Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert
denn auch, daß der sogar bei den Griechen Achtung genießende Kaiser »1216 vergiftet wurde«.
Die erbitterten Byzantiner hatten die Greuel der Abendländer nicht vergessen. Westliche Menschen waren ihnen aufs äußerste verhaßt. Der überwiegende Teil des einfachen Klerus verweigerte Rom den geforderten Gehorsam, und das Volk wollte von einer Kirchenunion, einer Papstherrschaft, schon gar nichts wissen. 16
So groß der Erfolg (scheinbar) war, er war so groß auch wieder nicht, zumal in Hinsicht auf die intendierte Kirchenunion. Selbst innerhalb des Lateinischen Kaiserreichs gab es beträchtliche Defizite, blieben die meisten Griechen Schismatiker oder wurden es wieder. Erst recht gilt dies für die rasch entstehenden regionalen byzantinischen Nachfolgestaaten Epiros, Nikaia, Trapezunt. Die Hochburg allerdings und das Haupt der orientalischen Kirche, Konstantinopel, Roms Rivalin durch die Zeiten, sahen die Päpste jetzt gedemütigt, vor sich im Staub, und Innozenz zögerte nicht, den Tatsachen zum Trotz (vgl. S. 103 f.) zu behaupten, dieser Umschwung sei nicht gegen den Willen des Papsttums, sondern allein durch das Papsttum herbeigeführt worden.
In Spanien: Kriege gegen »Ungläubige« und Gläubige
Auf der Pyrenäenhalbinsel fiel das muslimische Spanien seit dem Hochmittelalter mehr und mehr der christlichen Reconquista zum Opfer. Oder schöner gesagt mit dem Kirchenhistoriker und erzbischöflichen geistlichen Rat Knöpfler: »Es begann nun für Spanien die Glanzperiode christlichen Heldentums, das durch die Kreuzzugsbegeisterung, wie sie Europa in immer neuer Glut durchwehte, zu fast unüberwindlichem Enthusiasmus gesteigert wurde.« Und auch hier mischten sich die Päpste zunehmend mit ebenso massiven Lügen wie Kriegstreibereien ein (VI 260 f., 482 ff.).
Führte man Kreuzzüge außerhalb des »Heiligen« Landes doch überhaupt am frühesten in Spanien. Innozenz konnte dort an entsprechende Tätigkeiten u.a. Gregors VII. anknüpfen. Oder an solche Urbans II., der gegen die Mauren agitierte, der Jerusalemkreuzzug und Reconquista auf eine Stufe stellte und deshalb den christlichen Kriegern auf beiden Heilsschauplätzen den gleichen Ablaß verhieß. Ebenso bewilligten die Päpste in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts den Bekämpfern der Moslems auf der Halbinsel wiederholt den gleichen Ablaß, den sie auch für die Schlacht um Jerusalem gewährten. Krieg gegen »Heiden«, ob hier, ob dort, galt ihnen jetzt als gleich viel.
Doch Innozenz strich mehr als alle seine Vorgänger die päpstliche Oberhoheit über Spanier und Portugiesen heraus. »Alle Teile
Spaniens
sah der Heilige Stuhl als seine Lehnsstaaten an« (Handbuch der Kirchengeschichte). König Peter II. von Aragón, nicht von ungefähr durch den Beinamen el Católico gezeichnet, forderte schon 1198 für »Ketzer« im Land den Feuertod und eilte 1204 persönlich zum Papst, um sich ihm zinspflichtig zu machen. Dafür erhoffte er – seine Hauptsorge – Schutz gegen das Vordringen Frankreichs nach Süden sowie Hilfe wider die eigenen Großen. Da die christlichen Staaten der Halbinsel auch untereinander zerstritten waren, manche, wie León oder Navarra, es zeitweise gar mit den Almohaden hielten, bedrohte Innozenz solch schnöde Kooperation mit Bann und Interdikt; »ständig« rief er zu Eintracht und Frieden auf »wegen der Reconquista« (Handbuch der Kirchengeschichte) – um dann den großen Krieg zu schüren, »unablässig«, die »Seele des Widerstandes« (Johannes Hollnsteiner, mit Imprimatur). 17
Die Feldzüge selbst führte nicht zuletzt Peter el Católico, und führte sie nicht ohne Erfolg, zumal ihm die Templer hilfreich beisprangen und natürlich jede Menge Pfaffen. »Im Heere Peters II. befanden sich die Metropoliten von Tarragona und Narbonne, die Bischöfe von Zaragoza, Agde und Barcelona nebst vielen Prälaten und Klerikern, die auf eigene Kosten zum Teil recht stattliche Kontingente mit sich führten, so der Bischof von Barcelona, der ritterliche Berengar de Palou, dem 40 Reiter und 1000 Mann zu Fuß folgten. Der Abt Ferdinand von Montaragón, ein Bruder des Königs, führte einen Teil des katalanisch-aragonischen Heeres in die Schlacht, die im Jahre 1212 bei Ubeda geschlagen wurde und mit einer entscheidenden Niederlage der Mauren endete« (Vincke).
Wo immer es Innozenz seinerzeit möglich war, intervenierte er auch auf der Pyrenäenhalbinsel oder intervenierte er auch nicht. Als beispielsweise Alfons VIII. von Kastilien, ein
Weitere Kostenlose Bücher