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Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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die seit langem die Unheilssaat gestreut.
    Erst kürzlich aber, 1215, hatte das Vierte Laterankonzil eine ganze Reihe judenfeindlicher Bestimmungen wieder eingeschärft, ja »eine neue Grundlage des Judenrechts geschaffen« (Kupisch), hatte es die »Zweitrangigkeit« der Hebräer im allgemeinen Bewußtsein noch einmal vertieft. Dabei konnte sich der Papst des Konzils, Innozenz III., auf den großen Antijudaisten Augustin berufen (I 511 ff.). Doch hatte auch in jüngster Zeit, auf der Höhe des Mittelalters, Thomas von Aquin, doctor angelicus, die durch das Konzil bestätigte Lehre von der ewigen Knechtsexistenz der Juden, von ihrem Sklavenstand, vertreten. Und sehr populär, jedenfalls oft zitiert, wurde Innozenz' Wort: »Der Jude ist seinem Gast wie ein Feuer im Busen, wie eine Maus im Sack, eine Schlange am Hals.«
    Die antisemitischen Beschlüsse nicht nur dieser Lateranversammlung wurden in England früher durchgesetzt als irgendwo sonst in Europa, früher und konsequenter. So führte der Erzbischof von Canterbury 1218 als erster die diskriminierende Kleiderkennzeichnung ein. Jeder englische Jude mußte fortan ein Abzeichen in Form der Gesetzestafeln tragen, daher »tabula« genannt (Hitlers Judenstern!). Ein halbes Jahrhundert später mußte es größer und gelb gefärbt und seit 1279 auch von Frauen getragen werden. Und zwischenzeitlich, 1263, hatte ja auch schon König Ludwig der Heilige allen jüdischen Männern und Frauen dieses Schandmal an ihren Kleidern zu zeigen befohlen, einen Kreis aus gelbem Stoff, und zwar »vorne und hinten auf ihrer Kleidung«. »Wahrhaftig, die Nazis«, ruft Rudolf Krämer-Badoni, »haben viele ihrer Greuel nicht erfunden, sie haben oft auf die Praktiken des christlichen Mittelalters zurückgegriffen, auf die Praktiken jener absolut christusgläubigen Massen, denen von Kirchenvätern und Theologen lange genug weisgemacht worden war, daß Juden Gottesmörder und Sklaven der Christen seien, und von Predigermönchen und vorher schon vom Vierten Laterankonzil, daß Juden wegen des Wucherzinses als Aussauger braver Christen zu behandeln seien.«
    König Heinrich III. warf in seinen aktiven Regierungsjahren zwischen 1236 und 1254 die englischen Juden, gewöhnlich die Männer, gelegentlich auch Frauen und Kinder, ins Gefängnis. Der häufig schwächlich erscheinende, aber kostspielige Kriege führende Monarch erwies sich hier als markig. Er ließ die Juden berauben, erpressen und gab sie erst frei, hatte er ihnen genug Geld abgenommen, Beträge zwischen zehn- und zwanzigtausend Mark; 1244 aber, als man von einem Ritualmord in London munkelte, verlangte er sechzigtausend Mark Lösegeld.
    1253 verordnete er als Grundprinzip, »daß kein Jude in England verweilen darf, ohne dem König Dienst zu leisten, und daß jeder Jude, ob männlichen oder weiblichen Geschlechts, von der Stunde seiner Geburt an,
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irgendwie nützen muß«. Und keinem Christen, auch nicht dem geringsten, durfte durch Juden geschadet werden, etwa indem ein solcher Mensch eine Kirche betrat oder während der Fastenzeit Fleisch aß oder empfindsame Christenohren durch zu lautes Beten verletzte. Wurde gar in Synagogen gesungen und so der Gottesdienst in einer benachbarten Kirche gestört, konnte die Synagoge beschlagnahmt werden; der Bau einer neuen war ohnedies verboten.
    Als es in England einmal mehr zum Bürgerkrieg, als es 1258 zu einem weiteren »Aufstand der Barone« kam, legte der Adel seine Verarmung den Juden, den königlichen Geldeintreibern, zur Last und das Londoner Judenviertel wieder in Asche. Wer sich nicht taufen ließ, wurde getötet. Doch auch auf andere Städte, auf Canterbury, Worcester, Bristol, Lincoln, griffen die Pogrome über, und der alte Vorwurf des Ritualmordes taucht auf. Einen »Ritualmörder«, der unter der Folter gesteht, läßt der König an einem Pferdeschwanz durch die Straßen zerren und hängen, wie andere Juden auch. Man schlägt tot, setzt gefangen, bringt auf den Scheiterhaufen, an den Galgen – und Papst Honorius IV. protestiert 1286 in einer Bulle an die Kirche Englands gegen den geselligen Verkehr von Christen mit Juden und fordert deren strengere Isolation.
    Aber König Eduard I. (1272–1307) greift noch radikaler ein. Und war er nicht wie geschaffen dafür? Ein unentwegt Schulden anhäufender und Krieg führender Fürst (der auch am zweiten Kreuzzug Ludwigs des Heiligen teilnahm und als einziger der Hauptführer von Tunis weiter ins Heilige Land zog)? 1290 weist er die Juden,

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