Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
Forderungen hatte, in 14 Punkten Bedenken erhob und das Feilschen sich ein Jahr hinzog, zumal er noch zwischenzeitlich in Rom zum Senator auf Lebenszeit gewählt worden war, was Papst Urban doch etwas lang schien – der ehrgeizige Anjou drängte zum Losschlagen, und seine Ungeduld, seine zielstrebige Eile vor allem brachten ihm Erfolg und Sieg. 30
Karl der Retter ist da
Der Vertragsabschluß im Herbst 1264 fiel ungefähr mit Urbans IV. Tod am 2. Oktober in Perugia zusammen, worauf es wegen der Zerstrittenheit der Kardinäle vier Monate dauerte, bis der nächste Papst am 5. Februar gewählt war: Clemens IV. (1265–1268), Guy Foulques (Guido Fulcodi), ebenfalls Franzose, Richtersohn und selbst Jurist, verheiratet, Vater zweier Töchter, Rechtsberater Ludwigs IX. Erst neun Jahre vor seiner Wahl wurde er Priester, im nächsten Jahr bereits Bischof von Le Puy, zwei Jahre darauf Erzbischof von Narbonne, wieder nur drei Jahre später Kardinal, eine rasante Karriere. Allerdings ließ ihn die herrschende Papstfeindlichkeit nur als Mönch verkleidet nach Perugia gelangen und bloß dort und in Viterbo residieren, während man in der Heiligen Stadt selbst raubte, mordete, die Straßen verschanzte.
Der neue Papst und der künftige König, beide berechnende kalte Naturen, kamen aus denselben Gefilden, mochten einander aber nicht, wenngleich sie einander benutzten, ohne aus ihrem Mißfallen ein Geheimnis zu machen. Zumal Karls Verhalten war von ungebremster Despektion. Doch fesselten ihn seine Pläne, seine Machtsucht zu sehr, um sich sonderlich um den Papst, seinen einstigen Untertanen, zu kümmern. Jedenfalls schlossen sie den Sizilienhandel endgültig ab. »Der Nerv des Unternehmens war das Geld« (Gregorovius).
Karl unterschrieb, was der Papst wünschte, aber scherte sich den Teufel darum. Er wies seinem Heer den Landweg zu und kam selbst, begünstigt durch allerlei Zufälle – die oft mehr Geschichte machen, als man glauben möchte – mit etwa 40 Schiffen und 1500 Mann, doch ohne Pferde, am 21. Mai nach Ostia, wo infolge hoch stürmender See die zwischen Marseille und der mittelitalischen Küste kreuzende sizilisch-pisanische Flotte zu spät erschien, um seine Landung verhindern zu können. Clemens IV. kam gar nicht. Doch besteuerte er, nach gutem päpstlichem Brauch, fast ganz Europa, und vier Kardinäle belehnten den Angiovinen weisungsgemäß am 28. Juni 1265 in der Basilika des Lateran mit dem sizilischen Königreich. 31
Nicht nur Papst Clemens war nicht nach Rom gekommen, auch kein Geld kam mehr; weder von ihm noch kaum von der französischen Kirche, die Karls Raubzug insgesamt finanzieren sollte. Doch verschlang die eingehenden Kirchenzehnten meist schon das in Frankreich unter dem Kardinallegaten Simon de Brion, dem späteren Papst Martin IV., einem Franzosen, einst »Kanzler« und Großsiegelbewahrer Ludwigs des Heiligen, sich sammelnde und von ihm notdürftig ausgerüstete Kreuzheer. In Rom aber verbrauchten die Ritter und Armbrustschützen des Anjou schätzungsweise tausend Gulden und mehr (1200 turonesische Pfunde) Tag für Tag, so daß Karl, der, zum Mißfallen des Papstes, »wider alle Schicklichkeit«, im Lateranpalast domizilierte, wo schon sein Vikar Gantelmi die Schatzkammer erbrochen und geleert hatte, unentwegt Geld verlangte, seine Gattin ihre Juwelen verpfändete und der Heilige Vater den Legaten Geldeintreiber in Frankreich bedrängte, »jeden Zwang anzuwenden, niemand zu schonen«.
Immer dringender auch appellierte Clemens an den hl. König Ludwig: »Erbarme dich deines Bruders, hilf dem Christenvolk!« Nichts half. »Mein Schatz ist völlig leer«, klagte er dem Anjou selbst und breitete sein Unglück vor ihm aus: »England widerstrebt, Deutschland will nicht gehorsamen, Frankreich seufzt und murrt, Spanien hat mit sich selbst genug zu tun, Italien zahlt nicht, sondern verschlingt.« Clemens delogierte Karl kurzerhand aus dem Lateran (»Such dir anderswo in der Stadt deine Wohnung ...«), versetzte die Einnahmen der römischen Kirchen, ja den eignen Kirchenschatz, und verschuldete sich bei den ihn mit hohen Zinsen aussaugenden Kaufleuten in Siena und Florenz, bei Wucherern von Italien bis Südfrankreich.
Doch wenn der hl. Ludwig auch nichts zahlte für den Kreuzzug, den Glaubenskrieg, als welchen der Papst die Eroberung des süditalischen Stauferreiches, die Heerfahrt wider Manfred, den »Sultan von Lucera«, den »gottlosen Heiden«, »die giftgeschwollene Brut eines Drachen aus giftigem
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