Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
Heiligen Väter nicht irritieren. Hauptsache, er sprang als »athleta Christi«, als »campion di San Piero« in die Bresche, je brutaler, desto besser. Der Angiovine aber, für seinen grausamen Charakter, seine unerbittliche Härte bekannt, hatte sich schon auf dem Kreuzzug 1249/1250 in Ägypten »ausgezeichnet« (Gregorovius), »in glänzender Weise« bewährt (Herde). Und bald danach unterwarf er in den heimischen Gefilden, gegen mannigfache Widerstände, nacheinander Arles, Avignon, Barral de Baux, aus einem der feinsten provenzalischen Adelsclane, Marseille, endlich auch die Grafen von Ventimiglia.
Die Eroberungspläne seines Bruders in Italien ließen den französischen König, dessen Zustimmung faktisch unerläßlich war, zunächst zögern. Anscheinend hatte er rechtliche Bedenken gegenüber England (Edmund) und den Staufern (Konradin), gegen den auch Urban, wie schon Vorgänger Alexander, unter Androhung des Banns, Partei ergriff. Doch Ludwigs Zweifel vergingen, als ihm der Papst den Besitz Siziliens als Weg zum Orient vorstellte.
Der Monarch war auch gegen Manfred anfangs unvoreingenommen, einen Fürsten, den man nicht den schlechtesten, doch den schönsten, liebenswürdigsten, den geliebtesten Staufer und König von Sizilien nannte. Überdies war Manfred, von Friedrich II., dem er in manchem ähnelte, zeitweise persönlich unterrichtet, geistig wach, sprachbegabt, ein Übersetzer des Aristoteles aus dem Arabischen ins Lateinische, ein Erneuerer des kulturellen Lebens am sizilischen Hof. Sogar die päpstliche Kanzlei übernahm nach seinem Tod staufische Bedienstete. Ludwig IX. wollte auch zwischen dem jungen König und dem Papst vermitteln, was dieser aber von sich wies, indem er freiweg log, jener habe sich mehrfach unzugänglich gezeigt, obwohl Manfred wiederholt die Aussöhnung suchte, gerade auch seinerzeit durch ein generöses Friedensangebot. (Noch das Lexikon für Theologie und Kirche konstatiert Urbans »Ablehnung der wiederholten Bemühungen Manfreds um Frieden«.) Und auch andre, die beredt zum Staufer standen, schwärzte der Papst am gallischen Hof an: darunter Balduin II., der exilierte lateinische Kaiser von Konstantinopel (1237–1261), der sich schließlich durch den Handel mit Reliquien (u.a. Hand und Arm von Johannes dem Täufer!) und Rittertiteln über Wasser hielt, der auch ihm, Ludwig, schon 1238 die Dornenkrone, die »Passionsreliquie«, verkauft hatte, worauf deren Verehrung – o Segen! – im ganzen Abendland wieder anhob. 29
Jedenfalls schlug die Stimmung am Hof jetzt um. Urbans Lügen und Halbwahrheiten taten das ihre. Sogar seine Wahrheiten. Etwa wenn er Manfreds Kollaboration mit den Sarazenen besonders betonte, weil es auf den gläubigen Ludwig stärker wirken mochte als die Morde, die er, Urban, zu Recht oder Unrecht, dem Staufer anhängte. Und welch gekröntes Haupt, zumal welch päpstliches, hat, direkt oder indirekt, keine Morde auf dem Gewissen!
Im Sommer 1263 kam man Karl immer näher, wobei sich der Papst durch nicht weniger als 34 Punkte vor dem ebenso ehrgeizigen wie brutalen Provenzalen abzusichern suchte. Denn man wollte zwar die Staufer liquidieren, doch den Angiovinen nicht zu mächtig werden lassen, wenn man auch zunächst mehr verlangte, als man dann durchsetzen konnte. Immerhin fertigten Urban IV. und Nachfolger Clemens IV. bis zum endgültigen Vertragsabschluß nur in dieser Sache rund 100 Urkunden aus.
Vor allem war Karl und seinen Erben die Personalunion von Kaisertum und sizilischem Königtum untersagt, durften sie nie die römische Kaiser-, nie die deutsche Königskrone tragen, nie auch eine Eheverbindung mit einem deutschen Kaiser- oder Königshaus eingehen, nie nach Mittel- oder Norditalien ausgreifen, nie zum Herren der Lombardei, der Toskana sich machen, von den zahlreichen Leistungen, die der Kirche zu erbringen, den Freiheiten, die ihr zu gewähren, den Verzichten und Entschädigungen, die ihr diesbezüglich zu erweisen waren, ganz zu schweigen. Natürlich mußte dem Hl. Stuhl für die Belehnung Geld gezahlt werden, 50000 Sterlingmark und ein jährlicher Tribut von 10000 Goldunzen. Auf Wunsch waren außerdem einmal im Jahr für drei Monate 300 gepanzerte Ritter zu überlassen, 1000 Pferde oder eine demgemäße Anzahl von Kriegsschiffen. Und man schrieb Karl vor, innerhalb eines Jahres mit 1000 Rittern, einem entsprechenden Kontingent Fußvolk und 300 Armbrustern den Krieg zu eröffnen.
Auch wenn der Franzose selbstverständlich Einwände gegen die
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