Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
gefährlichsten Gegner, dem Papst völlig ausgeliefert und konnte, trotz langer, harter Verhandlungen, trotz ihres vehementen Widerstandes nichts gegen ihn erreichen, und dies, obwohl die sizilischen Könige ein Eingreifen des Papstes in die Regelung der Nachfolgefrage beim Tod des Herrschers »der Kurie niemals zugestanden« hatten (Pfaff).
Zwar belehnte Innozenz Konstanze samt Sohn mit Sizilien, aber unter Verzicht auf die deutsche Krone, den deutschen Königstitel, eine Option auf das Kaiserreich sowie auf viele und außergewöhnliche kirchliche Vorrechte der sizilischen Monarchen. Schätzte der hohe Klerus doch schon immer den Umgang mit minderjährigen Thronfolgern bzw. Regenten; je jünger, unselbständiger, desto bequemer für ihn (vgl. z.B. V 343 ff.).
Der Papst verstärkte somit seinen Einfluß auf die Insel beträchtlich. Er leistete Beistand, selbstlos scheinbar, doch ganz und gar in seinem Interesse und obendrein noch teuer bezahlt. Denn ein (fragmentarisch erhaltenes) Testament setzt Innozenz zum Vormund von Konstanzes Sohn sowie zum Reichsverweser ein mit einer Jahresrente – neben Erstattung aller Auslagen! – von 30000 Tarenen (Goldmünzen). Soll doch sogar Kaiser Heinrich das päpstliche Oberregiment über Sizilien anerkannt und damit sein eigenes Lebenswerk recht eigentlich vernichtet haben, freilich in eben dem nur auszugsweise tradierten, von der Kurie tradierten und genutzten Papier, das zudem teilweise stark verfälscht ist und daher als »unbrauchbar« gilt (Walter Zöllner). »Die Verfälschungen des wahrscheinlich echten Testamentsgrundstocks brauchten keineswegs von
einer
Seite auszugehen. Vollen Vorteil von allen Bestimmungen, wenn z.T. auch nur theoretischen, hatte allein die Kurie. Wenigstens von den Teilen, die sie in ihrer Weise veröffentlichte. Es ist begreiflich, daß sie die entgegenstehenden beiseite ließ« (Pfaff). Muß man sich ja immer wieder daran erinnern, daß das katholische Mittelalter ein Eldorado klerikaler Fälscher war, daß man jahrhundertelang fast ebensoviel gefälscht wie nicht gefälscht hat (IV 393 ff.! V 181 ff.!) und diese Fälschungen, so Ferdinand Güterbock, ein Kenner der Stauferzeit, »damals in guten Treuen von frömmsten und gelehrtesten Männern gemacht wurden«. 17
Nach Konstanzes Ableben am 28. November 1198 ergriff der Papst sogleich durch einen Regentschaftsrat, bestehend aus den vornehmsten Bischöfen und einem Kardinallegaten, das Regiment auf der Insel. Faktisch war er jetzt Herr des gesamten regnum. Doch geriet er bald in Konflikt mit zwei ehemaligen Vertrauten Heinrichs VI., dem 1195 zum Kanzler des Königreiches gemachten Walter von Pagliara, Bischof von Troia, und dem gleichfalls vom Kaiser hochbegünstigten, mit den Herzogtümern Ravenna, Romagna, der Mark Ancona und zwei Grafschaften belehnten Markward von Annweiler.
Konstanze hatte Walter von Pagliara, den Parteigänger des Kaisers und somit Feind der alten Normannendynastie, vorübergehend einkerkern lassen. Doch im Grunde kümmerte den Prälaten weder das alte noch neue Herrscherhaus. Vielmehr dachte er nur an das eigene Interesse, die Wahrung seiner führenden Position, die ihm das königliche Eigentum großzügig zu seinen und seiner Familie Gunsten zu verschleudern gestattete – und starb dennoch (um 1230) verarmt in Rom.
Markward, der Führer der Deutschen, erstrebte die Macht auf Sizilien als Reichsverweser und konkurrierte deshalb mit Kanzler Walter, dem jahrelang aus der Königsburg von Palermo Vertriebenen. Hatte Konstanze ja auch den ehrgeizigen Markward, von dem die Päpstlichen allgemein verbreiteten, er trachte Friedrich II. nach dem Leben, des Landes verweisen lassen. Im Oktober 1199 aber landete er bei Trapani und begann, wiewohl samt Anhang vom Papst gebannt, gemeinsam mit Pisanern und Scharen von Moslems allmählich fast die ganze Insel zu erobern. Innozenz beorderte deshalb unter dem Kommando des Kardinallegaten Cinthius sowie seines eigenen Vetters, Marschall Jakob, ein Heer nach Sizilien. Es kämpfte zunächst auch erfolg- und beutereich. Doch hatte man bald kein Geld mehr und zog, auch von Krankheiten geschwächt, schon im Herbst 1200 wieder übers Meer, worauf Markward sich im November 1201 Palermos bemächtigte. 18
Im selben Jahr aber einigten sich Bischof Walter und der Deutsche, dem er schließlich Sizilien überließ, während er, von Innozenz exkommuniziert und aller Würden entsetzt, auf dem Festland den Kampf organisierte, bis Markward, schon fast
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