Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert
Weihwasser besprengte, schrie er: ›Der hl. Laurentius verbrennt mich!‹ und starb jämmerlich, ohne die Freiheit wieder zu erlangen.«
Nachdem aber die Slawen zu Fuß und Roß und ohne Verluste, »mit Hilfe ihrer Götter von Posaunenbläsern geführt«, weithin gewütet hatten, ermannten sich die Christen. Der Magdeburger Erzbischof Giseler, der große Bestechungsspezialist (S. 521 f., 561 f.), von den Liutizen besonders verabscheut, und Bischof Hildeward von Halberstadt vereinigten ihre Haudegen mit den Haufen des edlen Markgrafen Thiedrich und anderer gräflicher Spießgesellen. »Sie alle«, so Thietmar von Merseburg, »hörten am Samstagmorgen die Messe, stärkten Leib und Seele durch das himmlische Sakrament, brachen in Vertrauen auf Gott in die entgegenkommenden Feinde ein und streckten sie nieder; nur wenige konnten auf einen Hügel entkommen. Die Sieger lobten Gott, der so wunderbar ist in allen seinen Werken, und wieder bewährte sich das wahrhaftige Wort unseres Lehrers Paulus: ›Es gibt weder Klugheit noch Tapferkeit noch Rat wider den Herrn.‹« 11
Indes, wenn dies Gemetzel an der Tanger (südlich von Stendal) im August 983 auch die Slawen über die Elbe zurückwarf, die Sieger folgten ihnen nicht mehr. Schon anderntags kehrten sie »vollzählig bis auf drei frohgemut heim« und von allen umjubelt, wie stets triumphierende Schlächter. Ottos »des Großen« Eroberung (sein »Grenzschutz und sein Missionswerk«: Hlawitschka) östlich der Elbe war verloren, die Elbe die Ostgrenze des Reiches. Und Otto II. kam dort leider nicht mehr zu »eigenen Aktivitäten« (Hlawitschka). Auch weitere christliche Feldzüge – nach 983 führte man fast jährlich wider die Liutizen Krieg – erreichten nichts. Etwa 150 Jahre konnten die Elbslawen sich unabhängig entwickeln, erst gegen Mitte des 12. Jahrhunderts kehrten die Bischöfe von Brandenburg und Havelberg auf ihre Stühle zurück.
Nur die nicht an der Erhebung beteiligten sorbischen Gebiete im Süden standen wie bisher unter deutscher Herrschaft. Diese Sorben erschlugen die Missionare nicht, aber verspotteten sie. Ihre Führer, gelegentlich sogar Könige genannt, ließen sich auch nicht, wie so häufig die der nordwestlichen Slawen, mit ihren Stämmen taufen. »Im Widerstand gegen Deutschtum und Christentum sind diese Slavenfürsten in den mittelelbischen Landen offenbar zugrunde gegangen; keine Quelle berichtet von ihren Nachkommen« (Schlesinger). 12
Capo di Colonne – die erste große Niederlage der ottonischen Dynastie
In Italien ging es Otto, der dort das Engagement seines Vaters noch gesteigert fortsetzen wollte, wohl von vornherein um Angriff, Expansion. Doch als er im Herbst 980 in den Süden zog, geschah es, nach seinem Bekenntnis, vor allem des Kirchenbesitzes wegen, um entwendetes Kirchengut und von den Bischöfen verschleudertes wieder den Kirchen zurückzugeben. Schon unterwegs beschenkte er Ordenshäuser und Bistümer, St. Gallen etwa, das Bistum Chur. Dann kamen die oberitalienischen Bischofssitze und Klöster mit Vergabungen an die Reihe, zuletzt, von Rom aus, die weiter südlichen. 13
Auch in der Heiligen Stadt stand nicht alles zum besten.
Auf Johann XIII., der 967 den zwölfjährigen Otto II. zum Mitkaiser gekrönt, war Benedikt VI. gefolgt (973–974). Die kaiserliche Partei hatte ihn erwählt, Otto I. ihn bestätigt. Mit kirchlichen Mitteln versuchte er, seine eigene Familie möglichst zu begünstigen, wurde aber im Juni 974, als ihn der Thronwechsel in Deutschland in Schwierigkeiten brachte, gestürzt und in den Kerker der Engelsburg gesperrt. Dort ließ ihn der neue Papst Bonifaz VII. (974, 984–985), von den Zeitgenossen als »Monstrum« geschildert, durch den Priester Stephan und dessen Bruder erdrosseln. Aus Spoleto war inzwischen der kaiserliche Missus Graf Sikko herangerückt, Papst Bonifaz vor den erregten Römern in die Engelsburg geflüchtet. Doch als Sikko sie stürmen ließ, konnte der Heilige Vater entkommen und über Süditalien nach Konstantinopel fliehen – nicht ohne den Kirchenschatz im Gepäck. Und nicht ohne noch zweimal zurückzukehren.
Mittlerweile hatte man im Oktober, mit Billigung des deutschen Vertreters, Papst Benedikt VII. (974–983) bestellt, einen römischen Adligen, mit Fürst Alberich II. verwandt und Kaiser Otto weitgehend gefügig, sowohl bei dessen Kirchenpolitik im Osten Deutschlands, als auch bei seinem antibyzantinischen Unterfangen im Süden. Dafür stützte ihn der Herrscher auch, zumal
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