Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert
880 das Verbot.
Swatopluk selbst, der Herr Groß-Mährens, stand zwar politisch hinter Method, neigte persönlich aber mehr westlicher »Kultur«, vor allem dem Papsttum zu. So ließ er seinen Günstling, den im Kloster Reichenau erzogenen schwäbischen Mönch Wiching in Rom zum Bischof von Neutra wählen, Swatopluks früherem Sitz. Darauf wurde Wiching der Suffragan des Methodios. Er intrigierte jedoch unausgesetzt gegen dessen Missionsprogramm – obwohl es Johann VIII. im Juni 880 durch die Bulle »Industriae tuae« genehmigt und überraschenderweise gegen Wiching entschieden hatte, nachdem der nach Rom zitierte Method die Bezichtigung der »Ketzerei« restlos widerlegen konnte.
Papst Stefan V. (885–891) aber, der unter dem Einfluß des fränkischen Klerus stand, untersagte endgültig den slawischen Messekanon und ließ ihn durch den römischen Ritus ablösen, »die letzte bedeutsame kirchliche Entscheidung eines karolingerzeitlichen Papstes« (Handbuch der Europäischen Geschichte). Denn dadurch wurde ein Teil der West- und Südslawen für immer in den lateinischen Westen einbezogen. Stefan V. verwarf »die falsche Lehre gänzlich« und empfahl dem »König der Slawen« wärmstens Bischof Wiching als rechtgläubig. Doch erst nach Methods Tod um 885/886 war Wiching gegen den von Method gewünschten Nachfolger erfolgreich.
Methods Versuch, in Anlehnung an Byzanz eine slawische Nationalkirche zu schaffen, war vollends zusammengebrochen. Der bayerische Episkopat hatte auf der ganzen Linie gesiegt. Ein großer kirchlicher Umschwung erfolgte. Die lateinische Liturgie trat wieder anstelle der slawischen, die fränkische Kirchenprovinz anstelle der mährischen, Slowenen und Kroaten kamen wieder unter die römisch-katholische Knute, die byzantinische Mission war in Mähren für alle Zeit beendet. Wie in Bulgarien der Osten, hatte in Mähren der Westen sich durchgesetzt. Fortan lief die Scheidelinie zwischen griechischem und römischem Christentum, zwischen dem größeren slawischen Südosteuropa und dem kleineren Westteil der Slawen, mitten durch die Südslawen, mitten durch den Balkan, standen Byzanz und Rom hier einander feindlich gegenüber mit all den katastrophalen Folgen noch im 20. Jahrhundert, besonders im Zweiten Weltkrieg sowie im Balkankrieg der neunziger Jahre.
Der »slawische« Klerus, der Anhang des Methodios, wurde 886, vor allem unter dem Einfluß des Bischofs Wiching, längere Zeit eingekerkert, zum Teil angekettet, dann aus Mähren vertrieben, von wo er zumeist nach Bulgarien, aber auch auf serbisches und kroatisches Gebiet floh. Zugleich wurde in Mähren die slawische Liturgie ausgerottet, ein kostbarer Handschriftenschatz altslawischer Schule barbarisch zerstört. Entgegen der Verfügung seines Vorgängers erließ Stefan V. ein absolutes Verbot des Slawischen im Gottesdienst und ernannte den Ostfranken Wiching zum Erzbischof von Neutra. Keinerlei altkirchenslawische Tradition blieb erhalten, in Mähren so wenig wie in Böhmen.
Erst im 14. Jahrhundert stiegen Konstantin-Kyrill und Methodios zu den Landespatronen von Mähren auf, ja, sie wurden jetzt schlagartig zu typischen »Modeheiligen«. Dabei steht eindeutig fest, daß es vor 1347 in Böhmen und Mähren überhaupt keine kultische Verehrung der beiden Missionare gab. Auch Reliquien –»begreiflicherweise sehr dubioser Art« (Graus) – wurden erst jetzt »entdeckt«. 44
4. Kapitel
Johann VIII. (872–882): Ein Papst, wie er im Buch steht
»Derjenige, der von uns zur Kaiserwürde erhoben werden soll, muß auch von uns zuerst und hauptsächlich von uns berufen und erwählt werden.«
Papst Johann VIII. 1
»...die Welt hatte begriffen, daß es bei dem, was er gleich seinen Vorgängern erstrebte und forderte, um weltliche Rechte und irdische Herrschaft, nicht um Glauben und Kirche ging«.
Johannes Haller 2
»In Rom war nämlich der Bischof des apostolischen Stuhles verschieden, Johannes mit Namen; dieser hatte schon früher von seinem Verwandten Gift erhalten, jetzt aber wurde er von demselben und zugleich anderen Genossen seiner Freveltat ..., da sie sowohl seinen Schatz wie die Leitung des Bistums an sich zu reißen dürsteten, so lange mit einem Hammer geschlagen, bis dieser im Gehirn stecken blieb.«
Annales Fuldenses 3
»Keine Frage: in Italien herrschte die völlige Anarchie ... Von den neun Päpsten, die in den kommenden zwölf Jahren in rascher Folge den Stuhl Petri bestiegen, ist kaum einer eines normalen Todes
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