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Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
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Reihe von Gebieten, die das Papsttum für sich beanspruchte. In der Pentapolis z.B., die man in Rom zum Patrimonium Petri zählte, erzwang er einen Eid der Bewohner, der sie zu seinen Untertanen machte. Auch scheint Otto den päpstlichen Schwindel erkannt zu haben, zu dessen besserer Durchsetzung damals der Kardinal Johannes (digitorum mutilus) von dem vor über zweihundert Jahren gefälschten Constitutum Constantini (IV 405 ff.) eine Prunkabschrift »mit goldenen Lettern« hergestellt hat, um bei Ottos Kaiserkrönung die »Konstantinische Schenkung« offiziell demonstrieren zu können.
    Kurz nach der Krönung erlaubte Johann XII. – ein alter Wunsch Ottos – auch die Errichtung eines Erzbistums in Magdeburg und war ebenso mit der Gründung des Bistums Merseburg einverstanden. Schließlich hatte der deutsche Herrscher, wie der katholische Papsthistoriker Seppelt dies nennt, eine »großzügige Ostpolitik gegenüber den Slawenstämmen« getrieben (vgl. S. 450 ff., 455 ff.).
    Ein am 12. Februar 962 ausgestelltes Papstprivileg spricht von der Vorgeschichte dieser Ereignisse, auch von der Ungarnschlacht sowie weiteren Kämpfen gegen das Heidentum »zur Verteidigung der heiligen Kirche Gottes« (ad defensionem sanctae Dei ecclesiae). Denn Verteidigung heißt hier nie nur oder auch nur in erster Linie Abwehr, sondern vor allem Angriff, Ausgriff, »Ausweitung des christlichen Glaubens«, heißt an der langen Ostgrenze des Reiches die lockende Möglichkeit nutzen, »neue Völker für das Christentum zu gewinnen. Der Sieg über die Heiden, Ungarn und Slaven, war eine materielle Voraussetzung für die Mission ...« (Büttner). 68

Der Papst konspiriert mit allen Reichsfeinden

    Noch Mitte Februar 962 kehrte Otto nach Oberitalien zurück, wo er Berengar, der sich samt Anhang in verschiedene Kastelle zurückgezogen, bis gegen Ende 963 bekämpfte. Bald schon konnte er Berengars Verbündeten, Markgraf Hubert von Tuszien, König Hugos Sohn, vertreiben, gegen den nächsten Jahreswechsel auch den Berengarsohn Adalbert. Hubert floh zu den Ungarn nach Pannonien, Adalbert zu den Sarazenen, erst in die Provence nach Fraxinetum, dann nach Korsika.
    Doch da erreichten Otto auch schon schlimme Meldungen aus Rom. Denn so wenig wie der fromme Kaiser, hielt der unfromme Papst sein Versprechen, als er davon nicht die erwarteten Vorteile erlangte, vielmehr Ottos Macht zu fürchten begann, so daß beide Häupter der Christenheit einander gegenseitig des Eidbruchs bezichtigten.
    Der Papst nämlich, der dem Kaiser feierlich Treue geschworen, ging nun, während dieser Berengar bekriegte, zu den ehemaligen Feinden über. Er konspirierte, kaum daß Otto Rom den Rücken gekehrt, mit halb Europa und darüber hinaus. Nach allen Seiten jagte er seine Agenten. In hochverräterischer Absicht kontaktierte er mit Byzanz. Aber eben dabei wurde Kardinal Johannes, mit dem Bischof von Velletri samt Geheimpost nach Konstantinopel unterwegs, durch den (langobardischen) Fürsten Pandulf I. von Capua und Benevent (genannt »Eisenkopf«: 961–981) aufgegriffen und vor Otto gebracht. (Der Fürst war ein treuer Kaiseranhänger – und sein Bruder Johann, auf daß auch hier möglichst viel in der Familie blieb, der erste Erzbischof von Capua.) Der Papst distanzierte sich sogleich, beschuldigte seine Gesandten als »Treubrüchige« (infideles), erregte sich künstlich über den Kaiser, der sie aufgenommen habe, und rächte sich 964 grausam an seinem Kardinal (S. 506).
    Heiligkeit konspirierte auch mit den alten Christenfeinden, den heidnischen Ungarn. Als Missionare getarnte Legaten sollten sie anscheinend zu neuen Einfällen in Deutschland reizen. Doch auch die päpstlichen Briefe an die Ungarn fielen Otto in die Hand, schwerbelastendes Material, das der Papst als gefälscht und dem Kaiser absichtlich zugespielt hinstellte.
    Ja, Johann XII. steckte sich noch hinter kaiserfeindliche italische Kreise, obschon es die teilweise mit den Sarazenen hielten. So machte er mit seinem einstigen Gegner König Adalbert, dem ältesten Sohn Berengars, gegen den er doch zuvor Ottos Hilfe angerufen und zu dem er, wie gerade erst geschworen, nie abfallen wollte, nun gemeinsame Sache. Und Adalbert, im Herbst 962 vor Otto nach Fraxinetum geflüchtet, dem bekannten arabischen Seeräubernest an der provencalischen Mittelmeerküste – ausnahmsweise einmal eine Piraterie auf »privater«, nichtstaatlicher Basis (H.R. Singer) –, ging seinerseits wieder mit den dortigen Sarazenen ein

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