Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
auch 350 Burgen vererbt haben soll) sowie Gemahl der byzantinischen Kaisertochter Irene, die Kandidatur des Neffen preis. Gedrängt von seinem Anhang, ließ sich Philipp am 8. März 1198 im thüringischen Mühlhausen von der Mehrheit der deutschen Wahlfürsten, meist ostdeutschen staufertreuen Herren, zum König wählen. Als erster hatte Erzbischof Ludolf von Magdeburg für ihn gestimmt. Und bald hing ihm fast der gesamte Osten, der Süden an, »die ganze Kraft des Reiches«, sagt Arnold von Lübeck. 20
Natürlich hielt auch die antistaufische Opposition um den Kölner, der neben seinen Bistumsmannschaften noch über Scharen westfälischer sowie niederlothringischer Grafen und Ritter gebot, nach einem Thronkandidaten Ausschau. Doch einige weilten noch auf Kreuzfahrt. Andere verweigerten sich; darunter Herzog Berthold V. von Zähringen, weil er – nachdem er seine Wähler schon mit 6000 Mark Silber »gesalbt« – noch dem Kölner und Trierer Metropoliten 1700 Mark Silber zahlen sollte, aber nunmehr »das Königtum nicht kaufen« wollte (Marbacher Annalen). Er schloß sich Philipp an, dessen Zuwendungen wenigstens seine Auslagen vergüteten; für den reichen, doch geizigen Herzog wichtig. Und Erzbischof Johann I. von Trier, vordem Hofkanzler Barbarossas und Heinrichs VI., war von einem Kölner Amtsbruder mit 8000 Mark bestochen worden.
Beiläufig: Politik, zumal eine Königswahl, wurde schon seinerzeit nicht nur durch Übertragung von Reichsgütern und -rechten, sondern auch durch Geld, »durch die Aussetzung immer höher werdender Geldbeträge« (Reisinger) betrieben und entschieden. Der Papst kannte die Käuflichkeit des Kölner Seelenhirten, beklagte sie – und empfahl seinerseits dieselbe Methode. Mehrfach animierte er Otto IV., die Fürsten durch Generosität zu gewinnen, mit Versprechungen, mit Privilegien nicht zu geizen. Denn welch edler und aller Ehren werte Herr war nicht bestechlich!
Bei dem Kölner weist alles »sehr entschieden darauf hin, daß die Rücksicht auf persönlichen Nutzen und Geldgewinn ihn bestimmt hat, eine neue Königswahl zu betreiben, selbst auf die Gefahr hin, dadurch in Deutschland den Bürgerkrieg zu entzünden« (Winkelmann). Doch dies wollte die um ihn gescharte Opposition gerade; wobei auch Johann von Trier für den Kandidaten seines Kölner Kollegen nur gewonnen werden konnte, weil ihm dieser den Kölner Domschatz verpfändete. Für eine Summe, die wahrscheinlich der künftige König bezahlen sollte. Aber schon auf dem Mainzer Reichstag 1198 wechselte der Trierer zu Philipp über, um sich dann, auf Druck des Papstes, wieder Otto zu nähern, bis 1202 seine Trierer, die Bürger, die Dienstmannen, der Klerus, erneut sich mit Philipp verständigten und er folgen mußte, worauf ihn die große Exkommunikation des Papstes traf. Eduard Winkelmann, Biograph der königlichen Nebenbuhler, nimmt an, daß sich Erzbischof Johann Ende 1203 wieder dem Papst unterwarf, doch später noch einmal zu dem siegreichen Philipp zurückgekehrt ist.
Schließlich berücksichtigte die kölnische Partei den Wunsch eines erbitterten Staufergegners, Richard I. Löwenherz, einem Mitglied des mit ihm eng verbundenen Welfenhauses die Krone zu geben, wofür er dem Kölner Kirchenfürsten das anscheinend ausschlaggebende Geld bezahlte, wofür auch dessen am Handel mit England interessierte Bürger eintraten.
Somit wählten die Großen vom Niederrhein und aus Westfalen »nach Anrufung der Gnade des Heiligen Geistes«, wie Ottos Wahlanzeige an den Papst berichtet, am 9. Juni 1198 in Köln den Sachsen Otto von Braunschweig, Grafen von Poitou, den am englischen Hof aufgewachsenen dritten Sohn Heinrichs des Löwen und seiner Frau Mathilde, der Schwester des Königs von England. Geistig wohl kaum ganz so unbemittelt, wie ihn die staufisch gesinnte Geschichtsschreibung macht (»superbus et stultus, sed fortis«: Burchard von Ursberg), doch sicher hochfahrend und draufgängerisch, war Otto in vielem seinem söhnelosen, ihn auf jede Weise, nicht zuletzt mit englischem Gold fördernden Onkel ähnlich. Und einen Monat nach der Wahl, am 12. Juli, krönte ihn Adolf von Köln, der eigentliche Königsmacher, in Aachen »in geziemender Feierlichkeit« und beschwor so für Deutschland »ein Unglück mit bleibenden geschichtlichen Folgen herauf« (Stehkämper).
Für den Erzbischof freilich lohnte es sich. Er bekam von Otto IV. (1198–1218) umfassende Zuwendungen, bekam nicht nur den Besitz des westfälischen Dukats (ducatus
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