Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
Vom Netzwerk:
nennt, der Gott mehr liebt als sein eigen Fleisch und Blut, der das Christenvolk in Gerechtigkeit und Heiligkeit wie ein guter Hirte regiere! (Nebenbei: als bei einer kroatischen Revolution ein führender Bundesgenosse der Griechen fiel und der Täter und Nachfolger sich auf Roms Seite schlug, pries Johann VIII. gleichfalls den Fürstenmörder und verhieß ihm Sieg über alle sichtbaren wie unsichtbaren Feinde.)
    Bischof Athanasius von Neapel aber, nun auch Herzog dort, wurde der gelehrige Schüler seines römischen Herrn. Alsbald wechselte er die Front. Er spielte jetzt die Rolle des liquidierten Bruders und schloß sich noch enger als dieser den Moslems an. Kein Gold und Bannfluch des Papstes, der mit beiden um sich warf wie noch kaum einer, hielt ihn vom Bündnis mit den »Ungläubigen« ab. Er nahm sie als Besatzung in den Hafen von Neapel auf, ließ sie vor den Stadtmauern, ließ sie am Vesuv siedeln, worauf sie Gaeta, Salerno samt den langobardischen Herzogtümern bis Spoleto und Benevent brandschatzten.
    Erst als sie Neapel selbst bedrängten, Waffen, Pferde, Weiber requirierten und der Papst den Bischof durch Geld bestach, vertrieb dieser seine Bundesgenossen, wurde mit der Stadt vom Bann gelöst – und holte sogleich, darauf abermals gebannt, neue Sarazenen aus Sizilien, um dann noch einmal die Seite zu wechseln, jetzt wieder zum Papst zu stehen und gemeinsam mit Aufgeboten von Rom, Capua, Salerno über seine jahrelangen Helfershelfer herzufallen. Johann aber hatte ihm die Auslieferung oder Tötung der gefangenen Moslemführer zur Bedingung für seine Wiederaufnahme in die Kirche gemacht. Er forderte von dem Bischof, ihm namentlich benannte vornehme Sarazenen zu überstellen und die anderen über die Klinge zu jagen. Doch dann wurde Papst Johann selbst tief gedemütigt, mußte er jährlich Tributzahlungen an die Sarazenen vornehmen und für 25000 Silberlinge den einstweiligen Frieden erkaufen.
    Die ungläubigen Teufel aber ließen sich bei Paestum nieder. Wieder andere setzten sich, vom Herzog Docibilis I. von Gaeta aus Furcht vor dem Papst gerufen, an der Mündung des Garigliano fest, von einem mächtigen Kastell aus jahrzehntelang Kampanien, Tuszien, die Sabina bis in die Gegend Roms verheerend. Und wie schon Amalfi, doch viel kostspieliger noch, bestach Johann jetzt das durch seine Lage wie Flotte wichtige Gaeta, indem er ihm zur Erweiterung seines knappen Terrains 882 das küstennahe Hinterland mit Fondi und Traetto (heute Minturno) gab.
    Selbst die größten Klöster Süditaliens, wie S. Vincenzo am Volturno und Monte Cassino, legten die Sarazenen 881 und 883 in Schutt und Asche; dagegen nicht, wie oft behauptet, das kaiserliche Farfa im Sabinischen, neben dem lombardischen Nonantula damals Italiens schönstes Kloster und reich wie ein Fürstentum. Sieben Jahre lang verteidigte es Abt Petrus, brachte seine Schätze in Sicherheit und verließ die Abtei. Während die Araber das Monasterium wegen seiner Schönheit schonten, brannten es christliche Räuber der Gegend ab, worauf es dreißig Jahre verwüstet lag. »So war die Furcht katholischer Fürsten vor den irdischen Entwürfen eines Papstes eine der wesentlichsten Ursachen, welche die Sarazenen in Unteritalien sich befestigen ließ« (Gregorovius). Oder wie Johannes Haller resümiert: »Die Politik des Papstes in Unteritalien war von vollständigem Mißerfolg gekrönt«; »die Welt hatte begriffen, daß es bei dem, was er gleich seinen Vorgängern erstrebte und forderte, um weltliche Rechte und irdische Herrschaft, nicht um Glauben und Kirche ging, und für diesen Kampf als ewigen Lehnssold das Paradies zu verheißen, hätte er nicht denken dürfen.« 27
    Wie Johann VIII. nach außen seine Machtkämpfe führte, so auch nach innen, und zwar ebenso gegen einflußreiche Kleriker wie Adelsgeschlechter.

Johanneische Spießgesellen und erster Papstmord

    Besonders beargwöhnt, wohl auch gefürchtet, hat Johann den Bischof Formosus von Porta (864–876). Dieser war bereits unter früheren Päpsten hervorgetreten. Unter Nikolaus I. als Bulgarenmissionar und Begründer der bulgarischen Kirche, wobei allerdings seine Erhebung zu ihrem Erzbischof gescheitert ist; unter Hadrian II. als Legat in Konstantinopel sowie in anderen Missionen. Johann aber exkommunizierte den Bischof am 19. April 876 wegen angeblicher Konspirationen gegen Kaiser und Papst, ein sogar mehrfach erneuertes Urteil. Er entsetzte ihn auch seines Bistums und jedes geistlichen Grades. Vielleicht

Weitere Kostenlose Bücher