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Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
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Laurentiuskloster niederbrannten, gesteht er, sie »setzten den Unsrigen wie flüchtigen Hirschen nach, denn auf Grund unserer Missetaten (facinora) hatten wir Angst, sie aber guten Mut.«
    Viel deutlicher noch läßt der trotz mancherlei Irrtümern wohlunterrichtete, reiche Quellen verwertende und auch (geistliche) Augenzeugen heranziehende Domherr Adam von Bremen (gest. vor 1085) die »Missetaten« der Christen erkennen. So notiert er nach Meldung eines großen Heidengemetzels und dem Angebot der Unterlegenen von 15000 Pfund Silber: »Die Unseren kehrten triumphierend heim; vom Christentum aber war gar nicht die Rede. Die Sieger waren nur auf Beute bedacht.«
    Gleich darauf berichtet er ein Gespräch mit einem »höchst wahrhaften« Dänenkönig, offenbar mit Sven Estrithson, bei dessen Konferenzen mit Erzbischof Adalbert von Hamburg Domscholaster Adam zugegen war, wobei er hörte, »daß die Slawenvölker ohne Zweifel schon längst vorher hätten zum Christentum bekehrt werden können, wenn die Habsucht der Sachsen dem nicht im Wege gestanden hätte; ›denn‹, sagte er, ›diesen steht der Sinn mehr nach der Zahlung der Steuern als nach Bekehrung der Heiden‹. Und die Elenden bedenken nicht, welcher Strafen sie sich durch ihre Gier schuldig gemacht haben, da sie zuerst in Slavanien das Christentum aus Habsucht störten, dann die Unterworfenen durch ihre Grausamkeit zum Aufstand zwangen und nun das Seelenheil derer, die zum Glauben kommen würden, unbeachtet lassen, weil sie von ihnen nichts weiter verlangen als Geld.«
    Adam von Bremen erblickt in der Erhebung ein Gottesgericht, eine Züchtigung »unserer Ungerechtigkeit« und meint: »Denn in Wahrheit, wie wir, so lange wir sündigen, uns von den Feinden überwunden sehen, so werden wir, sobald wir uns bekehren, über unsere Feinde Sieger sein, und wenn wir von diesen nur den Glauben forderten, so würden wir gewiß den Frieden haben und hätten zugleich auch das Heil jener Völker begründet.«
    Schon 980 war Bischof Dodilo von Brandenburg durch seine Diözesanen erdrosselt worden. Nun, am 29. Juni 983, zerstören die Liutizen das Bistum Havelberg, dessen Besatzung sie niedermachen, dessen Kirchen sie ruinieren. Was ans Christentum erinnert, wird vernichtet. Drei Tage später stürmen sie Brandenburg, wo schon zuvor Bischof Folkmar I. sich durch seine Flucht um das Martyrium bringt, dann auch, in letzter Minute, Markgraf Thiedrich samt seiner Mannschaft flieht. Der zurückgebliebene geringere Klerus wird gefangen, zum Teil getötet, der Dom verwüstet und ausgeraubt, die Leiche des von den Seinen strangulierten Dodilo, der beim Eintreiben der Zehnten sich besonders verhaßt gemacht und schon drei Jahre im Grab lag, aus dem Sarg gerissen, entkleidet – »die habgierigen Hunde plünderten sie aus und warfen sie dann achtlos zurück. Alle Kostbarkeiten der Kirche wurden geraubt und das Blut Vieler elendiglich vergossen. An Stelle Christi und seines Fischers, des hochwürdigsten Petrus, wurden fortan verschiedene Kulte teuflischen Aberglaubens gefeiert; und nicht nur Heiden, sondern auch Christen lobten diese traurige Wendung!« 10
    Im Norden überschritt seinerzeit der Obodritenfürst Mistui, ein Christ, dem auf allen Feldzügen der Kaplan Avico zur Seite stand, die Elbe, stieß raubend und verheerend auf Hamburg vor, plünderte es und ließ die Kathedrale samt der Stadt in Flammen aufgehn. Und derlei »Kriegshandlungen« durch »getaufte Fürsten« sollen seinerzeit »nichts Außergewöhnliches« (Friedmann) gewesen sein.
    Doch geschah so Fürchterliches natürlich nicht ohne allerhöchste Handreichung, buchstäblich. Und dies, ein phantastisches miraculum, erzählt unser Bischof, »sollte voller Andacht die gesamte Christenheit beachten. Eine goldene Hand griff aus höheren Regionen herab, faßte mit ausgestreckten Fingern mitten in die Brände und zog sich, allen sichtbar, gefüllt wieder zurück. Staunend sahen es die Krieger, erschreckt und entsetzt Mistui.« Für Bischof Thietmar, kein Zweifel, ein himmlischer Rettungsakt zugunsten der Reliquien! »Gott hat auf diese Weise die Reliquien der Heiligen ergriffen, in den Himmel aufgenommen, die Feinde aber voller Schrecken in die Flucht getrieben« – obschon damals ja nur Christen flohen, Deutsche, vor dem Slawenchristen Mistui, dem sich das Ganze, Wirklichkeit und Wunder, fatal auf den Magen bzw. das Gemüt schlug. Denn: »Später wurde Mistui wahnsinnig und mußte in Ketten gelegt werden; als man ihn mit

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