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Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
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gestorben.«
    Karl Kupisch 4

Von Hadrians Nachfolger, dem bereits hochbetagten gebürtigen Römer Johann VIII., einem der bekanntesten Päpste zwischen Nikolaus I. und Gregor VII., meinte selbst der relativ kritische Katholik Kühner: »Sein ganzes Streben galt dem Frieden und der Gerechtigkeit«. Tatsächlich aber war Johann VIII. ein äußerst zweideutiger, ein buchstäblich nach allen Seiten konspirative Fäden spannender, nichts als der Macht nachjagender, ja, von traurigem Kriegsruhm umglänzter Papst. Keiner vor ihm hat so viele Bannsprüche gefällt, keiner vor ihm so gewissenlos, so versiert sich jedem Wechsel des Zeitlaufs angepaßt, wenn auch genug seiner Vorgänger schon ähnlich ungeniert kirchliche Macht rein politischer Ziele wegen auszuspielen pflegten.

Frische Initiative oder Der erste Papst-Admiral
    Inspiriert von Gregor I., von Nikolaus I., seinen Vorbildern, forcierte er die päpstliche Führungsrolle. Wie Leo IV. St. Peter, das vatikanische Viertel, die »Leostadt«, in eine Festung verwandelt hatte, so ummauerte Johann VIII. die Paulsbasilika samt der ganzen dortigen Vorstadt, die er »Johannipolis« nannte. Und wie bereits Vorgänger Hadrian – nachdem er Ludwig II. von einem (durch den beneventanischen Herzog Adelchis 871 abgepreßten) Eid großzügig gelöst – den Kaiser aufgeputscht hatte »zur Erneuerung des Kampfes« (Regino von Prüm), so begleitete auch Papst Johann mit markigen Bibelsprüchen Ludwigs Sarazenenkrieg und sprach, ähnlich wieder wie Leo IV. (S. 177 ff.), alle von ihren Sünden los, die »in katholischer Frömmigkeit gegen Heiden und Ungläubige fallen«, und verhieß ihnen ebenfalls den Frieden des »ewigen Lebens«.
    Auch hielt dieser Stellvertreter Christi sich Soldaten, erbat vom König von Galicien maurische Kavallerie und begründete vermutlich das Amt des Vorstandes der Schiffswerften, sicher aber, in einer »frischen Initiative« (Katholik Seppelt), die erste päpstliche Marine: truppenbesetzte, mit zwei Kastellen bewehrte, nebst Maschinen zum Schleudern, Brennen, Entern bestückte und von Galeerensklaven geruderte Boote. Ja, er leitete selber militärische Unternehmen, machte als erster Papst-Admiral persönlich Jagd auf Sarazenen, wobei er viele dieser – so nannte er sie wahrhaft heilig-väterlich – »wilden Tiere« umbringen und ihnen beim Kap der Circe 18 Schiffe wegnehmen konnte – ein »Heldenstück« (Katholik Daniel-Rops). Nicht zuletzt suchte er Christen – über die er, taten sie sich mit Sarazenen zusammen, den Kirchenbann verhängte – durch beträchtliche Bestechung von jeder Kollaboration abzuhalten. 5

Johanns Geschäfte mit Karl dem Kahlen, dem »Retter der Welt«

    Nach Kaiser Ludwigs II. Tod beanspruchten Ludwig der Deutsche und Karl der Kahle, die beiden Onkel des Verstorbenen, die Kaiserkrone. Johann VIII. schickte also seine Legaten zu Karl, der italienische Klerus entschied sich darauf gleichfalls für ihn, und »der Tyrann Galliens« drang alsbald über den Großen St. Bernhard in Italien ein, wo er »mit gekrümmter Hand alle Schätze zusammenraffte, die er finden konnte« (Annales Fuldenses). Dagegen wurden die (im Auftrag ihres Vaters) über die Alpen rückenden Ostfranken Karl III. und Karlmann nur von dem Markgrafen Berengar von Friaul, dem späteren König und Kaiser, unterstützt (seine Mutter Gisela war eine Tochter Ludwigs des Frommen).
    Ludwig der Deutsche aber benutzte die Abwesenheit des Bruders, um – wie schon anno 858 (S. 141 f.) – in Westfranken einzufallen; ein reiner Rachezug. Das königliche Heer, melden die Annales Fuldenses, »raubte und verwüstete alles, was es fand«. Zwar verbanden sich die westlichen Magnaten unter Eid zur Abwehr der Invasoren, ruinierten jedoch ihrerseits Karls Reich, »indes sie es selbst wie Feinde ausplünderten«. Ja, so mancher Graf und Bischof lief zu Ludwig über, indes der brandschatzende Ostfranke »das Geburtsfest des Herrn in Attigny« beging, und nach dem Überfall in der Pfalz Frankfurt »die Fastenzeit und das Osterfest« (Annales Bertiniani).
    Karl der Kahle freilich, doch schon von Nikolaus I. durch »göttliche Eingebung« in Aussicht genommen und designiert, verfügte unstreitig über die stärkste Macht, so daß er Papst Johann wohl gegen römischen Adel wie gegen Araber beistehen konnte, mit denen Fürsten und Städte immer wieder beutegierig sich verbanden – und nach Beute hungerte auch Johann sehr. Zugleich aber war Westfranken derart von räuberischen Dänen

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