Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
vorschnelle Enthauptung der Gattin, um dem gestrengen Herzog Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, errichtete er das Kloster Fürstenfeld. Denn für gewisse Vergehen machten Große oft erstaunliche Stiftungen. So erbaute – doch solche Fälle sind zahlreich bezeugt – ein Graf von Rothenburg, der eine Scheune voll hungernder Leute verbrannt hatte, zur Buße das Kloster Deutz. Man kann sich denken, wie dankbar die Kirche für reiche spendable Sünder war. 37
Papst Clemens exkommunizierte am 18. November 1267 den Staufer samt hohem Anhang in Deutschland wie Italien. Er drohte ihm den Verlust des Königreichs Jerusalem an und rief schließlich zum Kreuzzug gegen ihn auf. Konradin, dessen Heer nach Heimkehr der deutschen Fürsten noch aus rund 3000 Rittern bestand, verließ Verona Mitte Januar 1268 und rückte über die ihm befreundeten und ihn fördernden Städte Pavia, Pisa, Siena nach Rom vor, wo ihn am 24. Juli Heinrich »el Senador«, ein Sohn König Ferdinands III. von Kastilien-León, mütterlicherseits ein Staufersproß, triumphal empfing. Heinrich, vom Papst erst am 5. April exkommuniziert und schon vordem von Karl, seinem Vetter, dem er beim Raub Siziliens geholfen, um gewaltige Beträge geprellt, zog nun mit Konradin weiter,
»mit obergrozes heres vulle
an daz lant zo Pulle.
mit im ouch dhe hervart vor
von Rome eyn Senator,
dhes koninghes brudher von Kastelle,
und anderes volkes me dan ich zelle,
Dhudeschen, Lumbarte und Romere ...«
Inzwischen brodelte es im Königreich, auch unter den Sarazenen Luceras, wegen Willkür und Härte des neuen Herrn. Auch war eine Truppe Karls im Arnotal vernichtet, sein Marschall Jean de Braiselve gefangengenommen und Konradins Streitmacht durch Aufständische, deutsche Söldner, italische Ghibellinen und Heinrichs schwergepanzerte Reiterei merklich verstärkt worden, während Papst Clemens sehnlich darauf wartete, »die eisernen Nacken der Rebellen in ein ebensolches Joch zu zwängen«. 38
Das konnte er auch bald; fand allerdings selbst das Joch etwas hart. Karl hatte fast den ganzen April als sein Gast in Viterbo verbracht, später lang, doch vergebens Luceras meuternde Moslems belagert, dann in gemessenem Abstand den Zug seines Gegners verfolgt, ihm den Weg nach Lucera verstellt, bis er in der Ebene östlich von Tagliacozzo die beste Chance zum Angriff bot. Seine eigne Truppe, etwa 4000 Franzosen, Provenzalen, italische Guelfen, war zwar kleiner, aber besser bewaffnet, weniger zusammengewürfelt, auch er, Karl, kampferfahrener als der Feind, der am Morgen des 23. August vor der Schlacht erst noch den gefangenen Marschall Jean de Braiselve einen Kopf kürzer machte; für alle Fälle sozusagen, und als kleines Stimulans vielleicht für das nun anbrechende Gefecht.
Dabei schien es, besonders dank Heinrichs spanischen Panzerreitern, schon nach kurzer Zeit von Konradin – der, weil zu jung, nicht aktiv eingriff – gewonnen zu werden. Karls italische Mitstreiter waren bereits verjagt, auch die Franzosen scheinbar geschlagen, so daß der Sieg als sicher galt, viele deutsche Herren ihre Pferdesättel schon verlassen hatten und – welch ritterliche Haltung, hochgemutes Tun! – Leichen fledderten, gierig am Boden die Toten, die Wehrlosen ausnahmen ... Doch Stehlen, Plündern, Landrauben, Menschenausbeuten und -schlachten, was sonst hätte den Adel mehr zum Adel gemacht, außer den Phrasen, die das Ganze begleiteten und mutatis mutandis begleiten bis heute? (Der Hinweis sei erlaubt, daß ich selbst als Soldat im Zweiten Weltkrieg Leichenfleddereien in Italien zusah, sogar einen derart tätigen »Kameraden« später wieder traf – als Juwelier.)
Beinah aufs Jahr genau ein Jahrhundert vor dem Treffen bei Tagliacozzo notiert der Lodeser Anonymus (?) von den Kriegern im Heer Friedrich Barbarossas, daß »fast alle« (fere omnes), »Bischöfe wie Grafen, Markgrafen und andere Kleriker und Laien mehr von dem, was anderen geraubt oder mit Gewalt weggenommen war, als von ihren eigenen Mitteln lebten« (magis ex rebus aliis raptis et vi ablatis quam ex suis propriis quotidie vivebant). Und woher die »eigenen« Mittel? Doch während des Staufers edle Ritterschar im blutigen Dreck ihr Ein- und Auskommen, ihre Ehre etwas zu vergrößern suchte, stieß Karl, der, bereits tot geglaubt, von einem Hügel aus alles beobachtet und gerade noch, so ein guelfischer Chronist, tränenreich die Madonna angefleht hatte, mit seiner in einer Erdsenke versteckten Reserve aus dem Hinterhalt
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