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Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
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aufgeopfert, weil sie ihren theologischen Geisterwahn zum Unterricht schlechthin gemacht haben, so daß noch Thomas von Aquin das Streben nach Erkenntnis »Sünde« nennen konnte, wenn es nicht »die Erkenntnis Gottes« bezweckt (vgl. auch I 26 ff.).
    So ließ sich noch jeder Wahnsinn, auch der monströseste, mühelos verbreiten und verinnerlichen, je toller, desto schöner! Nicht nur der große Haufen: illiterati et idiotae. »Ein verzücktes Volk«, höhnt Voltaire, »das hinter ein paar Schwindlern herläuft, genügt; mit der Ansteckung mehren sich die Wunder – und nun ist die ganze Welt verrückt.«
    Bis tief in die Neuzeit vegetieren die christlichen Massen im Zustand völligen Analphabetentums. Ja, warum denn! Doch auch die Aristokratie, die Mehrheit der Fürsten: bis in die Stauferzeit nicht schreibkundig. Nur eines hatte dieser Christenadel besser als alles gelernt, nicht die Nächsten-, nicht die Feindesliebe, nicht die Frohe Botschaft, nein: schlachten, schlachten, schlachten! 17
    931 zieht Heinrich gegen die Obodriten. 932 wird das 10000 Einwohner zählende Liubusua, Zentrum des Slavenstammes der Lusici (nach neuesten Forschungen im Kreis Luckau gelegen), erobert und niedergebrannt, achtzig Jahre später die durch eine deutsche Besatzung gesicherte Burg von Boleslaw Chrobry, dem Polenfürsten, genommen. (Es geschah im zweiten der drei Kriege, die Kaiser Heinrich der Heilige, mit Heiden im Bunde, gegen den Polen führte, den man seinerseits immerhin als Ideal des christlichen Herrschers feierte, als rex Christianissimus und athleta Christi; Rühmungen, deren sich Boleslaw u.v.a. auch dadurch würdig erwies, daß er am 20. August 1012 bei der Einnahme von Liubusua ein »jammervolles Blutbad« veranstaltete [Bischof Thietmar] und die Burg abermals niederbrannte.) Heinrich I. machte seinerzeit die Lausitz tributpflichtig, ebenfalls, durch einen Feldzug 934, die Uckermark. »Kein Wunder, daß solche Taten auch die Kirche begeisterten«, schwärmt man noch im 20. Jahrhundert. »Mitgerissen von dem Strom des Lebens, der mit Heinrich aufquillt, kommt auch das kirchliche Leben in Fluß ...« (Schöffel). 18
    Das gilt sogar noch für den Norden. Im selben Jahr nämlich, 934, besiegt Heinrich in einem blutigen Krieg gegen die als fast unüberwindbar geltenden, in ganz Westeuropa gefürchteten Dänen deren Unterkönig Gnuba, den Beherrscher von Haithabu, macht ihn zinspflichtig und zu seinem Vasallen. Nicht zuletzt aber schuf der König dadurch auch im Norden eine neue Basis für die Ausbreitung des Gottesreiches auf Erden. Brachte er so doch die Heiden »von ihrem alten Irrglauben ab und lehrte sie das Joch Christi tragen« (Thietmar). Denn getreu der alten Strategie: erst das Schwert, dann die Mission, begann gleich nach dieser Niederlage Erzbischof Unno von Hamburg-Bremen in Dänemark und Birka die Bekehrungsarbeit. Bald danach fiel Gnuba im Kampf gegen den nordjütischen König Gorm, unter dessen Sohn König Harald Blauzahn die Dänen Christen werden. 19
    Im Osten freilich hatte man jetzt die wildesten Teufel vor sich und noch längst nicht im »Joch Christi«.

»...jahrelange Erziehungsarbeit«

    Die Ungarn, »fürchterlich an Tracht und Körperbau«, wie Mönch Widukind, »das sehr wilde und alle Raubtiere an Grausamkeit übertreffende Volk«, wie Abt Regino von Prüm seinerzeit schreibt, Männer mit »greulichem Grunzen«, mit »hundeartigem Geheul«, so Ekkehard IV. von St. Gallen, kurz, die »Kinder des Teufels« (filii Belial, Annales Palidenses), waren erstmals 894 über die Donau in die Pannonische Mark, anno 900 erstmals in Bayern eingefallen. Seitdem verwüsteten sie häufig süddeutsche Gegenden, und die Kirche hatte große – vordem freilich selbst geraubte – Gebiete verloren. Die Bistumsgrenzen von Passau und Salzburg waren schon zu Beginn des 10. Jahrhunderts bis an die Enns und den Alpenabhang zurückgeschoben – wie blutig auch immer sogar die Seelenhirten sich wehrten: nach der Schlacht bei Preßburg am 4. Juli 907 lagen mit dem ganzen bayerischen Heer auch die Bischöfe von Salzburg, Freising und Seben tot auf dem Schlachtfeld.
    Nach Sachsen und damit in den Norden stießen die Eindringlinge erstmals 906 vor, als der junge Heinrich auf Befehl seines Vaters den Kriegszug gegen die Daleminzier geführt und diese schwer gebrandschatzt hatte. Von ihnen zu Hilfe gerufen, verheerten die Ungarn darauf fürchterlich das Land. Sie töteten viele Sachsen, schleppten andere gefangen mit sich und

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