Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
Vom Netzwerk:
Volkswut, nur eine frühnationale Revolte wider die französische Fremdherrschaft. Vielmehr führten Vornehme, meist »adlige Aufsteiger« die Erhebung an, ging ihr überhaupt schon »eine Verschwörer- und Agententätigkeit großen Ausmaßes voran« (Herde).
    Die Umtriebe standen unter der Regie König Peters III. »el Gran« von Aragón (1240–1285) und seiner diversen Verbündeten, u.a. des ihn finanzierenden, weil durch Karl bedrohten byzantinischen Kaisers Michael VIII. sowie sizilianischer Dissidenten. Eine Schlüsselfigur, ein Hauptdrahtzieher der antiangiovinischen Aktionen war der Salernitaner und hochangesehene Arzt Giovanni da Procida, ein Vertrauter Friedrichs II., auf dessen Testament sein Name stand. Procida kämpfte bereits mit Manfred bei Benevent, mit Konradin bei Tagliacozzo, und nach dessen Tod suchte er 1270 einen jungen Vetter, Friedrich I. Markgrafen von Meißen und Landgrafen von Thüringen, den letzten männlichen Staufer, vergeblich zum Kampf um den sizilischen Thron zu ermutigen. Zuletzt weilte Procida am aragonesischen Hof, wo König Peter, seit 1262 verheiratet mit Konstanze, König Manfreds Erbtochter, Wahrer staufischer Rechte auf Sizilien war, der Verfechter von Ansprüchen, die nach Konradins Auslöschung noch an Gewicht gewannen.
    Unter Nutzung der Revolution bekam Peter die Insel auch in die Hand. Er hatte, vorschützend, die Mohammedaner Tunesiens zu bekriegen, gerüstet, ein Expeditionskorps von mehr als 10000 Mann aufgestellt, hatte sogar, zur Täuschung, den Papst um einen »Kreuzzugszehnten«, ja, den Anjou selbst um finanzielle Hilfe gebeten; beides vergebens. Interessen Peters galten zwar auch Nordafrika, sein eigentliches Ziel aber war Sizilien. Und als Karl im Juli dort landete und Messina angriff, setzte der Aragonese, von den Sizilianern gerufen, Ende August von Nordafrika nach Trapani über, zog am 4. September, begeistert begrüßt, in Palermo, am 2. Oktober in Messina ein, wo Karl die Belagerung aufgab und zum Festland zurückkehrte. Er hatte Sizilien für immer verloren.
    Während aber das für den 1. Juni 1283 anberaumte, vom ganzen ritterlichen Europa spannungsvoll erwartete Schauspiel eines Fürstenzweikampfs zwischen Karl und Peter bei Bordeaux zu einer peinlichen Farce geriet, weil beide, mit je hundert Rittern zum Turnier ziehend, einander um ein paar Stunden auf dem Duellplatz offenbar absichtlich verfehlten, worauf jeder sich als Sieger, den Gegner als feig erklärte, kam etwas anderes zwischen Anjou und Aragón durchaus zustande: »ein ruinöser, den ganzen westlichen Mittelmeerraum erfassender zwanzigjähriger Krieg« (Lexikon für Theologie und Kirche); Fürstenkomödie und Völkertragödie ... 14
    Die Sizilianer, die sich durch ihr gräßliches Schlachtfest aus dem angiovinischen Joch befreit und alle Franzosen der Insel ermordet oder vertrieben hatten, erkoren nun mit untrüglichem Instinkt Karls gefügigstes Werkzeug, Papst Martin IV., zu ihrem Schutzherrn. Doch der, dem Despoten blind ergeben, wies ihren Antrag weit von sich, forderte strikt Unterwerfung und sicherte Karl bei der Rückeroberung des Rebellenlandes jeden Beistand zu. Und hatte er schon den byzantinischen Basileus als Schismatiker gebannt, so exkommunizierte er auch Peter von Aragón, als er die sizilische Krone annahm, setzte ihn ab und ließ das Kreuz gegen ihn predigen.
    Karls Macht aber war gebrochen. Nicht nur Sizilien hatte er verloren, auch Kalabrien, auch große Teile des Festlandes sagten sich von ihm los. In Forlí, unter dem Grafen Guido Montefeltro, Capitano di guerra e del popolo, entschieden antipäpstlich, tötete man schon am 1. Mai 1282 zweitausend Franzosen. In Rom wurde im Januar 1284 das Kapitol gestürmt, die französische Besatzung liquidiert und ein Volksregiment eingesetzt. Doch im selben Jahr trieb auch der Papst Gelder zur Finanzierung eines weiteren Krieges auf und predigte den Kreuzzug gegen die Aragonesen. Im selben Jahr zog Karl mit starker Streitmacht in den Süden und belagerte Reggio, freilich umsonst. Im selben Jahr schlug der aragonesische Admiral Roger de Lauria (Lluria), ein »seemännisches Genie« (Bresc), ein brutaler Sklavenjäger, Massenschlächter, die provenzalische und neapolitanische Flotte der Anjou bei Malta, Nicotera und vor Neapel, wobei Fürst Karl von Salerno, Karls I. Sohn und Erbe, in die Gewalt König Peters geriet, der nun als Staufererbe die Krone Manfreds trug, die diesem einst Karl unter so großem Blutvergießen geraubt. Und im

Weitere Kostenlose Bücher