Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
umfangreichen, als historische Quelle ersten Ranges geltenden »Cronica«, »erschien allmorgendlich mit den Seinen am Kiesbett der Parma, um dort drei oder vier oder mehr Parmesen, Modenesen oder Reggianer, die zur Partei der Kirche gehörten und die er gefangen hielt, wie es ihm gut schien, köpfen zu lassen; und zwar vor den Augen der Parmesen in der Stadt, damit er ihnen dadurch Trübsal bereite.«
Bei einem Überraschungsangriff der Belagerten aber erlitt Friedrich eine schwere Schlappe.
Er hatte zu Beginn des Winters vor Parma eine Lagerstadt errichten lassen, die er, seinen Sieg antizipierend, »Victoria« nannte. Nach der Einnahme Parmas sollte die alte Stadt ganz und gar verschwinden und bloß noch Victoria blühen und gedeihen. Doch am 18. Februar 1248, als das Lager durch diverse Verrichtungen von mehreren Heeresteilen entblößt, Friedrich selbst wie üblich auf der Jagd war (vgl. V 28 ff.), machten die Parmenser, von der verlockenden Lage durch Spione informiert, erst einen erfolgreichen Schein-, dann einen erfolgreichen wirklichen Ausfall, steckten Victoria in Brand, schlachteten fünfzehnhundert Kaiserliche ab, darunter Großhofrichter Thaddäus von Suessa und andere Prominenz, nahmen dreitausend Leute gefangen und erbeuteten den gesamten Staatsschatz, wodurch Friedrich in eine bemerkenswerte Geldknappheit geriet.
Man hat dies die schwerste Niederlage seines Lebens genannt. Doch war es nicht nur ein beträchtlicher Verlust an Menschen, an wertvollstem Kriegsmaterial, an Geld, es war auch ein immenser Verlust an Ansehen in der Welt.
»... die unnahbar adlige Haltung«
Friedrich glitt nun eher in die Rolle des Verteidigers. Weithin in Italien erhoben sich Rebellen, Abtrünnige, mehrten sich die Aufstände, Kriegsschauplätze, die Gefechte, wirkten die Wühlereien des Papstes, begann ein Kampf aller gegen alle auf Jahrzehnte.
Manche, die sich erst kürzlich dem Monarchen unterwarfen, fielen wieder ab, wie Markgraf Bonifaz von Montferrat, der Turin eroberte, durch den Kaiserenkel Friedrich aber wieder aus der Stadt geworfen wurde. Kaisersohn Graf Richard von Theate schlug ein päpstliches Heer bei Interamma; ein weiteres unter dem Legaten Bischof Marcellin von Arezzo wurde südlich von Ancona vernichtet, viertausend Päpstliche blieben auf der Strecke. Gewaltig gärte es in der Toskana, in Florenz tobten Straßenschlachten. Italien wurde von der Kirche aufgehetzt, überall ringsum Verrat gesponnen. Der Kaiser rang um seine Herrschaft, die zur Schreckensherrschaft geriet, der Rex Tyrannus wehrte sich seiner Haut. Dabei wuchsen sein Mißtrauen, seine Strenge, seine Repressalien, seine Grausamkeit.
Gewiß war Friedrich II. schon früher fast jeder Härte fähig – auch wenn sein vielleicht bester Biograph Ernst H. Kantorowicz ihm ein nie sinnloses Wüten und Richten zugute hält, gar »die stolze freie Caesarengeste« preist, »die unnahbar adlige Haltung« (was heißt das überhaupt bei der Haltung, die wir unentwegt vom Adel eingenommen sehen!) »und die immer erhabene Würde, die sich niemals gemein machte ... die Fassung, die Form des römischen christlichen Caesar.« Wo war denn all dies, als er dem Sarazenenemir, eh er ihn nebst Söhnen hängen ließ, noch durch einen Fußtritt mit dem Sporn die Seite aufriß? Als er den eigenen Sohn jahrelang in seine schlimmen süditalischen Kerker steckte und darin krepieren ließ?
Haufenweise und systematisch exilierte er Verdächtige, nahm er Geiseln, die, in seinen apulischen Verliesen festgesetzt, bei geringster Veranlassung liquidiert worden sind. Wer Papstbriefe zeigte, wurde um Hände und Füße gebracht, wer als Nicht-Kaiserlicher Waffen trug, kurzerhand gehängt. Die Folter, bisher im Reich Sizilien ziemlich eingeschränkt, kam in Gang. Einen suspekten sizilischen Franziskanerprokurator setzte der Kaiser achtzehn verschiedenen Torturen aus. Einen verdächtigten Adligen ließ er mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer versenken; den Bischof Marcellin von Arezzo erst einkerkern, darauf hängen, was große Erregung hervorrief und Kardinal Rainer Capocci, kurz bevor er selber starb, noch zu wahrhaft atemberaubenden Greuelmärchen inspirierte, denen dann durch das Bischofsgebein auch Wunder über Wunder folgten. Toskanische Guelfen, die sich schon bald ergaben, ließ Friedrich teils hängen, teils geblendet und verstümmelt im Meer ersäufen, hundert Verschwörer in Reggio durch König Enzio öffentlich köpfen und, durch denselben, dreihundert
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