Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert
als Bonifaz VII., den Benedikt – eine seiner ersten Maßnahmen – aus der Kirche ausgestoßen, sich im Sommer 980 wieder in Rom etablierte, ehe er, im folgenden Jahr erneut vertrieben, nach Konstantinopel entwich, um 984 noch einmal zurückzukehren, wohlversehen mit oströmischen Waffen und mit Gold (S. 554). 14
Der junge Kaiser weilte vom Frühjahr bis Herbst 981 mit Unterbrechungen in Rom, wo er sich entschloß, Sarazenen wie Byzantiner in Unteritalien zu bekriegen und das ganze Land zu erobern.
So mußte er für Nachschub seines Heeres sorgen. Er kommandierte ein gewaltiges Kontingent heran, vermutlich das bisher größte des deutschen Kaisertums. Bemerkenswerterweise bestand es hauptsächlich aus Verbänden deutscher Bischöfe und Äbte. Nach dem Aufgebotsbrief von 981 lieferten zum Beispiel u.a. die Abteien von Prüm, Hersfeld, Ellwangen und St. Gallen je 40 Panzerreiter, die Abteien von Lorsch und Weißenburg je 50, die von Fulda und Reichenau je 60, die Bischöfe von Verdun, Lüttich, Würzburg ebenfalls je 60, die Bischöfe von Trier, Salzburg, Regensburg je 70, die von Mainz, Köln, Straßburg und Augsburg je 100 Panzerreiter. Zwölf Äbte erbrachten immerhin fast halb soviel Soldaten wie neunzehn Oberhirten. Insgesamt stellten in diesem Gesamtanschlag die Jünger des Herrn Jesus, die Prediger der Feindesliebe, die Erzbischöfe, Bischöfe und Äbte 1482 Panzerreiter, die sogenannten weltlichen Herren nur 508! Doch liegt mit diesem undatierten Verzeichnis offenbar nur eine Nachforderung des Kaisers vor. 15
In Süditalien verfocht Otto II. ausdrücklich kirchliche Ansprüche. Gegenpapst Bonifaz VII. hatte sich auf oströmisches Terrain geflüchtet, der Papst in Rom den Kaiser unterstützt, indem er etwa Salerno zum Erzbistum erhob und ihm ein weit in byzantinisches Gebiet reichendes Territorium zusprach. Ebenso verhielt es sich mit der Erhebung der Diözese Trani zum Erzbistum. Ja, noch in Dalmatien soll der Papst gegen Byzanz agitiert und Dubrovnik als eigenes Erzbistum der griechischen Kirche entzogen und unter römische Obödienz gestellt haben.
Anscheinend hat Otto erst in Rom den Krieg beschlossen und dann die 2100 Panzerreiter von geistlichen und weltlichen Großen zur Verstärkung angefordert. Während er bis Kalabrien vordrang, verhielten sich die byzantinischen Besatzungen neutral, öffneten dem Kaiser aber nicht die Tore. Doch der Emir von Sizilien, Abul Kasim, der bereits Eroberungen in Kalabrien und Apulien gemacht, rief zum heiligen Krieg auf und trat Mitte Juli 982 mit einer gewaltigen, aufs Festland geworfenen Streitmacht am Capo di Colonne, südlich von Cotrone, den Deutschen entgegen. »Hüben wie drüben war der Sinn der Kämpfer auf das Jenseits gerichtet« (Uhlirz).
Die kaiserlichen Panzerreiter zerschmetterten im ersten Ansturm die Schlachtreihen der Sarazenen, zersprengten sie, der Emir selbst fiel unter einem Schwertschlag und wurde als heiliger Märtyrer verehrt. Doch während die Christen nach großen Anfangserfolgen und im Glauben, den Sieg schon errungen zu haben, auf dem Kampfplatz sich zu lagern und ihren Triumph zu feiern gedachten, brachen die Moslems, verstärkt durch Reserven, aus den Bergen hervor, drängten die Deutschen gegen das Meer, schlachteten sie ab, töteten einen Teil auch ihrer Führer, mehrere Herzöge, ein Dutzend Grafen, nahmen einen andern Teil gefangen, darunter Bischof Petrus von Vercelli, der jahrelang in arabischem Gewahrsam blieb, erbeuteten noch die Reliquienschreine und ließen 4000 tote Christen auf der Walstatt. Andere gingen fliehend vor Durst und Erschöpfung zugrunde. »Fast jedes deutsche Totenbuch erinnert durch eine Eintragung an einen Verlust in der unseligen Schlacht« (C.M. Hartmann).
Es war die erste große Niederlage der ottonischen Dynastie. Fast das ganze deutsche Heer kam um. »Gott weiß ihre Namen« (Thietmar). Auch Bischof Heinrich von Augsburg, der kurz zuvor, vermutlich im Gefolge des Kaisers, eine Bußwallfahrt nach Rom gemacht, fiel zwischen seinen Panzerreitern. Otto rettete sich aus dem Inferno im letzten Augenblick schwimmend auf ein vorüberfahrendes byzantinisches Schiff, von dem er sich später, durch eine List, schwimmend wieder in Sicherheit brachte – und bekam kurioserweise durch den Bischof Otto von Freising das renommistische Epitheton »Pallida mors Sarracenorum« (bleicher Tod der Sarazenen), das bis tief in die Neuzeit sein Beiname blieb.
Kaiser Otto, der seit 982 zuweilen den Titel imperator Romanorum
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