Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert
Osten martialisch gegen die Slawen vorgehenden Krieger generös mit Land. Doch als der 1002 die Nachfolge des kinderlosen Herrschers antreten wollte, wurde er von einer Adelsclique unter Anführung der Grafen Heinrich und Udo von Katlenburg vermutlich aus persönlicher Rache in der Pfalz Pöhlde ermordet.)
Dem Crescentius hatte Tammo, der Bruder des Bischofs Bernward von Hildesheim und Freund Ottos, auf dessen Befehl den Schutz seines Lebens geschworen. Mehrere italienische Quellen sprechen von solch beeidigten Sicherheitsgarantien, andere zeitgenössische bestätigen es zumindest im Kern. Doch hatte man Crescentius getäuscht und ihn, woran es »nichts abzuschwächen oder abzuleugnen gibt ..., auf Betreiben des ihm feindlich gesinnten Papstes als Hochverräter hingerichtet« (Uhlirz). Er wurde, anscheinend eine Anregung des Heiligen Vaters, mit zwölf Unterführern auf der höchsten Stelle der Engelsburg, allen sichtbar, geköpft, seine Leiche überdies von den Zinnen gestürzt, von Kühen durch die versumpften Straßen Roms gezogen und mit den zwölf Hingerichteten kopfunter an ein Kreuz auf dem Monte Mario oberhalb des Vatikans gehängt. Der Papst war nicht zimperlich, und der Gedanke ans Hängen kam ihm wohl gern. Einen Grafen der Sabina namens Benedikt, mit dem der Heilige Vater sich um geraubten Kirchenbesitz stritt, brachte er durch die Drohung zum Nachgeben, den gefangenen Sohn des Grafen vor dessen Augen aufzuknüpfen.
Papst Gregor V., den Römern aufs äußerste verhaßt, starb plötzlich – »nach tüchtiger Amtsführung« (Bischof Thietmar) – im Frühjahr 999, doch kaum an Gift, wie man munkelte, sondern an Malaria. Durch die Vita Nili geistert auch das Gerücht von seiner Blendung; man habe dem Papst die Augen ausgerissen – vermutlich eine literarische Reaktion auf seine Grausamkeit gegenüber dem Gegenpapst im Jahr zuvor. 12
Deutsche Quellen sprechen von der römischen »Jauchegrube«, die der Kaiser habe säubern müssen. Sie schimpfen Crescentius »perversus«, »membrum diaboli«. Und noch Gerd Althoff, der ja gerade hier manches gegen Kaiser und Papst vorbringt, will dann doch beider Brutalität entlasten, indem er sie »weniger aus individuellen Befindlichkeiten wie Rachegelüsten, Enttäuschungen und Erbitterung« erklärt als durch die »Spielregeln des 10. Jahrhunderts«, die »Regeln der Zeit«. Unterlegenen habe man zwar Milde gewährt, aber nur einmal, beim erstenmal, und bei Rückfällen keine Schonung gekannt.
Nun, beiseite, daß es Gegenbeispiele gibt, nicht wenige – jene »Regeln« waren eben
christliche
»Regeln«. Christen haben sie gemacht, Christen sie praktiziert. Die »Zeit« war nicht schuld, der Mensch der Zeit. Doch genaugenommen nicht einmal er. Schuld waren der Brauch, das Recht, das Gesetz, das Denken, der Glaube der Zeit. Das alles aber war seit Jahrhunderten
christlich!
Es sollte, mußte christlich sein – um jeden Preis! Auch und gerade um den Preis des Lebens. So interessiert hier stets, was Christen im Namen des Christentums, der Kirche, des Staates oder auf eigene Faust verbrochen haben, nicht zuletzt gegen Grundgebote ihrer Religion selbst. Das allein ist unser Thema. Zutiefst antihumanes, menschenverachtendes, menschenvernichtendes Verhalten der Christen zu jeder Zeit und überall.
Zum Beispiel auch im Osten. Schon das Kind Otto III. hatte sich dort, so sagt Wolfgang Menzel, einer der deutschen Scharfmacher des 19. Jahrhunderts, »seine Sporen zu verdienen«. 13
Erzbischof Giselher besticht, fälscht und kassiert
Die Kriege im Osten, die Feldzüge zumal gegen den elbslawischen Stammesbund der Liutizen zur Anerkennung der deutschen Herrschaft und des Christentums wurden nach dem Aufstand von 983 (S. 532.) selbstverständlich erst recht fortgesetzt, immer häufiger. Gerade unter der Regentschaft Theophanus begann da eine aggressive Politik, »in der Hauptsache von Giselher von Magdeburg und Eckhard von Meißen getragen« (Kretschmann).
Erzbischof Giselher, uns schon wiederholt begegnet, entstammte ostsächsischem Adel; »von edlem Wesen und edler Herkunft«, nennt ihn Bischof Thietmar, der sonst kaum ein gutes Haar an ihm läßt. Otto I. holte ihn an den Hof und machte ihn 970 zum Bischof von Merseburg. Doch der überaus ehrgeizige, mit allen schmutzigen Wassern gewaschene Kirchenfürst weilte auch künftig weit mehr in der Nähe von Königen und Kaisern als in seinem Sprengel. Er verstand es, die Gunst der Mächtigsten, verstand es, große und
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