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Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
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Bündnis ein; zehn Jahre später wird ihr Stützpunkt durch ein burgundisch-provencalisches Heer mit Hilfe einer byzantinischen Flottenblockade ausgehoben und der überlebende Araberrest versklavt. Jetzt setzte Adalbert via Korsika aufs Festland über und kam im Juni 963, mit allen Ehren empfangen, nach Rom. Berengar II. aber kapitulierte noch Ende desselben Jahres in der Apenninfestung St. Leo (westlich von San Marino), wurde nebst Gattin Willa nach Bamberg verbannt und starb dort am 6. August 966. Das regnum Italiae galt seitdem sozusagen als Reichsitalien und mit dem deutschen Reich vereint. 69

Ein »Monstrum« wird vom Papstthron gestürzt und stirbt durch einen »Schlaganfall«

    Im Frühjahr 963 hatten Otto in Pavia auch Nachrichten über das lustreiche Leben des Heiligen Vaters erreicht, der den Papstpalast in ein Bordell verwandelt habe, an seine Dirnen ganze Städte verschleudere, indes der Regen durch die eingestürzten Kirchendächer auf die Altäre rinne und keine anständige Frau mehr die Wallfahrt nach Rom riskiere, aus Furcht in die Hände Seiner Heiligkeit zu fallen. Am 1. November 963 erschien Otto vor Rom, und während man ihm nach kurzer Belagerung am 3. die Stadttore öffnete, flohen Adalbert und der Papst, der eben noch in voller Rüstung mit seinen und Adalberts Truppen, auch sarazenischen, am Tiber verzweifelt Widerstand geleistet, eilends mit dem Kirchenschatz, um sich anscheinend im starken Tivoli festzusetzen. Die Römer aber schwuren Otto Treue und gelobten, nie einen Papst zu wählen und zu ordinieren »ohne die Zustimmung und Bestätigung des erhabenen Herrn Kaisers Otto und seines Sohnes, des Königs Otto«. Dieser »Römereid«, der den Papstwahlpassus des »Ottonianum« verschärfte, ein Eid, den selbst die Karolinger so nicht zu fordern gewagt, wurde für die hochmittelalterliche Papstgeschichte noch besonders bedeutsam.
    Drei Tage darauf, am 6. November 963, trat unter dem Vorsitz des Kaisers in St. Peter ein vier Wochen tagendes Konzil zusammen – immerhin 17 Kardinäle und mehr als fünfzig Bischöfe, doch leider, wie der Monarch bedauerte, nicht »der Herr Papst Johann«, von dem die »herrliche und heilige Versammlung« fand, er gehöre »gar nicht mehr zu denen, welche in Schafskleidern kommen, inwendig aber reißende Wölfe sind, er wütet so offenbar, er treibt so offen des Teufels Werk, daß er auf alle Umschweife verzichtet«.
    In einer ersten höflich-dringlichen Einladung an den summus pontifex et universalis papa, die dieser äußerst bündig mit einer Exkommunikationsdrohung der zum Konzil Versammelten quittierte, hatte man ihn noch mit »Euer Würden« (magnitudo vestra) apostrophiert. In einer zweiten Vorladung wünschte man dem »summo pontifici et universali papae, dem Herrn Johann« zwar noch immer »Heil im Herrn«, verglich ihn aber bereits mit Judas, »dem Verräter, ja vielmehr Verkäufer (proditor immo venditor) unseres Herrn Jesu Christi«. Auf der folgenden Sitzung schimpfte man ihn »ein noch nie dagewesenes Geschwür«, das man mit einem entsprechenden Brenneisen auszubrennen empfahl und nannte ihn schlicht »Monstrum«. Aber der Papst ging Wichtigerem nach, der Jagd bei Tivoli: »er war schon mit Köcher und Bogen ins Feld gegangen« (Liutprand). 70
    Die Synode hatte fein säuberlich das lange Sündenregister des Stellvertreters Christi aufgezählt, Sakrilegien aller Art, eine Fülle schwerster Bezichtigungen: Versäumnis der Kommunion, der kanonischen Gebetszeiten, Irregularitäten bei der Vornahme der Ordination, wie die eines Diakons im Stall, Ämterhandel, Verschleuderung von Kirchengut, Verachtung der Bekreuzigung, Verhöhnung der Sakramente, Abfall zum Heidentum, Bündnis mit dem Teufel, Jagd- und Spielleidenschaft, diverse Unzuchtdelikte, Ehebruch, Blutschande, Geschlechtsverkehr mit der Konkubine seines Vaters, mit deren Schwester u.a., Handgreiflichkeiten gegenüber Pilgerinnen in St. Peter, Meineid, Kirchenraub, Brandstiftung, Verstümmelung, Kastration und Tötung eines Kardinals, Blendung seines Paten, Mord von Geistlichen etc.
    Manches an diesem Lasterkatalog mag durchaus übertrieben, vielleicht sogar unwahr sein. Doch dann haben 17 Kardinäle und mehr als 50 Bischöfe gelogen! Und immerhin stützten sich die von dem Kardinal Benedikt angeführten Konzilsväter teils auf eigene Augenzeugenschaft, teils auf sicheres Wissen. Ja, sie beeideten einstimmig und bei Gefahr ihrer ewigen Seligkeit – an die sie freilich selber kaum recht geglaubt

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