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Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
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deutsche Volk stetig zu, wurden die Elbslawen (die Abodriten, Wilzen, Redarier, Ukrer, Heveller, Sorben, Milzener, Daleminzier) mit ungewöhnlicher Härte fortwährend dezimiert, ihre Dörfer hundertweise zerstört, ihre Menschen ermordet, vertrieben, deportiert. »Fremdherrschaft ist das größte Elend«, klagt Bischof Thietmar, denkt dabei aber, wie das einem christlichen Oberhirten zusteht, natürlich nur an die Unterdrückung des eigenen Volkes. (»Thietmars Chronik verlangt, lieber Leser«, so er selbst im Prolog I, »nach etwas Geneigtheit ...«)
    Heinrich I. war schon 906 im Auftrag seines Vaters gegen den nordwestslawischen Stamm der Daleminzier gezogen. Derart bewies er »seine Befähigung zum Krieger« und kehrte »nach schweren Verwüstungen und Brandschatzungen erfolgreich« (Thietmar) zurück, was übrigens den ersten Ungarneinfall in Sachsen nach sich zog. Selbstverständlich hat Heinrich, wie jeder Sachse, die Wenden gehaßt und ihnen gegenüber keinerlei Unrecht gekannt: einer in Merseburg aus lauter Banditen, aus Dieben und Räubern rekrutierten und angesiedelten Truppe, der »Merseburger Legion« (die noch unter Otto »dem Großen« ins Feld zog, bis sie durch Boleslav I. von Böhmen vernichtet worden ist), erlaubte er gegen Wenden jedes Verbrechen. Und unentwegt ergänzte er sein Gangsteraufgebot. Wann immer er nämlich sah, »daß ein Dieb oder Räuber ein tapferer Mann und tüchtig zum Kriege sei, erließ er ihm die gebührende Strafe und versetzte ihn in die Vorstadt von Merseburg, gab ihm Äcker und Waffen und befahl ihm, die Mitbürger zu verschonen, gegen die Barbaren aber, soviel sie sich getrauten, Raubzüge zu machen. Die aus solchen Leuten gesammelte Menge also stellte eine vollständige Heerschar zum Kriegszuge.« Und Merseburg, direkt an der Grenze zum Slawenland gelegen, war selbstverständlich eine gute Ausfallbasis. Sieben Jahre seiner 17jährigen Regierungszeit benutzte der König zum Kampf gegen die elbslawischen Völker, tief ungerechte, bloß Unterwerfung und Ausbeutung bezweckende Kriege – einer »jener großen Führer ..., wie das Schicksal sie unserem Volke nur einmal im Jahrtausend gibt« (Lüdtke). 15
    928, Heinrich stand bereits im 52. Lebensjahr – nach manchem Historiker nun ein vollausgereiftes »Genie« –, eröffnete er die deutsch-hevellischen Kämpfe, »viele Kämpfe«, wie Widukind betont, die bis zum Beginn der vierziger Jahre dauern. Dabei nutzte der König einen mit den Ungarn geschlossenen Frieden und überfiel plötzlich im Winter, sehr ungewöhnlich seinerzeit, die Heveller, einen Teilstamm der Wilzen, jenseits der Elbe, an der mittleren Havel. (Von diesem Fluß, von seinem germanischen Namen Habula, ist der ursprüngliche Stammesname der Heveller, Habelli, abgeleitet; wie man denn auch annimmt, daß nach der slawischen Einwanderung im 6. Jahrhundert die germanische Restbevölkerung mit den Slawen sich vermischt und den Hevellerstamm gebildet hat; eine Wurzel der späteren Mark Brandenburg.)
    Bei Heinrichs Anschlag auf die Heveller hatte ihn sein 16jähriger Sohn Otto begleitet – eine gute Schule für das Leben. Sonst konnte der Sprößling damals weder Lesen noch Schreiben, wie der gekrönte Vater zeitlebens, dessen immerhin mächtige Körpergestalt laut Widukind der herrscherlichen Würde erst die rechte Zierde verlieh! Auch trinkfest war der Fürst. Und ein großer Jäger, dessen Ende sich allerdings selbst auf der Jagd ankündigte (S. 409), auf der er manchmal »auf einem Ritt vierzig oder noch mehr Stück Wild erlegte« (Widukind; vgl. S. 585 Anm. 13!); wenn es nicht Jägerlatein ist. (Auch Latein verstand Otto nicht.) Doch das Menschenschlachten. Virtuos praktizierten es Vater wie Sohn. Und Nachfahren wie Vorfahren. Die Christen insgesamt, zumal ihre Edelauslesen.
    Nach vielen Gefechten nahm man bei strengem Frost den wassergeschützten Hauptstützpunkt der Heveller, die strategisch besonders günstig gelegene Burg Brennabor (Brandenburg) – sie sollte später noch zehnmal den Besitzer wechseln (und nach einer angeblich gut begründeten Mutmaßung bereits das Ziel Karls »des Großen« bei seinem Wilzenzug von 789 gewesen sein). 948 wird in der Vorburg die älteste Bischofskirche etabliert. Und das mittlere Havelgebiet um die Brandenburg bildete dann die durch Otto I. dem Markgrafen Gero (S. 450 ff.) unterstellte Nordmark.
    Gleich nach Eroberung der Brandenburg bezwang der König, unter Verwüstung ihres Landes, die südwärts im Raum um Meißen

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