, Äbten, Mönchen und der ganzen Geistlichkeit, allen Großen und Richtern und dem ganzen Volk dieses Landes, bei dem lebendigen und wahrhaftigen Gott, bei dem furchtbaren Tag des Jüngsten Gerichts, bei allen göttlichen Geheimnissen und dem heiligen Leib des Apostels Petrus, daß doch ja keiner von Euch sich mit der Tochter des Königs Desiderius vermähle. Ebensowenig gebt Eure edle und von Gott geliebte Schwester Gisla dem Sohn des Desiderius zum Weib. Verstoßt auch nicht Eure Weiber. Bedenkt vielmehr, was Ihr dem heiligen Petrus versprochen habt. Erhebt Euch kräftig gegen unsere Feinde, die Langobarden, und zwingt sie, das Eigentum der Kirche Gottes und des römischen Staats herauszugeben.«
    Überdeutlich, was der Heilige Vater will: Krieg, Krieg, Krieg. Und zur größeren Wirksamkeit seines Schreibens legte er es auf das angebliche Petrusgrab, nahm darüber das Abendmahl, beteuerte, es unter Tränen abzusenden, und drohte nach derartigem Zauber – finis coronat opus: »Wenn jemand gegen den Inhalt dieser unserer Beschwörung zu handeln wagen sollte, so soll er wissen, daß er ... mit der Fessel des Anathem's umstrickt ist, ausgestoßen vom Reiche Gottes und verurteilt mit dem Teufel und seinem schrecklichen Höllenpomp und den übrigen Gottlosen im ewigen Feuer zu verbrennen.« 12
    Es ist die erste Bedrohung eines Frankenkönigs mit dem Anathem. Karl heiratete gleichwohl die langobardische Prinzessin. An Weihnachten 770 nahm er sie in Mainz zur Frau. Mutmaßlich aus persönlichen wie politischen Gründen verstieß

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