Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert
Crescentier, einem römischen Geschlecht ungeklärter Herkunft (der wissenschaftliche Hilfsname »Crescentier« ist von einem in der Familie häufigen Vornamen abgeleitet). Die Crescentier übten in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts und etwas darüber hinaus auf Rom und Teile der Umgebung großen Einfluß aus, wobei sie zeitweise die Hohepriesterschaft der Stadt beherrschten, aber von ihr auch selbst gefördert worden sind. Sie gerieten jedoch immer mehr in einen Interessengegensatz sowohl zu den Ottonen wie zu dem erstarkenden Papsttum.
Die Erhebung Johanns XV., wohl von Patricius Johannes Crescentius durchgesetzt, erfolgte ohne Konsultation des deutschen Hofes. Der Papst, Sohn des römischen Priesters Leo, war kein Freund der Priester, ein Begünstiger vielmehr des Adels und vor allem seiner Verwandten, die er bereicherte, während er selbst wegen seiner Geldgier, Käuflichkeit, seines Nepotismus weithin, gerade auch beim Klerus, verhaßt gewesen ist. Als Johannes Crescentius 988 starb, sein Bruder Crescentius II. Nomentanus sich zum Beherrscher des Kirchenstaates aufschwang, sollen unter seinem Druck »großzügige Bestechungsgeschenke« (Kelly) die Voraussetzung für eine Audienz beim Heiligen Vater gewesen sein. Alles sei käuflich in Rom, erklärte ein Bischof 991 auf einer Synode bei Reims, und die Urteile würden nach dem Goldgewicht abgemessen. Immerhin sprach der geldgeile Pontifex am 31. Januar 993 auf einer Lateransynode Ulrich von Augsburg heilig. Es war die erste formelle Kanonisierung durch einen Papst, und immerhin kanonisierte er einen Bischof, der auf den Kriegszügen zweier Herrscher, Heinrichs I. und Ottos I., das Schwert geschwungen, noch als fast sechzigjähriger Seelenhirte gefochten und ja wohl auch getötet hatte. 9
Im März 995 floh der Papst vor dem Druck des Crescentius, dem Haß des Klerus nach Sutri und erbat in alter römischer Tradition Hilfe von jenseits der Alpen. Doch noch bevor sie Otto überquerte, kam Johann XV. wieder nach Rom, sogar mit allen Ehren, erlag aber bald einem Fieberanfall.
Beim Anmarsch des Königs gab es bereits in Verona Krawalle, wobei man eine Anzahl seiner Soldaten erschlug. In Pavia erreichte ihn die Nachricht vom Tod Johanns XV. Er designierte darauf in Ravenna, als handelte es sich um die Besetzung eines Reichsbistums, den jungen Brun, seinen Kapellan und Vetter, zum Papst, den Sohn Herzog Ottos von Kärnten, seinerseits ein Sohn Konrads des Roten (S. 426) und der Liutgard, Tochter Ottos I. Der Urenkel des Kaisers bestieg nun als erster Deutscher Anfang Mai 996 unter dem Namen Gregor V. (996–999) den päpstlichen Stuhl, und am 21. Mai wurde der sechzehnjährige Otto III. durch den vierundzwanzigjährigen Papst zum Kaiser gekrönt – die Familie war an der Spitze sozusagen unter sich.
In den nächsten Tagen suchte der Herrscher die römischen Hauptkirchen auf und leitete dann gemeinsam mit Gregor die dreitägige Krönungssynode in der Peterskirche, hauptsächlich Kirchenstreitereien betreffend, den Reimser Streit, den Streit des Bischofs Odelrich von Cremona, der die führenden Kaufmannsschichten der Stadt zu sehr schröpfen wollte, den Streit des Abtes Engizo von Brugnato mit Bischof Gottfried von Luni um das Kloster, wobei der Papst die vom Bischof der Synode präsentierten Urkunden zerriß. Trotz gelegentlicher Spannungen zwischen Kaiser und Papst hat man eben erst das gute Einvernehmen, das »konzertierte Verhalten« (Althoff) beider betont. Schließlich verdankte Gregor dem Vetter sein Papsttum, und so ist es ganz natürlich, daß er die Mönche des Klosters Monte Amiata für den Bestand (stabilitas) des Reiches beten ließ.
Doch kaum hatte Otto Italien den Rücken gekehrt, erhob sich Crescentius und schwang sich zum unbeschränkten Beherrscher der Stadt auf. Noch im Herbst 996 mußte Gregor V. für vierzehn Monate Rom verlassen und kam auch durch zwei Versuche mit Waffengewalt nicht zurück. Er residierte meist in Oberitalien, rief wiederholt den Kaiser durch Gesandschaften um Hilfe und verhängte im Februar 997 auf einer Synode in Pavia über Crescentius den Bann. Eben damals machte man in Rom Johannes Philagathos, den Erzbischof von Piacenza, Pate sowohl von Gregor als auch dem Kaiser, als Johannes XVI. zum Papst, nicht ohne einige Bestechungen – hat doch sogar der deutsche Reformpapst Gregor V. für seine Entscheidungen Geld eingesteckt, was selbst Otto III. als gerichtsmäßig erwiesen annahm. 10
Die Vertreibung Gregors durch die
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