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Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
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augustus gebrauchte, dachte gleichwohl bald an einen Rachezug. Noch auf dem Rückweg gewährte er, wohl nicht zuletzt deshalb, dem Erzbischof von Salerno große Vergünstigungen, ebenso privilegierte er damals mehrere süditalienische Klöster. Freilich bedurfte ein solcher Krieg gründlicher Vorbereitung, und die deutschen Fürsten waren den kaiserlichen Plänen nach dem Fiasko nicht sehr gewogen. Zudem wurden sie durch Dänen und Slawen bedrängt.
    Dennoch besprach man bereits ein Jahr später, im Frühsommer 983, auf einem Reichstag in Verona, als deutsche und italienische Magnaten Ottos dreijährigen Sohn zu seinem Nachfolger wählten, neue Truppenaufgebote und beschloß einen weiteren Angriff.
    Im Hochsommer 983 drang der Kaiser bis Bari vor, hatte aber keine nennenswerten Erfolge. Im September war er schon wieder, anscheinend malariakrank, in Rom. Und dort starb er plötzlich, nach Ablegung der Beichte und Empfang der Sterbesakramente, erst 28 Jahre alt, am 7. Dezember 983 in den Armen seiner Frau. Die Todesursache ist nicht völlig geklärt. Offenbar erlag er einem Fieber, wohl Malaria. Eine Quelle spricht von dauerndem Darmbluten infolge einer Medikamentenüberdosis, einer Gewaltkur vielleicht gegen die Krankheit.
    Als einziger deutscher Kaiser wurde Otto II. in der Vorhalle von St. Peter beigesetzt, nach sieben Jahrhunderten aber sein Grab beim Neuaufbau der Basilika vernichtet. Zwar erhielt er einen anderen Sarg, doch die antike Urne überließ man »grabschänderisch den Köchen des Quirinals zum gemeinen Gebrauch eines Wasserbehälters« (Gregorovius). 16

12. Kapitel

Kaiser Otto III.
(983–1002)
    »Die Missionsarbeit war zu sehr mit politischen Zielen verquickt, als daß sie bei den Wenden hätte großen Anklang finden können. Als daher die Ljutizen 983 den großen Aufstand entfesselten, brach jenseits der Elbe das aufgebaute kirchliche Werk mit den Diözesen Havelberg, Brandenburg und Oldenburg gänzlich zusammen.«
    Handbuch der Kirchengeschichte 1

    »Jahrelang zieht der Königsknabe, z.T. noch in der Kindersänfte getragen, ins Feld.«
    Johannes Fried 2

    »Unablässig sucht der König die Slawen mit heftigen Feldzügen heim.«
    Thietmar von Merseburg 3

    »Die kaiserliche Schutzpflicht gegenüber der römischen Kirche war für Otto III. zweifellos eine höchst reale Aufgabe, und er setzte die Machtmittel des Imperium in bisher ungekannter Konsequenz für die Verteidigung der
libertas
der römischen Kirche gegen die Übergriffe weltlicher Machthaber in Rom ein.«
    Knut Görich 4

Schon zu seiner Zeit hat man ihm den Ehrennamen »Mirabilia mundi«, Wunder der Welt, zugedacht, ihn noch im 20. Jahrhundert als »Jüngling im Sternenmantel« (G. Bäumer) verklärt. In der Geschichtsschreibung schwankt sein Charakter- und Tatenbild. Doch ob Otto III. nun ein verführter Schwächling oder ein frühreifes Genie, ein phantastischer Träumer oder mehr »pragmatisch« orientiert, ein Freund fester »Regierungskonzepte« war oder nicht, ob »deutsch« oder »undeutsch«, ein Verächter sächsischer Rohheit und Bewunderer byzantinischen Geistes, ob mehr dem weltflüchtigen Asketismus des Eremiten zugeneigt oder der sensiblen Spiritualität eines wie immer »gehobenen« Glaubens, all dies interessiert hier wenig. Entscheidend dagegen ist – und durchaus nicht nur in unserem Rahmen –, daß auch Kaiser Otto III., bei allen Unterschieden im einzelnen zu seinen Vorgängern, allen Abweichungen und Andersartigkeiten, ein Bewahrer des Überlieferten, der »gottgewollten Ordnung«, ein Begünstiger der Bischöfe durch eine Fülle von Privilegien und Besitzzuweisungen gewesen, ein weiterer wesentlicher Mehrer reichskirchlicher Macht, ein Förderer des Imperium christianum, des christlichen Europa, ein Potentat, der sich selbstverständlich als »defensor ecclesiae«, als Verfechter des Gottesreiches auf Erden fühlte, wobei er unübersehbar gewisse karolingische wie ottonische Traditionen fortsetzte und seine Italien- wie vor allem seine Ostpolitik letztlich mehr der christlichen Kirche zugute kam als dem deutschen Reich.
    Daß die alte Idee der »renovatio imperii Romanorum«, der Neugründung der römischen Weltmacht, bei dem christgläubigen Otto III. nicht nur auf das antike Rom bezogen, sondern gewiß stark christlich akzentuiert, auch in den sozusagen heilsgeschichtlichen Horizont (den blauen – oder schwarzen – Dunst) hineingestellt war, sollte eigentlich nicht ernsthaft bezweifelt werden, ob er selbst nun

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