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Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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Kardinalshut anbot, um sich seines Rates zu versichern, lehnte er dankend ab: »Ich könnte guten Rat nur dann geben, wenn es Leute gäbe, die auf mich hören würden; an der römischen Kurie ist aber nur von Kriegen und Triumphen, nicht von der Erlösung der Seelen die Rede.« 11

Der »französischste« der Päpste und die Sizilianische Vesper

    Nikolaus' III. Abmachungen mit Rudolf von Habsburg hatten das Papsttum ebenso gestärkt wie Karl von Anjou geschwächt, der sich nun wieder auf das süditalische Königreich beschränkt sah. Und als Nikolaus am 22. August 1280 einem Schlaganfall erlag, nebenbei: in einem seinem Neffen Ursus widerrechtlich übereigneten Kastell, kam es in Rom zu Unruhen, in Viterbo zu einer tumultuösen Papstwahl, die sich mit Feilschen und Ränken sechs Monate hinzog. Doch erst als Karls Vertrauter Richard Annibaldi, einst Mitkämpfer Konradins bei Tagliacozzo, mit seinen Bütteln zwei Orsini-Kardinäle, Neffen des verstorbenen Papstes, mit Waffengewalt aus dem im Bischofspalais versammelten Kollegium gerissen und unter Mißhandlungen hinter Gitter gebracht, auch einen weiteren Orsini-Kardinal an der Teilnahme gehindert, bekam man das Karl genehme Kirchenhaupt: den Franzosen Simon de Brie (oder Brion), der als Legat Urbans IV. und Clemens' IV. in Frankreich die angiovinische Machtergreifung im süditalischen regnum vorbereitet hatte.
    Jetzt war Martin IV. (1281–1285), wegen seiner Konflikte mit den Römern meist in Orvieto residierend, natürlich erst recht der Mann des Königs; ja er, der dessen Usurpation eingeleitet, ihm den Weg nach Italien eröffnet hatte, wurde der »französischste« Papst des Jahrhunderts und ein dezidierter Deutschenhasser. Außenpolitisch förderte er Karls projektierte Rückeroberung Konstantinopels, einen Krieg, der nach großen Rüstungen im Mai 1282 beginnen sollte. Gegen Karls Hauptfeind Peter III. von Aragón schleuderte er seine Bannbullen, setzte er alle Kirchenmittel ein. Und innenpolitisch verschaffte er dem Anjou wieder die senatorische Gewalt in Rom, die ihm Nikolaus III. gerade erst entzogen.
    Karls Macht wuchs im ganzen Land. Von Palermo bis zum Po amtierten Provenzalen und Franzosen. Selbst sehr bevorzugt, reich mit Gütern und Lehen bedacht, unterjochten sie das Volk, bedrohten sie die Freiheit der Städte. Die castelani, die Kommandanten der Kastelle, meist französische Ritter, drangsalierten mit ihren Besatzungen die Bewohner der Umgebung, verübten oft die ungezügeltsten Exzesse. Selbst im Kirchenstaat überließ Martin dem König weitgehend freie Hand, im Patrimonium zogen sizilische Garnisonen ein, blutige Zusammenstöße mit Ghibellinen folgten in der Romagna. 12
    Die »mala signoria« des Anjou wurde rasch offenkundig. Er hatte von Anfang an Köpfe rollen lassen und die Anhänger Konradins gejagt. Bei der Eroberung Luceras am 27. August 1269 machte man wenig Sarazenen, doch viele, die meisten Christen nieder. Selbst streng kirchliche Kreise, sogar erklärte Guelfen wandten sich allmählich gegen den König. Auch auf dem Lyoner Konzil fand Karls Terror scharfen Tadel. Und während seine Außenpolitik zuletzt stagnierte, wuchsen die Probleme im Innern, die schikanöse Besatzungs-, die Land und Leute hart ausbeutende angiovinische Fiskalpolitik, entlud sich schließlich der aufgestaute Fremdenhaß in einer gewaltigen Explosion, so daß der Anjou einen für April 1283 gesehenen Feldzug, den Papst Martin freundlicherweise als Kreuzzug ausgab, nicht mehr beginnen konnte.
    Es war am 31. März 1282, am Ostermontag, während eines großen Landausflugs zum Kirchweihfest des Klosters Santo Spirito bei Palermo zur Zeit der Vesper. Französische Soldaten belästigten Sizilianerinnen, und beim Abfingern einer Schönen nach einem verborgenen Dolch stachen Vater und Ehemann einen Zudringling nieder. Rasch artete der Mord in ein Massaker am gallischen Kriegsvolk aus. Dann griff das Gemetzel auf die französischen Bewohner Palermos über, die sämtlich, ohne Unterschied von Alter und Geschlecht, massakriert worden sind, darunter sogar von Besatzungstruppen geschwängerte Insulanerinnen. Innerhalb eines Monats stand die ganze Insel in Aufruhr. In Catania sollen 8000, in Messina, obwohl guelfisch orientiert, 3000, insgesamt sollen 24000 »Ultramontani« ermordet worden sein. 13
    Das Blutbad, die Sizilianische Vesper, ohne die Politik der (französischen) Päpste kaum denkbar, war keineswegs, wie ältere Historiker oft behaupten, Ausdruck nur spontaner

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