Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
er lenkte die Kirche, wie er wollte, und warf diejenigen, die nicht nachgaben, nieder. Er herrschte höchst grausam, schürte den Krieg und ruinierte viele Menschen.«
Dino Compagni 3
»Das Ende des gewaltigen Bonifaz VIII. durch den Überfall der französischen Scharen auf seine Sommerresidenz, das sogenannte Attentat von Anagni im Jahre 1303, gilt mit Recht als Ouvertüre des späten Mittelalters. Das Aufsteigen der nationalen Staaten mit Frankreich an der Spitze bedeutete die große Wende für die Macht und den Einfluß der zentral geleiteten Kirche im Westen. Von jetzt ab geht die politische Vormachtstellung Roms erheblich zurück.«
Karl August Fink 4
»Der Zeitgeist stürzte ihn, wie er Friedrich II. gestürzt hatte. Er strebte nach einem schon phantastisch gewordenen Ziel; er war der letzte Papst, welcher den Gedanken der weltbeherrschenden Hierarchie so kühn aufgefaßt hat wie Gregor VII. und Innocenz III. Aber von diesen Päpsten war Bonifaz VIII. nur eine verunglückte Nacherinnerung, ein Mann, der nirgend etwas Großes zustande brachte und dessen hochfliegendes Streben statt Bewunderung nur ein ironisches Lächeln erregt.«
Ferdinand Gregorovius 5
»Bonifaz VIII war eine Herrschnatur von wirklicher Größe. Es lebten große Ideale in ihm. Aber er war persönlich hart und schuf sich viele Feinde. Auch war er nicht ausschließlich für das Gemeinwohl ...«
Der katholische Theologe Joseph Lortz 6
»Der hochgemute Sünder«
Zehn Tage nach Coelestins Resignation, am sogenannten Heiligen Abend 1294, wählten die Kardinäle in Neapel mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit Benedetto Caetani zum neuen Papst. Er nannte sich Bonifaz VIII. (1294–1303) und ließ noch vor Jahresende Neapels heißes Pflaster samt Coelestins Mönchshaufen so plötzlich hinter sich, daß sogar sein meistes Gepäck dort blieb. In Rom aber beging er seine Krönung am 23. Januar 1295 mit dem ganzen, von ihm so geliebten imperatorenhaften Pomp. Die einflußreichsten Aristokraten der Stadt bedienten ihn beim gold- und juwelenumfunkelten Bankett im Lateran, ein König waltete als Mundschenk, nachdem schon zuvor zwei Könige, Vasallenkönige, der von Ungarn und von Neapel, in Scharlach gekleidet, sein Pferd, einen kostbar behängten schimmernd weißen Zelter, durch den Schneematsch geführt; vierzig Schaulustige starben im Gedränge.
Der entsprungene »Engelpapst« strebte inzwischen, verfolgt von den Häschern des Pontifex wie des Königs, dem der Entmachtete ja jetzt nicht mehr nützen konnte, durch Apuliens Wälder zur Adriaküste, geriet aber auf der Flucht nach Griechenland bei einem Schiffbruch in die Gewalt des Nachfolgers und steckte nun bis zu seinem Tod am 19. Mai 1296 im Turm des Castels Fumone, einer seit langem als Staatsgefängnis fungierenden abgelegenen Veste, östlich von Ferentino, in der schon einmal ein Papst gestorben war; wobei offenbleibt, ob Bonifaz Coelestin umgebracht hat. Immerhin gestand er dem eigenen Bruder Roffred, nicht unbesorgt regieren zu können, solange sein Vorgänger noch lebe. Immerhin wurde dessen plötzlicher Tod verheimlicht, bekam die Leiche niemand mehr zu Gesicht. Und immerhin wurde auch der ihn zuletzt betreuende Ordensbruder von den Schergen des Bonifaz aufgegriffen, in den Kerker zurückgebracht und wahrscheinlich getötet.
Nach der »Geschichte der katholischen Kirche« des Jesuiten Hertling aber hielt Papst Bonifaz seinen Vorgänger »in einer Art von ehrenvoller Haft in einem Schloß bei Anagni«. Das in diversen Ausgaben zwischen »lockerer Haft« und »hartem Gewahrsam« schwankende Lexikon für Theologie und Kirche vermerkt weiter Coelestins baldigen »Ruf der Heiligkeit«, doch auch: »seine Abdankung bewahrte die Kirche vor Schlimmerem«; registriert ferner die offizielle Heiligsprechung am 5.5.1313, dazu – 1994 – dezent in Klammern: »(jüngst aus dem Festkalender gestrichen)«! Endlich, heißt es von Papst Bonifaz: Coelestins »baldiger Tod (19.5.1295) ihm angelastet«. Wer weiß, vielleicht gelingt in Anbetracht aller Umstände dem Beseitiger sogar der Sprung noch auf die »Ehre der Altäre«? Würdig dafür wäre er! 10
Eine Figur wie Benedetto Caetani, gefürchtet, verhaßt, menschenverachtend, völlig unfähig zur Freundschaft, verführt dazu, schwarz in schwarz zu malen, wie es sich auch gehört. Doch war der stattliche, etwas schwergewichtige, aber wohlgestaltete Papst mit den sonderbar sensiblen Händen bei all seinen unangenehmen, oft scharf verletzenden
Weitere Kostenlose Bücher