Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
Vom Netzwerk:
»die herrlichen Taten« der Kreuzfahrer und schrieb ihm den ganzen Ruhm des so gottgesegneten Geschäftes zu. Der große Rest, der erst noch erobert werden mußte, wurde zwischen den übrigen Führern der Franken und den Venezianern geteilt und zu autonomen feudalen Fürstentümern gemacht.
    Die Venezianer, deren maritime Expansion zugleich politische Geschichte war, begründeten im östlichen Mittelmeer ein Kolonialreich. Es hat den Untergang des Lateinischen Imperiums ebenso wie die vier großen Seekriege mit Genua zwischen der Mitte des 13. und dem Ende des 14. Jahrhunderts überdauert und dort ihre Handelsherrschaft bis ins 16. Jahrhundert, bis zur osmanischen Invasion, gesichert. Daß sie jetzt, allen päpstlichen Anstrengungen zum Trotz, auch den lateinischen Patriarchen Tomaso Morosini aus einem der ältesten venezianischen Adelshäuser stellten, den zweitmächtigsten Mann des Staates, hatte demgegenüber kaum Gewicht. Erwähnenswert immerhin, daß Tomaso Morosini im März 1205 in Rom innerhalb von drei Wochen zum Diakon, Priester, Bischof und Erzbischof avanciert – »Der gewaltige Papst, der mächtigste Mann der Welt, wich vor dem Dogen von Venedig zurück« (Kretschmayr) – und daß der derart Erhobene gleich noch im Frühjahr, auf seiner Reise nach Byzanz, Ragusa und Durazzo für Venedig erobert. Welcher Auftakt einer Seelsorgerlaufbahn! Formell unterstanden die Venezianer zwar der Oberhoheit des Kaisers, beherrschten aber durch ihre Flotten- und Finanzpolitik, ihre Monopole, das gesamte Lateinische Kaiserreich. Sie bekamen auch von der offiziellen Beute – Wert rund 900000 Mark Silber – 500000 Mark und von den restlichen drei Vierteln des Reiches die Hälfte. Sie ergatterten auch das Wertvollste aus der »kulturellen Demontage« und langten dabei so kräftig zu, daß man sagen konnte: »Neun Zehntel der Kunstsammlungen, die später den Schatz der Markuskirche in Venedig ausmachten, stammten aus diesem Raub« (Bosl). Kurz, die Seerepublik, die auch noch drei Achtel der Stadt Konstantinopel samt Hagia Sophia erhielt, war der Hauptgewinner und durch ihre rücksichtslose Herrschgier den Byzantinern wohl am meisten verhaßt, deren Bischof Eustathios »die Heimtücke dieser Land- und Wasserschlange« vermaledeite, »dieser bösartigen adriatischen Kröte«.

Innozenz III. und die geistlichen Früchte des Vierten Kreuzzugs

    Papst Innozenz hatte zunächst den Thronanwärter kühl empfangen (S. 93), sich auch, trotz dessen generösen Verheißungen, nicht weiter mit ihm eingelassen, vielmehr einen Kreuzzug zu seinen Gunsten abgelehnt, ja schließlich im Frühjahr 1203 verboten. Er hatte den Beteuerungen des Prätendenten, stets Rom gehorsam zu sein und nach Möglichkeit die griechische Kirche mit der römischen zu vereinen, mißtraut, ihm mißtraut auch als dem Schwager seines Feindes, des Staufers Philipp. Und nicht zuletzt wollte Innozenz die Kreuzfahrer vom eigentlichen Ziel nicht abgelenkt, den Kreuzzug nicht zu einer fragwürdigen Sache »mißbraucht« sehen (Mißbrauch ist natürlich jeder Kreuzzug und jeder Krieg), jeder, zumal man schon, auf Betreiben Venedigs, das Kreuzheer nach Zadar, den Besitz des katholischen Ungarnkönigs, geführt.
    Doch war die Wendung wider Byzanz auch gegen des Papstes erklärten Willen erfolgt, als man die Stadt erst einmal hatte, war er von der seiner Kirche so überraschend zugefallenen Akquisition, die ja auch der Herr zugelassen, also gewollt, hoch erfreut, einfach überwältigt. Gewiß hatte man nicht das begehrte Jerusalem – aber Byzanz war in vieler Hinsicht eher mehr, die Voraussetzung für die Katholisierung des Orients, mochten auch die Begleitumstände nicht immer die honorigsten gewesen sein. So wurde von Innozenz zwar zunächst der Angriff auf Byzanz als Ablenkung von der Befreiung der »heiligen Stätten« verboten, wurden die Kreuzfahrer gerügt, sogar Kirchenstrafen verhängt, allerdings auch rasch wieder aufgehoben, nachdem man ihm Gehorsam gelobt. Hatte er doch auch die eigenmächtige Erhebung Morosinis zum Patriarchen erst für nichtig erklärt, dann aber gebilligt und ihn ernannt.
    Und nun meldete der lateinische Kaiser Konstantinopels, Balduin I., der freilich schon 1205 spurlos verscholl, seine Krönung »zur Ehre der römischen Kirche und zur Befreiung des Heiligen Landes« und stellte überdies die Unterwerfung der griechischen Orthodoxen in Aussicht. Nein, Innozenz sah im Falle von Byzanz, dieser »civitas diu profana« (lange schon entweihten

Weitere Kostenlose Bücher