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Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
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auf der römischen Synode vom 12. Oktober 868 aufgrund schwerster Bezichtigungen: Versuchte Entzweiung von Kaiser und römischer Kirche, Ausraubung des Papstpalastes nach dem Tod von Nikolaus I., Entwendung gegen ihn ergangener Synodaldekrete unter Leo IV. und Benedikt III., Beteiligung an der Entführung und Ermordung von Hadrians II. Frau und Tochter. Noch andere Vorwürfe schleuderte der Papst auf der Synode dem Anastasius ins Gesicht und erklärte: »Zuletzt aber hat er – wie viele von euch mit mir zusammen von einem gewissen Priester Ado, der mit ihm sogar verwandt ist, selbst gehört haben und wie mir auch auf andere Weise aufgedeckt wurde – in krasser Undankbarkeit gegen die Wohltaten, die wir ihm erwiesen haben, einen Mann zu Eleutherius geschickt und ihn aufgefordert, die Morde auszuführen (exhortans homicidia perpetrari). Ach, sie sind geschehen, ihr wißt es.« Indes, schon Ende des Jahres 869 war Anastasius wieder Berater des Papstes, war er zumindest wieder Bibliothekar der römischen Kirche, was auf den Heiligen Vater ja ein merkwürdiges Licht wirft. 32
    Zur Stütze seiner papalen Macht gegenüber Bischöfen hatte sich der tieffromme, aber nicht sonderlich charakterfeste Hadrian gleich zu Beginn seines Pontifikats auf zahlreiche Kirchenvätersprüche berufen, genau auf 21 Sätze, die sämtlich den pseudoisidorischen Fälschungen (S. 181 ff.) entstammten.
    Freilich war er nicht aus dem Schrot und Korn seines Vorgängers. Er schwankte, lavierte, löste etwa, zwar unter Vorbehalten, doch aufgrund bloßer Zusicherung, Waldrada vom Bann und reichte Lothar, der deshalb viele Geschenke gab, Gold und Silber, am 1. Juli 869 in Monte Cassino die Kommunion. Hatte der König ja beteuert (und sein Gefolge es bestätigt), keinerlei Kontakte mehr mit Waldrada zu haben. Auch »seine Helfershelfer (fautores) nahmen mit ihm zusammen aus den Händen des Papstes das Abendmahl«; darunter sogar der abgesetzte Kölner Erzbischof Gunthar, »der Urheber und Betreiber dieses öffentlichen Ehebruchs«; er allerdings nach Abgabe einer Sondererklärung »vor Gott und seinen Heiligen ...« (Annales Bertiniani).
    Noch auf der Heimreise, auf der sein Gefolge einer Seuche zum Opfer fiel, wurde auch Lothar in Lucca von einem Fieber befallen und starb am 8. August 869 in Piacenza – ein »Gottesgericht«, wie man allgemein glaubte, wegen des in Monte Cassino geleisteten Meineids. Man begrub den König in dem kleinen Kloster St. Antonin außerhalb der Stadt. Theutberga aber, die bald sein Grab besucht haben soll, zumindest dort die Mönche generös begüterte, damit sie für des Gatten Seelenruhe beteten (denn alles hat hier seinen Preis!), endete ihr Leben als Äbtissin des von Lothar reich ausgestatteten Klosters der hl. Glodesinde in Metz. Und ihre Nebenbuhlerin Waldrada wurde Nonne in Remiremont an der Mosel. 33

Heil und Sieg für Karl den Kahlen – und »Siegheil« der Bischöfe

    Kaum hatte Karl der Kahle, zeitlebens einer der habgierigsten, treulosesten, feigsten und erfolgreichsten Fürsten seiner Zeit, vom überraschenden Ende seines Neffen Lothar II. gehört, brach er, entgegen früheren Vereinbarungen, nach Lotharingien auf.
    Die Lage war günstig: Lothar tot, sein Sohn Hugo illegitim, überdies noch ein Kind; Ludwig der Deutsche lag schwer krank in Regensburg. Und seine Söhne, wie sich das für gute Christen ziemt, standen alle im Feld gegen die Slawen: Prinz Ludwig (III.) bekriegte mit Sachsen und Thüringern die Sorben, Prinz Karlmann mit den Bayern die Mährer, Prinz Karl (III.) vertrat mit fränkischen und alemannischen Truppen den kranken König, der »Gott den Ausgang der Sache« empfahl. Kaiser Ludwig aber, Lothars Bruder und nächstberechtigter Erbe, war nicht nur weit weg, sondern auch kaum abkömmlich. Seit über drei Jahren stritt er gegen die Sarazenen in Unteritalien, wo er endlich Bari, ihr Bollwerk in Apulien, auf der Landseite eingeschlossen und mit Hilfe einer gerade erschienenen byzantinischen Flotte von 400 Schiffen auch von der Seeseite her abgeriegelt hatte.
    Karl der Kahle dagegen, der seit Jahren alle Angelegenheiten Lotharingiens, zumal Lothars II. Eheprozeß, aufmerksam verfolgte, stand gleichsam unmittelbar vor der Tür und konnte sich bei dem nun beginnenden Raubzug auf die Komplizenschaft mehrerer Episkopi fest verlassen, auf Hatto von Verdun, Adventius von Metz, Franco von Lüttich, Arnulf von Toul u.a. Auch begleitete ihn Erzbischof Hinkmar mit zwei seiner Suffraganen, was den Schluß

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