Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
Geschlecht«, ausgab und sogar populär machen konnte, zumal er »jedes Verbrechen verzieh«, gepredigt hat Ludwig, gepredigt hat der Heilige zugunsten des neuen großen Schurkenstücks, gepredigt wie der päpstliche Legat und die päpstlichen Bettelmönche.
Endlich, im Juni, brach, so nannte es sich, das »Heer Gottes« auf, darunter der Bischof Gui de Beaulieu von Auxerre, der Erzbischof Bertrand von Narbonne sowie viele Träger klangvoller und glanzvoller Namen, raubgeiles Kriegsvolk, auf nichts mehr aus als auf Geld und Besitz, auf Beute, Beute unter dem Zeichen des Kreuzes. Es gelangte fast ungehindert durch die Lombardei, wo ebenfalls das Kreuz gepredigt und jeder Anhänger Manfreds als »Ketzer« verschrien worden war. Und es stellte seine Legitimation durch gräßliche Verwüstungen, Greuel aller Art unter Beweis; auch dadurch, daß es in einer Kleinstadt, die einen französischen Ritter wenig chevaleresk gehenkt hatte, sämtliche Einwohner, auch alle Frauen und Kinder, ausnahmslos abstach – ein Lidice vor Lidice. Aber – war es nicht gottgewollt? Nicht wenigstens zugelassen von Gott? Nicht eine Lappalie neben seinen eigenen gloriosen Bibeltaten? »So wahr ich ewig lebe ... so will ich mich rächen an meinen Feinden ... will meine Pfeile mit Blut trunken machen, und mein Schwert soll Fleisch fressen, mit Blut von Erschlagenen und Gefangenen ...« »Du sollst keine Seele am Leben lassen ...« (I 73 ff.!) 32
Nach sieben Monaten, um die Jahreswende 1265/1266, war man, abgerissen und ohne Geld, in Rom, wo sich Papst Clemens auch jetzt nicht blicken ließ, aber fünf Kardinäle Karl von Anjou am 6. Januar zum König von Sizilien krönten. Ende Januar zog das Heer, der Usurpator an der Spitze, weiter, mit dem Segen der Kardinäle, mit ihrer Absolution, bis zur Grenze noch begleitet, wie seit längerem, vom päpstlichen Legaten Oktavian Ubaldini. Ohne Feindberührung drang man nahe Ceprano ins sizilische Reich ein, bis der Aggressor bei Rocca d'Arce und Cassino erste Gefechte gewann, die gesamte Terra di Lavoro zu ihm übertrat und Manfred, der die Gefahr vielleicht unterschätzt hatte, bei Benevent Stellung bezog, wo am Morgen des 26. Februar 1266 die Entscheidungsschlacht begann.
... und ein zweites Gemetzel für das Papsttum nebst Karls Siegesbotschaft
Da Clemens' Schicksal indes beträchtlich von dem Provenzalen abhing, mußte er mit ihm kooperieren, zumal bereits eine neue Gefahr drohte: Konrads IV. Sohn, der junge Konradin, der letzte legitime Staufer, der ein unbestreitbares Erbrecht auf jenes Reich hatte, das Päpste und Angiovinen ihm zu rauben suchten. Grund genug, das künftige Opfer in der bewährten Tonart der Heiligen Väter zu diffamieren. So schrieb Clemens am 10. April 1267 den Florentinern: »Vom Stamme des Drachen ist ein giftiger Basilisk hervorgestiegen, welcher Toskana schon mit seinem Pesthauch erfüllt; er sendet ein Schlangengezücht, Menschen des Verderbens, unsere und des vakanten Reichs wie des erlauchten Königs Karl Verräter, die Genossen seiner Pläne, an Städte und Edle; mit feiner Lügenkunst brüstet er sich im Flitterprunk« usw.
Der junge Konradin aber, das »Idol«, wie der Papst höhnte, »dies schändliche Götzenbild«, zog, ermuntert von der sizilischen Stauferpartei, von unteritalischen Exulanten, der Opposition im Kirchenstaat, Florentiner Ghibellinen, der kaiserlichen Partei Oberitaliens, am 8. September 1267 von Augsburg aus über den Brenner nach Bozen, Trient, aus dem man den stauferfeindlichen Bischof Egno vertrieben, nach Verona.
Doch die deutsche Heerschar, von dem landeskundigen Konrad Kroff von Flüglingen, einem bayerischen Grafen, geführt, war nicht gewaltig und mußte sich in Eilmärschen durch meist feindliche Gebiete schlagen. Mächtige Fürsten fehlten Konradin, nachdem sein Onkel Ludwig II. von Bayern, sein Stiefvater Graf Meinhard II. von Görz und Tirol sowie dessen aufstrebender Freund Graf Rudolf von Habsburg aus dem riskanten Feldzug schieden. Sie, die Konradin erst zugeraten, setzten sich in Verona ab und kehrten nach Hause zurück. Rudolf von Habsburg wurde 1273 deutscher König, dessen Freund Meinhard II. durch ihn 1286 Herzog von Kärnten, und Ludwig II. »der Strenge« (weil er seine fälschlich der Untreue verdächtigte erste Frau Marie von Brabant hatte köpfen lassen) strich als Konradins Erbe große territoriale Gewinne ein, seine Eigengüter, Burgen, Vogteien wie Hersbruck, Vilseck, Augsburg, Füssen u.a. Zur Sühne für die etwas
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