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Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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nehmen, die Sperrkette kappen, eine Pontonbrücke zur Stadt zerstören und die Besatzung, etwa dreihundert Muslime, gefangennehmen – wobei freilich auch »einige von den Unsrigen«, so eine zeitgenössische Christenchronik, »wie wir glauben, vereint mit den Engeln« wurden. Die Eroberung sollte, wie es heißt, Sultan al-Adil, Saladins Bruder und Beherrscher aller Ayyubidenstaaten, der in Damaskus einen Vorstoß auf Jerusalem erwartet hatte, so schockieren, daß er starb. 24
    Im Herbst kam Nachschub, ein großes Kontingent englischer, französischer, italienischer, spanischer Truppen. Freilich zogen auch immer Krieger ab, die ihr Soll geleistet, ihr Gelübde erfüllt hatten. Auch das Versprechen des Klerus, im Bleibensfalle den Plenarablaß noch auf die Lieben in der Heimat auszudehnen, hielt sie nicht, und sie taten gut daran. Raffte doch einen beträchtlichen Heeresteil die Ruhr hinweg – – »nahezu schmerzlos«, wie einer vom Schlage des Jakob von Vitry, nicht zufällig noch Kardinal und (gewählter) Jerusalemer Patriarch geworden, weiß, wobei er den elenden Seuchentod sogar als »Einladung zu einer himmlischen Mahlzeit« feiert. »Nie in der Geschichte«, kommentiert Hans Eberhard Mayer, »hat es an interessierten Kreisen gefehlt, die den Tod im Kriege auf die eine oder andere Weise glorifizierten.« Und wahrscheinlich wurde er niemals schamloser glorifiziert als durch christliche Pfaffen (s. das Kapitel »Der katholische Klerus im Ersten Weltkrieg« in meiner Papstgeschichte des 20. Jahrhunderts!). 25
    Unterdessen hatte Honorius, der Milde, Friedliebende, gedrängt, hatte angetrieben und vieles versucht, um den Nachschub, die Kampfeswut zu steigern, hatte auch bereits Ende 1218 für die heilige Sache rund 100000 Mark Silber gesammelt. Doch offensichtlich wuchs ihm alles über den Kopf, war sein Ehrgeiz größer als sein kriminelles Können, und er außerstande, wie Albert Hauck bemerkt, »die einfachsten Aufgaben einer Regierung zu lösen: die Aufstellung eines Heeres und die Aufbringung einer Steuer. Er hielt einen Haufen Menschen für ein Heer, pathetische Worte für einen Feldzugsplan, in der ganzen Welt zerstreute Geldsummen für einen Kriegsschatz und einen intriganten Kardinal für einen Feldherrn.« 26
    Mit dem letzten großen Truppenverband waren auch zwei Legaten des Honorius angelangt, um die kirchliche Oberleitung des Ganzen durchzusetzen. Sollte der Kreuzzug doch, nach päpstlicher Vorstellung seit Innozenz III., ein allein von Rom geführter Krieg sein, auch wenn man König Johann von Brienne vorerst das militärische Kommando überließ.
    Kardinal Robert de Courson, schon gegen die Albigenser hervorgetreten, trat hier endgültig ab; er starb bereits Anfang Februar nächsten Jahres. So suchte Kardinal Pelagius Galvani von Albano, ein unbelehrbarer portugiesischer Starrkopf, anmaßend und unfähig, doch vom Papst mit weitgehenden Vollmachten ausgestattet, das Heft in die Hand zu bekommen. Aber war er schon, beauftragt von Innozenz, Unionsverhandlungen mit der Ostkirche aufzunehmen, infolge seiner Intransigenz dabei wenig glücklich, scheiterte er erst recht in Ägypten; hatte ja »der eigensinnige und bornierte Prälat nur eine einzige Art des Sieges im Sinn: die bedingungslose Kapitulation des Islam« (Pernoud).
    Damit jedoch war das christliche Kriegsziel gänzlich verändert. Denn zunächst wollte man nur Jerusalem gewinnen, die »heiligen Stätten«. Inzwischen ging es um die Bekämpfung einer Religion, die Niederringung der »Ungläubigen«, die damals ein weit größeres Gebiet beherrschten.
    Für diese Aufgabe aber war der Papstgesandte kaum geeignet. Auch mehrten sich die Schwierigkeiten im Christenlager, schlechtere Ernährung, schlechteres Wetter, zunehmende Erkrankungen. Es gab Spaltungen, von Pelagius eigensüchtig selbst gefördert. Gleichwohl kamen ihm Differenzen auf der gegnerischen Seite zustatten, wo Saladins Bruder al-Adil und dessen ältester Sohn Malik al-Kamil sich in den Besitz Ägyptens gesetzt hatten.
    Eine langfristige Waffenstillstandsofferte von Sultan al-Kamil, seit Sommer 1218 nominelles Oberhaupt des Ayyubidenstaates, verbunden mit der gleichfalls angebotenen Rückgabe fast des gesamten einstigen Königreiches von Jerusalem gegen Räumung Ägyptens durch die Kreuzfahrer, lehnte der Legat ab. Dafür unternahm er am 29. August 1219, gegen den Rat seiner militärisch erfahrenen Führer, einen Angriff und bekam prompt eine empfindliche Abfuhr. Der Sultan unterbreitete

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