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Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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»von schändlicher Gesinnung und ein offenkundiger Häretiker«, nach Carcassonne zurück und läßt ihn dort in den Verliesen einmauern – »tief unten in dem Burgturm ... wo er viele Jahre lang die verdiente Strafe erlitt«. Und eines späten Tages, als er »begnadigt« ist, findet da der Sohn die Knochen.
    Im selben Herbst, in dem die Soldateska des Papstes Termès eroberte, ließ dieser auf einem Konzil zu Saint-Gilles den Grafen von Toulouse, ohne ihm eine Verteidigung zu gestatten, erneut exkommunizieren, da er nicht »alle« Häretiker vertrieben, somit einen Meineid geschworen habe. Und auf einer erneuten, ebenfalls von Innozenz angestrengten Konferenz bereits im Januar 1211 stellten seine Legaten in Montpellier Raimund so rigorose Bedingungen, daß man von vornherein seiner Ablehnung sicher sein konnte. »Der Graf von Toulouse«, heißt es da, »hat alle Truppen zu entlassen. Er hat der Geistlichkeit alle Personen auszuliefern, die ihm als Ketzer angegeben werden. Nur noch zwei Arten Fleisch sind in der ganzen Grafschaft Toulouse erlaubt. Alle Einwohner, Adlige und Bürger, dürfen fortan keine modischen Kleider mehr tragen, sondern nur noch grobgewebte dunkelbraune Kutten. Alle Befestigungen von Städten und Schlössern sind zu schleifen. Die bisher in der Stadt ansässigen Adligen dürfen nur noch wie die Bauern auf dem flachen Land wohnen. Jedes Familienoberhaupt hat jährlich vier Silberlinge an die Legaten zu entrichten. Simon von Montfort darf ungestört durch Raimons Länder ziehen, und sollte er ihm irgend etwas wegnehmen, so hat sich der Graf von Toulouse dem nicht zu widersetzen, er hat vielmehr bei den Johannitern oder den Templern in Palästina zu dienen und darf erst zurückkehren, wenn die Legaten es ihm gestatten. Seine Besitzungen gehören dem Abt von Cîteaux und Simon von Montfort, solange es diesen Herren beliebt.«
    Die von Gift und Galle diktierten Auflagen, die Raimund überall in seinen Landen publiziert, lassen nicht nur seine Vasallen und die Tolosaner noch fester zu ihm stehen, sondern sichern ihm auch den Beistand der Grafen von Foix und Comminges, sogar die Sympathie katholischer Prälaten.
    Im Frühjahr 1211 hatte Simon von Montfort die Stadt Lavaur, nicht weit von Toulouse, als neues Opfer ausersehen. Doch wartete er zur Verstärkung erst ein deutsches Pilgerkontingent ab. Es war schon im Anmarsch, traf aber nie ein. Die Truppen des Grafen von Foix hatten es in einem Waldstück aufgerieben. Zwei Drittel der sechstausend Deutschen lagen tot oder verwundet am Boden, der Rest wurde noch gejagt, dann lange um Lavaur gekämpft: mit Bailisten, kruzifixbestückten Belagerungsmaschinen auf der einen Seite, mit Steinhagel, Güssen von kochendem Öl, geschmolzenem Blei, brennendem Teer auf der anderen, mit ungezählten Tricks und Raffinessen der Nächsten- und Feindesliebe predigenden Christen. Am 3. Mai, am Tag der Kreuzauffindung, wird Lavaur, das von Geflüchteten, Geächteten, von Troubadouren, Rittern, Katharern übervolle, eine der stärksten Städte des Landes, genommen und alles darin, gleich welchen Glaubens, Alters und Geschlechts, im Beisein der Bischöfe abgestochen. Ein schöner Sieg im Namen des Herrn und der Heiligen Jungfrau.
    Aimery de Montréal, der Bruder der Stadtherrin, der durch den Ring der Belagerer erst in seine Vaterstadt geschlichen, wird an den Galgen gehängt, seine Schwester Giraude, die schwangere Kastellanin, »haeretica pessima«, lebend in einen Brunnen geschmissen und auf Anordnung des Grafen von Montfort mit Steinen zugedeckt, bis ihr Wimmern erstickt. Achtzig Ritter, lauter »Feinde des Kreuzes«, werden kurzerhand, da der Galgen bricht, auf Befehl des »edlen Grafen« am Boden abgemurkst. Zuletzt greift man noch vierhundert Katharer – und, meldet wieder Pierre des Vaux-de-Cernay, »unsere Kreuzfahrer verbrannten mit ungeheurer Freude« (cum ingenti gaudio combusserunt) »eine gewaltige Zahl von Ketzern«.
    Gewidmet ist diese sozusagen offizielle »Hystoria Albigensis« des Abts- und Bischofsneffen aus der reichen nordfranzösischen Zisterzienserabtei Vaux-de-Cernay keinem anderen als Papst Innozenz III. (1213) – dank ihrer genauen Beobachtungen und persönlichen Nähe zu den geistlichen wie militärischen Führern des Kreuzzuges »die informativste Quelle für die Geschehnisse und für die Mentalität der Kreuzfahrer« (Lexikon für Theologie und Kirche). »Die Mütter verhüllten ihren Kindern die Augen, bis das Feuer sie ihnen auf ewig

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