Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert
33,1] und da wir doch ins Feld ziehen, den Bauch vollgeschlagen mit Geraubtem?« 30
5. Kapitel
Normannennot und Kaiser Karl III. der Dicke
»Karl aber, der den Kaisertitel führte, zog mit einem großen Heere gegen die Normannen und gelangte bis vor ihre Befestigung; da aber sank ihm das Herz und durch Vermittelung mehrerer erreichte er durch Vertrag, daß sich Gotfrid mit den Seinigen taufen ließ und Friesland, sowie die anderen Güter, welche Rorich besessen hatte, wieder zu Lehen nahm.«
Annales Bertiniani 1
»Als der Kaiser ihrer listigen Kunstgriffe und des Zusammenspiels ihrer Umtriebe inne wurde, verhandelt er mit Heinrich, einem sehr klugen Manne, in der geheimen Absicht, durch eine List den Feind, den er in das äußerste Ende des Reiches eingelassen hatte, aus dem Wege zu räumen; ... beschloß er es mehr mit einem Kunstgriff als mit Gewalt zu versuchen. Die Gesandten fertigte er demnach mit unklarem Bescheid ab und ließ sie zu Godefrid zurückkehren unter der Versicherung, er würde durch seine Boten auf alle Gegenstände ihrer Sendung eine Antwort erteilen, wie sie sowohl ihm als Godefrid geziemte, nur damit er weiterhin in der Treue verharre. Hierauf schickte er Heinrich zu jenem Mann und mit ihm, um den Betrug, der im Werke war, zu verbergen, Willibert, den ehrwürdigen Bischof von Köln ... Und in der Tat Godefrid stirbt, nachdem ihm zuerst Everhard den Hieb versetzt, dann Heinrichs Begleiter ihn durchbohrt hatten, und alle Normannen, welche sich auf der Betuwe vorfanden, werden niedergemetzelt. Nur wenige Tage später wird Hugo auf den Rat des nämlichen Heinrich durch Versprechungen nach Gondreville gelockt und hinterlistig gefangen genommen, auf Befehl des Kaisers werden ihm von demselben Heinrich die Augen ausgestochen ... Hiernach wird er nach Alamannien in das Kloster des heiligen Gallus geschickt ... schließlich wurde er zur Zeit des Königs Zwentibolch im Kloster Prüm von meiner Hand geschoren.«
Abt Regino von Prüm 2
Fürstensterben in Ost- und Westfranken
Vom nahen Frankfurt schickte der todkranke König Ludwig III., der Sieger von Andernach, ein Heer gegen die Eindringlinge. Doch als er am 20. Januar 882 »für die Kirche und das Reich« starb, wie es heißt, »nach einem Leben ohne Gewinn für sich« (Annales Bertiniani), kehrten seine Truppen, bereits vor dem befestigten Standlager in Elsloo stehend, wieder um, verfolgt von den Normannen, die Ludwigs Tod bejubelten, sengend und brennend bis Koblenz vorstießen und dann sich moselaufwärts wandten. Am 5. April, »am Tage des heiligsten Abendmahles des Herrn«, überfielen sie Trier, das sie plünderten und »gänzlich verbrannten, nachdem sie die Einwohner teils verjagt teils getötet hatten« (Annales Fuldenses). Als sie gegen Metz zogen, fiel Ortsbischof Wala »in der Schlacht« (Regino von Prüm).
Im Westen war seinerzeit Ludwig III., der Sieger von Saucourt, bereits unterwegs, um weitere Feindesscharen im Loiregebiet zu stoppen, starb jedoch am 5. August 882, erst etwa zwanzig Jahre alt (weil er, verraten die Annales Vedastini, angeblich »im Scherz«, iocando, zu Pferd hinter einem Mädchen her, zu heftig gegen den Türsturz ihres Vaterhauses prallte). Zwar setzte sein Bruder Karlmann den Kampf fort, mit wechselndem Erfolg und einer enormen Zahlung von 12000 Pfund Silber, erlag indes, erst 18jährig, im Dezember 884 einem Jagdunfall im Wald von Bézu (bei Andelys) – nicht durch einen Eber, wie man zunächst hörte, sondern, versichern die Annalisten, »unfreiwillig«, durch einen Weidgenossen, einen seiner Dienstmannen, »der ihm helfen wollte«. Beide Könige wurden in St. Denis bestattet. Zwar hatte Ludwig II. der Stammler, von seiner zweiten Frau Adelheid noch einen Sohn. Da dieser aber, der nachmalige Karl III. der Einfältige, noch ein fünfjähriges Kind war, erhofften sich die Großen des Landes nun Hilfe von Karl III. dem Dicken und luden ihn nach Westfranken ein. 6
Karl der Dicke, dem alles zufällt und alles mißlingt
Der jüngste Sohn Ludwigs des Deutschen, Karl III. (839–888), der den Beinamen »der Dicke« (Crassus) erst im 12. Jahrhundert von Historikern bekam, die damit wohl seine spärliche Energie ausdrücken wollten, war der Erbe des kleinsten Reichsteiles – Alemannien und Elsaß – und zunächst ungewöhnlich erfolgreich. Doch hatte er einfach Glück. Ohne Ehrgeiz, Tatendrang, ohne Machtgier fiel ihm alles zu wie von selbst: 880 Italien, 881 die Kaiserkrone, dann das gesamte
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